Oberösterreich, 20. Jahrgang, Heft 1, 1970

Otto Stradal Schön ist die Welt... Aufnahmen: H. G. Prillinger Der sonnenhelle Tag steht über dem weiten Land mit seinen Bergen, Tälern und Seen. Der Himmel ist so blau, wie er nur an solch einem Sommermorgen über dem Salzkammergut sein kann, das da mit all seiner Pracht, mit all der unwägbaren Be glückung, die uns seine Schönheit schenkt, hingebreitet liegt: vom noch nebelumschleierten Traunsee bis zur fröhlichen Frische des in der hellen Sonne blinkenden Zwölferhorns über St. Gilgen, das in der ein wenig kühlen Nacht von zartem Schnee überzuckert worden ist. Diese Sonne strahlt aber auch über dem felsgrauen Schroffen kamm des Höllengebirges über dem Atter see, und in der Ferne flirren die Eisfelder des Königs Dachstein. Wir aber stehen an diesem gesegneten Morgen neben dem weit ins Salzkammer gut grüßenden Gipfelkreuz auf der Katrin bei Bad Ischl. Überwältigt von dem Gedan ken, daß ringsum all dies Land und weiter noch auch jenseits der Bergketten und der tiefdunklen Hochwälder geliebte Heimat ist. Ein Stück Österreicherland, das nicht nur geographisch, sondern auch in seinem Wesen, seiner Aussage und seinem pul sierenden Leben ein Herzstück ist: eben das Salzkammergut! In dem seit Jahrhun derten eine ganz eigene Musik geschaffen wird, deren klingender Bogen sich vom innigen Volkslied mit seinen froh-weh mütigen Terzen und Jodlern bis zur welt berühmt gewordenen Operettenmelodie spannt; geboren aus dieser besonderen Landschaft, in der einer der Großen aus dem Reich der Musik, Franz Lehär, auch eines seiner schönsten Lieder empfunden hat: „Schön ist die Welt.. Es hat seinen guten Grund, daß diese Melodie mit ihrem Bekenntnis zur Schön heit der Schöpfung, zur Schönheit des Lebens vor nunmehr zehn Jahren von musikbegeisterten Ischler Bürgern, Wiener Mäzenen sowie Wiener und oberöster reichischen Künstlern zum Motto einer Internationalen Gesellschaft zur Pflege und Förderung der Operette als Kennmelodie aller musikalischen Aufführungen gewählt worden ist. Es mögen die bereits zur Tra dition gewordenen allsommerlichen Operet tenwochen in Bad Ischl sein, Konzerte und Musikwettbewerbe in Linz, Salzburg, Wien und auch in verschiedenen Städten des Aus lands: „Schön ist die Welt" verkündet die Eröffnungsfanfare immer wieder das frohe Bekenntnis zum klingenden Salzkammergut. Es wird damit in einer Sprache, die alle Welt versteht, dieses Stück Oberösterreich vorgestellt, aus dem seit Jahrhunderten Musik ihren Weg in aller Herren Länder genommen hat. Schon in den Tagen, da aus dem Land um Ischl vor rund fünfhundert Jahren wunderschöne Krippenlieder überlie fert wurden. Der bedeutende oberösterrei chische Musikforscher und Komponist Jo seph Ramsauer — er zählt heute zu den mar kantesten Persönlichkeiten des oberöster reichischen Musikschaffens — hat selbst 120 solcher Lieder gesammelt. Es sind darunter auch als älteste dieser tiefempfundenen Volksweisen die „Tagelieder" zu nennen. Eines davon ist angeregt durch die großartige Darstellung der Schnitzwerke Michael Pachers auf seinem berühmten gotischen Altar in der Pfarrkirche zu Sankt Wolfgang. Dieses Lied hebt an mit den Worten: „Auf, auf, es ist schon Tag!" Die jüngere Musikforschung will wissen, daß Richard Wagner, dessen Freundin Mat hilde Wesendonk ihren Landsitz „Traunblick" am Traunsee hatte, von diesem Lied inspiriert in seinen „Meistersingern" einen Textanfang gestaltet habe: „Wacht auf, es nahet gen den Tag!" Viele Ideen aus diesem SalzkammergutLiederschatz finden sich übrigens auch in Kompositionen von Hugo Wolf, der wiederholt als Gast des Wiener Hofjuweliers Köchert in Rindbach am Traunsee weilte. Aus dieser begnadeten Landschaft, die uns von all der Schönheit der Welt kündet, ist auch ein Lied gekommen, das nie verklin gen wird. Johannes Brahms hat es — er griffen von der Stimmung eines aufsteigen den Abends über dem Tal der Traun bei Ischl — empfunden und noch in der gleichen Nacht in Noten gesetzt: „Guten Abend, gut' Nacht, mit Rosen bedacht..." Jeder musikalisch empfindende Besucher, der heute in Bad Ischl auf dieser nach dem einst gefeierten Klaviervirtuosen Leschetitzky benannten Anhöhe (es stand dort einst seine Lieblingsbank) den Blick in den Sommerabend genießt, kann ver stehen, daß diese Melodie hier einem Be gnadeten geschenkt worden ist... Lehär-Vilia in Bad Ischl. Außenansicht und Detail aus den Schauräumen mit den Kunst sammlungen des Komponisten, die seine viel fältigen Interessen erweisen

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