Oberösterreich, 19. Jahrgang, Heft 2, 1969

^7 dem kann jede Kapelle den anderen zuhören, was doch jeden Musiker inter essiert. Selbstverständlich sind diese Musikbewertungen öffentlich. Auch das Wertungsspiel hat seine Wandlungen durchgemacht. Jahrzehnte hindurch kannte man nur das „Preis spiel", bei dem es einen „Ersten, Zwei ten" und einen „Dritten Preis" gab. Diese „Preise" lagen oft nur um einen halben Punkt auseinander. Dieses gegenseitige Abwägen der Kapellen — ich nannte dieses Verfahren „relative Bewertung" — hatte viele Nachteile, durch die immer wieder Ärgernisse ent standen. Wer kann schließlich behaup ten, daß die Kapelle X nicht doch einen halben Punkt mehr verdient hätte? Eine musikalische Leistung kann man nicht mit dem Meterstab messen, und man muß dem Kapellmeister bis zu einem gewissen Grad eine eigene Auffassung in der Interpretation eines Musikstückes zubilligen, handelt es sich doch um eine mehr oder weniger künst lerische Betätigung. Auch daß nur drei Kapellen einen „Preis" erringen konn ten und alle anderen leer ausgingen, gab viel Anlaß zur Unzufriedenheit. Sogar eine gewisse Ungerechtigkeit barg die ses System in sich — wenn keine bessere Kapelle da war, konnte auch eine schlechtere den 1. Preis bekommen, ohne auch nur um einen Punkt besser gespielt zu haben. Um diese Übelstände zu beseitigen, propagierte ich ein System, das für jeden Rang eine bestimmte Punkte-Gruppe vorsieht. Für den 1. Rang mit Auszeich nung z.B. müssen Gutpunkte zwischen 230 und 240 erreicht werden. Jeder Kapelle, der es gelingt, so viele Punkte zu erreichen, bekommt einen 1. Rang mit Auszeichnung. Genau so ist es mit den anderen Rängen, dem 1., dem 2. und dem 3. Rang. Nur wer weniger als 170 Gutpunkte erreicht, bekommt keinen Rang; doch das kommt fast nie vor. Jede Kapelle erhält mit absoluter Sicherheit jenen Rang, der für die Punktegruppe, in die sie sich „hinein gespielt" hat, vorgesehen ist. Das ist das große Plus dieses Systems, das ich „absolutes Bewertungssystem" genannt habe. Bald wurde es nicht nur in Ober österreich, sondern in allen Bundes ländern eingeführt und auch im Aus land. In der Tagung der CISPM (Inter nationaler Volksmusikbund) am 21. September 1957 in Straßburg wurde nach meinem Referat die Einführung dieses „absoluten Bewertungssystems" einstimmig beschlossen. Die Einführung dieses absoluten Bewer tungsverfahrens hatte zur Folge, daß sich immer mehr Kapellen an den Wertungsspielen beteiligen und die intensive Probenarbeit, die die Voraus setzung zur Erreichung eines guten Ranges ist, bewirkt, daß sich das musi kalische Niveau der Kapellen stetig hebt, trotzdem — oder gerade weil — die Anforderungen immer höher geschraubt wurden, und zwar durch Hinaufsetzen der Punktezahlen für die Ränge und Einführung eines Pflichtstückes. Jede Kapelle muß zwei Stücke vortragen, ein Selbstwahl- und ein Pflichtstück. Das wäre vor 15 Jahren noch unmöglich gewesen, heute ist es eine Selbstver ständlichkeit. Ein großer Ansporn ist es auch, daß jene Kapellen, die dreimal hintereinander einen 1. Rang mit Aus zeichnung erreichen, vom Herrn Landes hauptmann empfangen und mit einem Geschenk bedacht werden. Es ist jedes

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