Oberösterreich, 19. Jahrgang, Heft 2, 1969

■r]\ y tritt die größten Zoten hören". Und das garantierte so damals wie heute auf jeden Fall den notwendigen Kassenerfolg. Selbst das bescheidene Ventil des Marionettentheaters, mit dem sich der Unmut des Bürgers Luft machte, mißfiel dem Metternichschen Polizeiregime und mit der Eröffnung des Landestheaters (1803) wurde das Marionettentheater gänzlich eingestellt. Es müßte noch ergründet werden, ob nicht doch noch gleichsam „unterirdisch" das Puppenspiel auch in Linz weiterlebte. Aus den Jahrmärkten ist es sicherlich nicht ver schwunden, wissen wir doch von der aus Gschwandt bei Gmunden stammenden Puppenspielerfamilie Haas, daß sie mehr als dreihundert Jahre'' das Puppenspielergewerbe aus übte. Warum sollte der bunte Wagen der Haas-Familie nicht auch in Linz haltgemacht haben? Zu einer ständigen Einrichtung werden Puppenspiele in Linz aber erst wieder 1873. Ihre Existenz verdanken sie einem liebreichen Vater, der einfach seinen Kindern Freude bereiten wollte. Vater Franz Schmidt, Schriftsetzer bei Feichtingers Er ben, schnitt zunächst aus den bekannten und beliebten Bilder bögen Papierfiguren aus, die er artig und mit gutem Begleit spruch zu bewegen wußte. Da sich die Qualität dieses Fami lientheaters bald herumsprach, war Zuspruch, ja Zustrom von klein, aber auch von groß die Folge und es fielen auch gern gespendete Kreuzer ab. Papa Schmid war es sich schuldig, et was in seinem und für sein „Theater" zu investieren, er ließ eine größere Bühne bauen und ersetzte die kleinen Papier figuren durch Stockpuppen. Das „Theater" war 3 m breit und 2,5 m hoch, die Bühne selbst 1,5 m breit, 90 cm hoch und 1,5 m tief. Aus der Not wurde eine Tugend gemacht, Mario netten zu führen hatte Franz Schmid ja nicht gelernt, wohl aber konnte er an langen Stöcken die etwa 40 cm hohen historisch getreu gekleideten Puppen vorwärts, rückwärts, seit wärts und auf und ab in beliebiger Schnelligkeit bewegen. Das konnte zwar mit bis ins letzte Fingerglied beweglichen Marionetten nicht konkurrieren, aber wo kein Vergleich, da auch kein Jammer darüber. Das Hauptgewicht legte Franz Schmid auf eine gute Ausstattung. Bühnenbild, Kulissen, Soffitten, Beleuchtung, Kostüme und Masken der Puppen er setzten weithin den Mangel an totaler Beweglichkeit und ver setzten die durch Laufbild und Film noch nicht verwöhnte Welt der Kleinen immer wieder in Jubel, Staunen und Bewun derung. „Berühmte Maler" wie Heinrich Rostock aus Berlin, Carl Wingert, B. Mitterhuber, E. Müller und H. Mayrhofer, letztere sicherlich aus Linz, wurden als Bildner des Roll prospekts und der übrigen Dekorationen und Interieurs; Rit tersäle, Burghöfe, altdeutsche Zimmer, Wirtsstuben, Land schaften, Waldszenerien und dgl. herangezogen. Von 1875 bis 1889 war der zweite Stock der Hofgasse Nr. 19 der Schauplatz des Linzer Marionettentheaters. Gespielt wurde von Oktober bis März an jedem Sonn- und Feiertag von 2 Uhr nachmittags bis 6 Uhr abends. Während der Pausen wurde nicht etwa Konfekt und Schokolade, sondern einfaches Brot verkauft, und ein „Riesenmanopan" (Drehorgel) mußte in der Regel den kostspieligen „Ciaviervortrag" ersetzen. In der Glanzzeit der Puppenspiele (etwa 1880—1890) wurden so gar Gastspiele im Hotel „Goldenes Schiff" an der Landstraße und im Gasthaus „Zur Pfeife" in der Herrenstraße gegeben. Theaterkrisen gab es nicht nur in den Häusern der großen Konkurrenz, sondern auch in den Buden der Puppenbühne. Von 1891 bis 1894 konnte der altneue Linzer Kasperl (denn selbstverständlich gab es auch im Schmid'schen Stockpuppen theater einen Kasperl) keine Spiele mehr ansagen. Ursache war die Erkrankung des Puppenvaters Josef Schmid, der 1893 verstarb. In diesen Jahren erfolgte dafür die Übersied lung in das Nachbarhaus Hofgasse Nr. 20, wo an der Hof seite ein Theaterraum für 150 Kinder gewonnen werden konnte. Von 1894 bis 1911 dauerte die zweite Periode der Linzer Hofbergspiele. Die Söhne Franz, Ludwig und Josef setzten die väterliche Tradition erfolgreich fort. Als im Jahre 1911 Josef Schmid der Jüngere starb, folgten die Söhne Ludwigs, Emanuel und Hermann, ins Puppenfach, ohne jedoch die Liebe und den Schwung ihres Großvaters bzw. Onkels mitzubringen. Als sie sich 1913 entschlossen, das Lin zer Puppentheater zu verkaufen, umfaßte der Fundus 240 Puppen und die vollständige Ausstattung für gewiß hundert Stücke. Den Nachfolgern der Schmid-Generation (Dorfwirth, Teuschel und Rechberger) war kein Glück beschieden. Dorfwirth über siedelte auf den Hauptplatz, Rechberger wieder zurück in die Hofgasse Nr. 4, wo sich 1919, ein Jahr nach dem unglücklichen Kriege, das letzte Mal der Vorhang vor den erwartungsvollen Augen der kleinen Gäste hob. Die Puppen und ihre Bühne traten nun eine wahre Odyssee durch die Hände vieler Interessenten an — auch der Heuboden eines Leondinger Bauernhauses zählte zu ihren Stationen —, bis sie der Weg schließlich wieder die Hofbergstiege aufwärts in das neue Schloßmuseum führte.

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