Oberösterreich, 19. Jahrgang, Heft 2, 1969

bürg. Betti Vanini spielte unter ihm die Celia im „Zauber schleier" von Toldt, einem so beliebten Stück, daß es im JosefStädter Theater 365mal hintereinander gegeben wurde. Um auch die allgemeine Situation in Ischl zu beleuchten, sei hervorgehoben, daß sich bereits in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zahlreiche bekannte und berühmte Persön lichkeiten aus Kunstkreisen in dem kleinen Ort aufhielten. Bei den Promenadenkonzerten, die ein beliebter Treffpunkt der Prominenz waren, konnte man vielen anerkannten Publi kumslieblingen vom Theater und vielen Künstlern, Musikern und Dichtern begegnen: Nicolai, Leschetitzky, Meyerbeer, Nestroy, Toni Adamberger, Fanny Elssler, Lenau, Bauern feld; in den späteren Jahrzehnten erweiterte sich der Kreis und bald gehörten auch Johann Strauß, Johannes Brahms, Alex ander Girardi, Charlotte Wolter, Adele Sandrock, Sonnen thal, Kainz und viele andere Persönlichkeiten zu den ein geschworenen Wahl-Ischlern. Eine köstliche Anekdote wird aus dem kritischen Jahr 1848 erzählt: der junge Kaiser kam zur Feier seines Geburtstages nach Ischl, zu diesem Anlaß wurde eine Festvorstellung im Theater gegeben. Man spielte „Das Nachtlager von Granada". In dieser von Dilettanten dargebotenen Aufführung unterlie fen so viele Fehler, daß das gesamte Auditorium mit dem an wesenden Hof in höchste Heiterkeit ausbrach. Der Kaiser selbst versicherte den Veranstaltern, daß er sich noch niemals im Theater so gut unterhalten habe. In späteren Jahren wurden dann meist Mitglieder der Hofbühnen herangezogen, wenn bei den Theatervorstellungen hohe Gäste — das Kaiserhaus oder ausländische Herrscher und Diplomaten — zu erwarten waren. Dies war auch nicht schwierig, weil fast das ganze Burg- und Opernensemble in Ischl den Sommer verbrachte. Dadurch wuchs Ischl ja auch zu jenem kulturellen Brennpunkt heran, in dem so manche große Karriere ihren Anfang nahm. Aber auch arrivierte Schauspieler gewannen aus dem Gebirgsland noch neue Ein drücke für ihren Beruf. So verbrachte die gefeierte Schauspie lerin Mathilde Wildauer vierzehn Tage auf der HoisnradAlm, um den Dialekt und die Sprechweise der Sennerinnen zu studieren. Sie spielte dann mit viel Applaus die „Nandl" in dem zeitgenössischen Erfolgstück „Versprechen hinterm Herd". Um aber in der Reihe der Theaterdirektoren wieder fortzu fahren: von 1853 bis 1856 führten erst Clement und Denemy, dann dieser allein das Theater. Der reichhaltige Spielplan je ner Zeit enthielt hauptsächlich Opern, unter anderem „Zar und Zimmermann", „Waffenschmied", „Martha", „Frei schütz", „Norma" und „Alessandro Stradella", dazu ver bürgte Sprechstücke und die unvermeidlichen theatralischen Anspielungen auf das Salzkammergut: „Der Berggeist vom Dachstein" oder „Harlekins Todessprung in die Felsenkluft". Solche Stücke gab es immer wieder und scheinbar waren sie auch jedesmal zugkräftig. Nach Denemy zog 1857 August Putz in das Theater ein. Unter seiner Direktion stand erstmals Nestroy auf dieser Bühne — als „Sansquartier" in „Das Mädchen in Uniform" und als „Willibald" in „Die schlimmen Buben in der Schule". Nestroy blieb von da an an dem Ort sehr eng verbunden. In den Jahren 1858 und 1859 leitete dann Anton Zöllner das Theater. Hatte man bis zu seiner Zeit nur an Regentagen gespielt, so wurden ab nun regelmäßige Vorstellungen gege ben. Zöllner brachte sehr gerne seine Zeitgenossen Raimund und Bauernfeld auf die Bühne. Ein in jenen Jahren oft ge spieltes Stück „Die Waise von Lowood" besetzte er im Jahre 1858 sehr erfolgreich mit Zerline Gabillon, einer bekannten Wiener Schauspielerin, die in der Hauptstadt häufig zu den damals noch gebräuchlichen musikalisch-deklamatorischen Akademien und Matineen herangezogen wurde. Eine besonders erfolgreiche Theaterdirektion war die von J. M. Kotzki aus Salzburg. Er wirkte volle zehn Jahre. Dank eines guten Spielplanes florierte das Theater in jener Zeit, die Aufführungen (auch der Opern) waren ausnahmslos gut besucht. Unter Kotzkis Leitung trat Charlotte Wolter im Jahre 1862 in „Die blinde Gabriele" sehr erfolgreich auf und Felix Schweighofer wurde anerkannter Publikumsliebling. Um die Art der landläufigen Schauspiele des vorigen Jahr hunderts zu demonstrieren, sei ein Programm hier angeführt: „...Donnerstag den 20. August 1863 ETWAS KLEINES oder: Das Zusammentreffen am Weihnachtsabend, Charakterbild mit Gesang von Friedrich Kaiser, Musik von Kapellmeister Karl Binder..." Auch die Rollen selbst sind interessant: „... Baron Feldstein Agathe, dessen Schwester Herr von Weichherz, deren zweiter Gemahl, Hausbesitzer, Dr. Bern, Notar, Hartner,Steinmetzmeister,(dieser wurde von dem Schauspieler gegeben, dem die Benefizvorstel lung galt; Anm.) Peter Schwartig, , _ ,, Jäkob cIgssgh CjGsgIIgH/ Marie, Frau Regine,Obsthändlerin, Christian Tannzapf, Patron der Chirurgie, Nadette, Brodverschließerin, Pfiffmann, , Matzner, Gaste im Wirtshaus, Altenberger, Michmaier, Martin Hausmeister, Przischek, Schustermeister, Franz,sein Lehrjunge,..." und Nebenpersonen. Carl Koppensteiner, zu dessen Vorteil diese Vorstellung gegeben wurde, lud dann in einem Nachsatz noch höflichst zum Besuche ein. Auf Direktor Kotzki folgte 1871 Heinrich ]enke; er leitete das Haus bis über den Sommer 1878. In seiner Zeit ergaben sich gewisse finanzielle Schwierigkeiten, die trotz der kaiserlichen Unterstützung sehr fühlbar wurden. Schuld daran trug zum größten Teil das sehr kritische, theatergewohnte Publikum, dessen Vergleiche mit den Stadtaufführungen wohl nicht im mer positiv ausfielen. Diese Kritik brachte jedoch in der Folge eine wesentliche Hebung des Theaterniveaus, so daß sich dar aufhin Ischl immer mehr zur Musterbühne einer Sommer residenz herausbildete. Die Festvorstellungen bei wichtigen Anlässen, die mit illustren Gästen durchgeführt wurden, tru gen natürlich auch nicht wenig dazu bei, Ischl für Künstler und Zuschauer interessant zu machen. Für junge Talente bot sich in den Wochen nach Saisonschluß, also im September, gute Gelegenheit, Können und Begabung nun ohne die strah lende Konkurrenz großer Namen unter Beweis zu stellen. Das bekannteste Mitglied des Ensembles unter Direktor Jenke ab 1872 war sicherlich Alexander Girardi. Dieser berühmte Schauspieler hatte oft Gelegenheit, in Ischl erfolgreich zu sein, denn viele der Repertoirestücke waren wie für ihn geschrieben, und seine Glanzrollen fand er nach wie vor bei Nestroy und Raimund. Durch die allmähliche Anpassung unterschied sich bereits um das Jahr 1876 der Spielplan von Ischl kaum mehr von Wien, auch die Namen der Schauspieler waren vielfach iden tisch. So finden wir in den Aufzeichnungen Lewinsky, Schratt, Herrn und Frau Gabillon, Marie Wilt, Theodor Reichmann,

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