Oberösterreich, 19. Jahrgang, Heft 2, 1969

Dem guten Volksstück haben sich erfreulicherweise sehr viele Gruppen verschrieben — alle Bühnen der Trachtenvereine, die Laienspielgruppe Leonding, der Dilettantenverein Riedau, die Heimatbühne Schiedlberg, die Theatergruppen Aurolzmünster, Lambach, Schwertberg, Waldhausen — die Reihe ließe sich noch lange fortsetzen — und alle sind bestrebt, das Volksstück im Sinne der angeführten Forderungen zu pflegen und zur Freude des Landvolkes mit Schwung und Humor, ohne Zoten und Verzerrungen zu spielen. Mit einer beachtlichen Freilichtaufführung des „Meier-Helm brecht-Spieles" vor der Burgruine Wernstein brachte die Theatergruppe Wernstein eine besondere Note in ihr Pro gramm. Eine traumhaft schöne Naturkulisse, ein guter Text und eine gefällige Inszenierung, nur leider störender Zugs verkehr — ob ständige Burgspiele daraus werden? Die Spielgruppe Bad Ischl ist die einzige Volksbühne, die mit einigen Unterbrechungen eine jahrhundertealte Spieltradition fortsetzt. Sie bringt in Intervallen „Das Ischler Krippenspiel", wie es schon im 17. Jahrhundert an Ort und Stelle aufgeführt worden ist — eine kleine Kostbarkeit von Seltenheitswert. In der Zwischenzeit wird einmal ernst, einmal heiter gespielt, mit großen Anforderungen und schönen Leistungen. Einen Versuch, das Laienspiel in den Dienst der modernen Seelsorge zu stellen, haben die Spielgruppe der Kath. Jugend Kopfing mit dem dramatisierten Lebensbild des Pfarrers Vianney und die Kath. Jugend von Bad Schallerhach mit einem Sommerspiele Meggenhofen 1969 „Theater im Bauernhof, Blick auf die Freilichtbühne und in den Buffetraum. — Aufnahme: M. Eiersebner Lourdes-Spiel den Wallfahrern zur Freude unternommen und sind damit an Tausende von Menschen herangekommen. Aller dings verlangen 100 Aufführungen von den Spielern große Opfer. Ebenfalls mit dem Spiel von Vianney hat sich die Theater gruppe Weitersfelden Lorbeeren geholt. Sie arbeitete das Dra matische und Künstlerische besonders heraus. Es war interes sant, das anspruchsvolle Stück in verschiedenen Interpretatio nen zu sehen. Studentenbühnen — in Fortsetzung einer oft über Jahrhun derte zurückreichenden Spieltradition — gibt es in Oberöster reich fast in allen Ordenshäusern, die eine Mittelschule oder ein Internat führen oder eine studentische Jugend betreuen. Sie sind in ihrer Programmierung vom Eiteraturunterricht be stimmt — der Bogen spannt sich von der Antike bis zur Gegenwart. Das Kollegium Aloisianum auf dem Freinberg greift aller dings öfter auf ordenseigene Spiele zurück, wie z. B. auf „Xenodoxus" von Biedermann, den Prof. P. Otto Eeisner äußerst wirksam und eindrucksvoll inszeniert hat. P. Eeisner ist ein hervorragender Spielleiter und Sprecherzieher und immer darauf bedacht, etwas Besonderes zu bieten. Als Lek tor setzt er sich sehr für das Lesespiel ein und hat bereits bei manchem Seminar Leseaufführungen gestaltet. Prof. P. Nivard Frey — zwar durch die Schule P. Leisners ge gangen — betritt mit seiner Schlierbacher Studentenbühne doch eigene Wege. Er läßt die weiblichen Rollen nicht mehr von Studenten darstellen, sondern „leiht" sich bei seiner zweiten Gruppe, der Spielschar, Mädchen aus. Einmal spielt er auf der neuen Drehbühne im Saal, ein andermal verlockt ihn der große Stiftshof zu Freilichtaufführungen (1968 „Die Kronprätendenten"). In der Zuteilung der Rollen macht er gerne heilpädagogische Versuche — gehemmte Schüler läßt er in die Rolle eines Selbstbewußten schlüpfen — und erreicht damit erstaunliche Erfolge. Im nahen Kremsmünster regiert ein bedeutender Germanist, Prof. P. Heinrich Teufelauer, das spielfreudige Volk der Stu denten. Jedem fällt die prononcierte und kultivierte Sprech weise der Darsteller auf! Natürlich haben Klassiker den Vor zug! Leider muß Prof. P. Heinrich aus Gesundheitsrücksich ten pausieren und mit ihm auch die Studenten. Am Petrinum wagt sich Prof. Dr. Braumann auch an die Auf führung von Singstücken und Märchenoperetten, wie z. B. an die Wiedergabe des „Gestiefelten Katers", die ein ganz gro ßer Erfolg geworden ist, heran. Gerade an den Schulen, aus denen Eehrer oder Priester hervorgehen sollen, ist die Persön lichkeitsbildung durch das Amateurtheater wichtig. Die Kath. Mittelschuljugend wird sowohl in Einz als auch in Steyr von den Jesuiten betreut. Die Linzer verfügen über eine Spielgruppe, die gerne experimentiert, Problemstücke und Studiospiele bevorzugt und heuer im Sommer mit einem selbstzusammengestellten Kabarett „Die Fensterputzer" als „Kabarettung" in Dörfern und Märkten gastierte. In Steyr ist Eektor Franz Libisch Spielleiter, der die ihm anvertraute Jugend mit aktuellen Zeit- und Problemstücken konfrontiert, die nicht selten aus seiner Feder stammen. Eange Jahre lei tete er die ausgezeichnete Margaretenbühne und wird sie wie der aktivieren, sobald die Saalmisere behoben sein wird. Da und dort, in Enns, in der Pfarre St. Matthias in Linz, in Perg, in Wels-Neustadt (die „Neustädter Moritäter") haben sich Spielgruppen etabliert, die gerade dabei sind, ihr Profil zu finden. Die Versuche sind durchaus ernst zu nehmen, denn allen ist gemeinsam: das Verantwortungsbewußtsein für das gesprochene Wort.

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