Oberösterreich, 19. Jahrgang, Heft 2, 1969

Theaterbegeisterung aus erster Hand, jugendliche Zuschauer in Schiedlberg und Blick in den Zuschauerraum der Bauernfestspiele in Mettmach (Aufnahme; Karl F. Schuster) — gestaltendes Tun — zu gewähren, ohne ihn jedoch zu über fordern. Eine gute Amateurbühne darf keine verzerrten Dar stellungen von Berufsgruppen und -milieus geben, keinen falschen Mythos, aber auch keine zersetzenden Tendenzen oder Possenreißereien auf Kosten anderer bringen. Sie soll echten Humor und guten Geschmack pflegen und sich mit dem Menschenbild beschäftigen, falsche Ansichten korrigieren, die Integration einzelner Berufsgruppen fördern und das Selbst bewußtsein solcher Gruppen, die unter Minderwertigkeits komplexen leiden, heben." Eine Fülle von Forderungen, die ein Spielleiter bei der Wahl des Stückes neben den Gegebenheiten seiner Gruppe berück sichtigen soll! Was Hans Moser® über das „Volksstück" schreibt, daß unter diesem Begriff „billige, übergenügsam leichte Unterhaltungs ware mit naturalistischen Darstellungen der Alltagswelt auf die Bühne gebracht wird, ist leider heute noch gültig, vor allem im Hinblick auf das Angebot. In dieser schwierigen Si tuation kann der Spielleiter Rat und Hilfe brauchen. Hier sah W. Dobesberger die Aufgabe der Arbeitsgemeinschaft. Er gründete einen Lektorenkreis, dessen erste Pflicht es ist, alle erscheinenden Spieltexte zu erfassen und zu beurteilen, um die Spielleiter gut beraten zu können. Dieser jahrelangen Ar beit verdanken wir in Oberösterreich eine bereits 2400 Stücke umfassende Spielkartei, die nach Spielgattungen, Spielanläs sen und Verfassern geordnet und der bereits eine Freihand bibliothek mit 1324 Textbüchern angeschlossen ist. Diese steht in den Diensträumen des Bundesstaatlichen Volksbil dungsreferenten, Linz, Zollamtstraße 1/6/601, nicht nur den Mitgliedern, sondern allen Oberösterreichern, die ein Spiel suchen,zur Verfügung. Nicht nur vom Ideellen bedeuten Stückwahl und Aufführung ein Risiko, sondern auch vom Finanziellen her, denn Rollen bücher, Tantiemen, Kostüme, Masken und Bühnenbilder ko sten bares Geld. Durch die Arbeit der Lektoren soll den Spiel leitern nicht nur die Textwahl erleichtert, sondern auch die immer mit Kosten verbundene „Auswahlsendung" von Thea terverlagen erspart werden. Die Textbücher können an Ort und Stelle eingesehen und mitunter auch kurzfristig entlehnt werden. Folgende Sparten finden sich in dieser in Österreich bisher einzigen Spielkartei: moderne Problemstücke, StudioStücke, Schauspiele, Volksstücke, Lustspiele, Komödien, Schwanke, Kurz- und Kürzestspiele, Kriminalstücke, Fest- und Feierspiele, Gemeinde- und Schulspiele, Märchen- und Pup penspiele. Früher galten die Advents- und die Fastenzeit als geschlossene Zeit, in der man nicht — oder nur ernste Stücke — spielte, während im Fasching, nach Ostern und im Herbst dem Schwank, der Posse und dem Lustspiel Tür und Tor geöffnet waren. Man hält sich auch heute noch teilweise daran, aber die Sitte ist nicht mehr verpflichtend, und so bleibt es den Bera tern überlassen, ob sie zur Fortsetzung der Tradition anhalten oder nicht. Die Spielberatung erfolgt im persönlichen Gespräch der Lektoren mit den Spielleitern im Büro des Bundesstaat lichen Volksbildungsreferenten, bei Tagungen und durch das Mitteilungsblatt „Vorhang auf" des Vereines für Schulspiel und Amateurtheater, das Volksschullehrer Hans Lenzenweger seit 1967 zwei- bis dreimal im Jahr veröffentlicht, und das sowohl durch seine Berichte über Aufführungen als auch durch Stückempfehlungen das Spielgeschehen in Oberöster reich wesentlich beeinflußt. Daß der Bundesstaatliche Volksbildungsreferent für Ober österreich sich für die Pflege des Laienspiels in Oberösterreich so stark engagiert und die Spielkartei samt den sich damit ergebenden Belastungen bei sich aufgenommen hat, erweist die Bedeutung der Aufführungen als Volksbildungsmittel und der Amateurvereinigungen als Bildungsgruppen. Aber auch das Amt der oö. Landesregierung steht in der Anerkennung des Theaterspiels durch Amateure nicht zurück, sondern för dert es im Wege des Landesinstituts für Volksbildung und Heimatpflege. In fast jeder Gemeinde Oberösterreichs wird ein- oder mehrmals im Jahr Theater gespielt. Die Aufführen den sind in Vereinen zusammengeschlossen, wie z. B. Dilet tantentheatervereine, oder bilden Theatergruppen und Spiel gemeinschaften, die oft selbst wieder nur eine Sektion einer größeren Organisation — der Kath. Jugend, der Landjugend, des Turnvereines, des Musikvereines, der Feuerwehr, des Volksbildungswerkes usw. sind. Die Mittel des Landes wer den allerdings weder zur Anschaffung eines Leihfundus ver wendet, noch an einzelne Gruppen zur Finanzierung des oft ziemlich kostspieligen Bühnenbaues gegeben, sondern dienen streng zweckgebunden zur Weiterbildung der Spielleiter und ihrer Assistenten für Regie, Beleuchtung und Bühnenbau. Das Landesinstitut für Volksbildung und Heimatpflege bean tragt jedoch nicht nur Mittel, sondern betreut auch den Verein „Arbeitsgemeinschaft für Schulspiel und Amateurtheater" im Oö. Volksbildungswerk (in den die Arbeitsgemeinschaft vor drei Jahren aus finanztechnischen Gründen umgewandelt wurde) mit allen ihm angehörenden Gruppen, zur Zeit sind dies 150, durch Beratung und Mitgestaltung der Seminar-

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2