i _ ■ 1.J1 Die Burg zu Schärding „Schärding ist eine sehr wol zierlich und ziemlich groß erbaute Stadt in Ober Bayern, Bisthum Passau, Rent-Ambt Burghausen... Es hat ein großes sehr vestes Schloss auf einer Höhe. Sie liegt an dem Ihnstrom"... So beginnt Antonio Guiliemo Ertl die Beschreibung Schär dings im „Chur-Bayerischen Atlas" von 1687. Dieses „große sehr veste Schloß" spielte in der Geschichte der Stadt, aber auch in der Geschichte Bayerns und Österreichs eine bedeut same Rolle. Wir können nicht beweisen, was vermutet wird, daß der heutige Schloßberg bereits in römischer Zeit ein kleines Kastell oder einen Wachtturm getragen habe. Es wäre nur zu begreiflich, denn der Inn bildete zur Römerzeit die Grenze zwischen den Provinzen Rätien und Norikum, und in Schär ding mündet die Pram, der — von der Traun (Ovilavis — Wels) kommend und ein Stück die Trattnach aufwärts füh rend — ein uralter Landweg folgte. Dieser querte hier den Inn und ließ sich vom gegenüberliegenden Rottal weiter nach Westen leiten oder nahm die Richtung nordwärts zur Donau nach Castra Batava — Passau. Der Übergang war von ver kehrsgeographischer Bedeutung, weil knapp nördlich von Schärding der Inn sich in ein unwegsames Engtal zwängt, das erst bei seiner Mündung in die Donau endet, und südlich der Stadt wird das linke Innufer auf einer Länge von fast 40 Kilometern von der überschwemmungsgefährdeten Nie derterrasse gebildet, die bis Braunau keinen natürlichen Übergang zuläßt. Auch der militärische Vorteil der Lage kann nicht übersehen werden: Ein breiter Ausläufer des Böhmischen Granithochlandes greift in wuchtigen Hügelwellen über die Donau und taucht erst an der unteren Pram in die Ebene ein, nicht ohne im letzten Aufbäumen noch einen kräftigen, stei len Felssporn hochzutreiben, wie geschaffen zum Wächter für die Kreuzung von Strom und Straße. Die fast ausschließlich bäuerliche Wirtschaftsstruktur des frü hen Mittelalters ließ die günstige Verkehrs- und Schutz lage Schärdings — der Ort wird im Jahre 804 bereits urkund lich erwähnt — noch nicht wirksam werden. Dies änderte sich im 11. und zu Beginn des 12. Jahrhunderts entscheidend. Nach der Schlacht auf dem Lechfeld und der damit verbundenen Stabilisierung der politischen und wirt schaftlichen Verhältnisse im Südosten des Deutschen Reiches gewann der Handel mit Halleiner und Reichenhaller Salz auf Salzach und Inn rasch an Bedeutung und auch auf den Landwegen regte sich zunehmend der Verkehr; das ist für Schärding besonders die Pram-Rottal-Furche. Politisch hatten sich im Verlauf des 11. Jahrhunderts die Herren von Form bach eine ausgedehnte Grafschaft zwischen Vils im Westen und Traun im Osten aufgerichtet. Sie nannten sich nach ihren Stammburgen Formbach und Neuburg (beide knapp unterhalb von Schärding am bayerischen Innufer) Grafen von Formbach-Neuburg. Für die östliche Hälfte des alten Rottgaues (rechts des Inns) bildete sich der Titel „Graftschaft Schärding" heraus und einige Formbacher nannten sich auch ausdrück lich Grafen von Schärding. Sie scheinen das Bistum Passau weitgehend aus Schärding verdrängt zu haben, denn sie übten seit dem ausgehenden 11. Jhdt. die grundherrlichen Rechte aus, wie aus verschiedenen Vergabungen von Anteilen des Überfuhrzolles eindeutig hervorgeht. Mit dem zunehmenden Innverkehr und der ebenso steigen den Überfuhr war auch die Notwendigkeit gegeben, beide zu schützen. Für eine Befestigung konnte kein Platz günstiger sein als der gewachsene Fels unmittelbar neben der Innlände. Und im Schütze der Burg vollzog sich auch die langsame Umwandlung Schärdings von einer bäuerlichen Siedlung zum Markt und später zur Stadt. Wann die Burg erbaut wurde, läßt sich nicht genau belegen; wir gehen kaum fehl, wenn wir annehmen im ausgehenden 11. Jahrhundert, hatten doch die formbachischen Grafentöchter Tuta und Himiltrudis zwischen 1050 und 1060 die Burgen Suben und Formbach in Klöster umgewandelt. Formbach hatte seine strategische Bedeutung nach Erbauung der wirkungsvolleren Neuburg eingebüßt und Suben war vom weit günstiger gelegenen Flußübergang Schärding überflügelt worden. Nach dem Aussterben der Formbacher (1158) ging Schärding an die Andechs-Meranier über.
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