Oberösterreich, 18. Jahrgang, Heft 2, 1968

Rechts: der Gosauzwang in einer kolorierten Lithographie von Jakob Alt,1825. Unten: Die Pferdeeisenbahn zwischen Linz und Wien nach einer Reproduktion in dem Werk „Geschichte der Eisenbahn der österr.- ungar. Monarchie". Franz Pisecky Sonderheiten der oberösterreichischen Wirtschaftsgeschichte I ÄtÄf-l; if Hh Der Bereich des heutigen Oberösterreich ist schon seit jeher Kraftfeld wirtschaftlicher Entwicklungen und regionaler Son derheiten gewesen, welche sich für den gesamtösterreichischen Raum als bedeutsam erwiesen haben. Eines ist hiebei in einem Maße kennzeichnendes Merkmal wie kaum bei einem anderen Bundesland, nämlich die Verquickung einer äußerst inten siven Umwelts- und Außenhandelsverbundenheit mit einem Höchstmaß an wirtschaftlicher Autarkie. Das eine resultiert vornehmlich aus den Gegebenheiten der verkehrsgeographi schen Lage im Schnittfeld uralter Nord-Süd-Handelswege mit der West-Ost-Transversale der Donau und den ihrem Verlauf folgenden Straßen. Das andere gründet sich auf die land schaftliche Vielfalt, die neben dem Vorkommen vieler Boden schätze, von denen sich allerdings im industriellen Zeitalter nur mehr einige wenige für eine mechanisierte Gewinnung noch als rentabel erwiesen haben, auch gebietsweise hohe landwirtschaftliche Fruchtbarkeit oder großen Waldreichtum mit einschließt. Oberösterreich hat noch unter allen Zeitläuften für das über geordnete staatliche Gemeinwesen, dessen Bestandteil es ist, eine achtunggebietende wirtschaftliche Aktivbilanz erbracht. In den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts etwa leistete die Wirtschaft des „Erzherzogtums Österreich ob der Enns" an Steuern und Abgaben 19,5 Millionen Gulden, benötigte für die Verwaltung des Landes jedoch nur 7,1 Millionen Gulden. Nach dem Zusammenbruch von 1945 lieferte Oberösterreich, obwohl es mit Ausnahme von Wien das einzige Bundesland war, das man in verschiedene Besatzungszonen unterteilt hatte, an das übrige Bundesgebiet wesentlich mehr, als es von dort erhielt. Der „interregionale Außenhandel" Oberöster reichs erreichte vom Juli 1945 bis März 1946 bei der Einfuhr 15,4 Millionen Schilling, in der Ausfuhr hingegen 21,5 Mil lionen. Und betrachten wir die Gegenwart? Obwohl Ober österreich flächen- und bevölkerungsmäßig mit etwa einem Siebtel an Gesamtösterreich beteiligt ist, liegt seine Quote bezüglich der industriell-gewerblichen Produktion, ebenso aber auch im Export und schließlich nicht minder bei der landwirt schaftlichen Erzeugung bei etwa einem Viertel. In mancher Hinsicht läßt sich diese Tatsache des wirtschaft lichen Überschusses und der Möglichkeit einer eigenständigen Lebensfähigkeit mit etwas Phantasie bis in die Prähistorie projizieren. Bereits im dritten vorchristlichen Jahrtausend wurde für die Menschen der damaligen Pfahlbaukultur neben Salz auch das im eigenen Lande gewonnen, was die damals im wesentlichen „geschlossene Hauswirtschaft" dennoch von außen benötigte, nämlich Hilfswerkzeuge bzw. Werkzeuge aus Stein. Dort, wo sich zwei Jahrtausende später ein Zentrum der Werkzeug- und Massenerzeugung aus Eisen entfaltete. im Ennstal und seinen Seitentälern, gab es schon in der Jung steinzeit zahlreiche „Werkzeugateliers", welche nicht nur das Salzkammergut, sondern auch weitere Gegenden des heutigen Bundeslandes belieferten. Die Voraussetzungen für eine wirtschaftliche Eigenständig keit wurde jedoch immer wieder von Entwicklungen und Er eignissen überragt, die als Besonderheit über die Grenzen des Landes hinaus bahnbrechend wirkten. So gab z. B. der intensive Salzbergbau in Hallstatt und der Fortschritt in der Lebensweise, den er bewirkte, einer ganzen Kulturepoche den Namen (Hallstattzeit ca. 1000—400 v. Chr.). In der Zeit der römischen Herrschaft wuchs Wels (Ovilava) als Handels und Verwaltungszentrum zur wichtigsten Stadt der Provinz Ufernoricum empor. Die älteste Urkunde, die eine Eigenständigkeit Oberösterreichs bezeugte, die Raffelstettener Zollordnung von 904/6, ist ein den Wirtschaftsverkehr regelndes Dokument. Sie läßt bereits einen sehr regen Donauhandel erkennen, der sich donauabwärts vor allem mit Salz befaßte, in der Gegenrichtung je doch — zumeist auf dem Landwege von Slawen befördert — Lebensmittel, Wachs, Vieh und Sklaven umfaßte. Die Salz gewinnung im oberösterreichischen Alpenbereich und das landesfürstliche Bergregal führten im Spätmittelalter zur Ent stehung des „Kammergutes", das später Salzkammergut ge nannt wurde und dadurch, daß nicht nur der Bergwerks und Sudbetrieb, sondern auch die gesamte Grundherrschaft dem Landesfürsten zu eigen war, gewissermaßen ein eigener Wirtschaftsstaat — ein „Staat im Staate" wurde, dessen Orga nisation alle Lebensbereiche erfaßte und in dieser Eigenart nur auf oberösterreichischem Boden zu finden war. Viele seiner Einrichtungen, wie Salinen, Bundesforste, Deputate auf Hausbesitz usw.,leben bis heute fort.

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