Oberösterreich, 18. Jahrgang, Heft 2, 1968

Waidhofen an der Ybbs nach Niederösterreich ein Dorn im Auge war. Der Warentransport auf Saumrossen war natürlich sehr gut in der Lage, die Zollstätten auf einer ganzen Reihe kleinerer Wege zu umgehen. Die Städte an der Donau hatten eine ähnliche Konkurrenz an den illegalen Ladstätten, über die Prälaten und Adel ihre Weine heim- und die eigenen Produkte fortbrachten. Nun widmeten sich die Bürger der mittelalterlichen Städte nie ausschließlich dem ffandwerk, Gewerbe und Handel, son dern sie bemühten sich auch, den Nahrungsbedarf durch eine eigene Landwirtschaft zu decken. Ihre Äcker, Wiesen und Gär ten lagen außerhalb der Mauern im Burgfried und noch weiter entfernt. Von dort wurde das Futter in die Stadt gebracht, soferne man nicht das Vieh durch die Stadttore auf die Weide trieb. Bei dem starken sozialen Unterschied innerhalb der Bürgerschaft gelang es den reicheren Vertretern derselben bald, nicht nur zahlreiche Lehen auf dem Land zu bekommen, sondern ganze Adelssitze und Grundherrschaften zu erwerben. Obwohl sich die obere Schicht der Bürger in ihren Rechten kaum von den adeligen Rittern und Knechten unterschied, mit denen sie viele verwandtschaftliche Fäden verbanden, so wehrte sich doch jeder richtige Ritter, mit einem Bürger gleichgestellt zu werden. Bei dieser Vorliebe der Stadtbewoh ner, ihre Kapitalien auf dem Lande anzulegen, mag also das Bestreben mitgespielt haben, den Rittern in jeder Weise ebenbürtig zu werden. Sicherlich haben auch die Vorteile einer Verbindung von Produktion, Verarbeitung und Handel, die den Grundherrschaften weitgehend zuteil geworden wa ren, den Bürgern in die Augen gestochen und sie verlockt, diese ebenso für sich zu gewinnen. Im Mittelalter drehte sich der Streit mit Prälaten und Adel hauptsächlich um die Besteuerung dieses bürgerlichen Besitzes auf dem Lande. Sie war durch Privilegien den Bürgern zu gesichert, aber trotzdem kamen immer wieder Übergriffe der anderen Seite vor. So wie die Bürger den Handel für sich beanspruchten, vertrat der Adel nördlich der Alpen sein aus schließliches Recht, außer vom Kriegshandwerk auch von Gülten und Renten auf dem Lande leben zu können. Bei dem zunehmenden politischen Gewicht des Adels besaß er die besseren Mittel, die gestörte Ordnung in seinem Sinne zu verbessern. Im 16. Jahrhundert ging der Kampf deshalb schon um die Substanz. Der Adel bestritt den Bürgern grundsätzlich das Recht, auf dem Lande Besitz zu haben. Als dankbares Ziel ihrer Gegenangriffe boten sich den Bürgern die Häuser des Adels in den Städten dar. Ein großes Kompensationsgeschäft, durch das der Gordische Knoten durchschlagen worden wäre. wurde zwar zeitweilig diskutiert, jeder Realpolitiker mußte sich aber im klaren sein, daß eine so einfache Lösung nicht gangbar war. In einer Zeit, in der es noch keine Statistik gab, wurde bei den verschiedensten Anlässen viel Zeit dafür aufgewendet, die eigene Armut in den düstersten Farben zu schildern. Die Städte hatten in diesen Auseinandersetzungen von niemand anderem Hilfe zu erwarten als von ihrem unmittelbaren Herrn, dem Landesfürsten. An ihn trugen sie immer wieder durch Gesandtschaften und Beschwerdeschriften ihre Sorgen heran. Wie uns eine ganze Reihe landesfürstlicher Mandate beweist, fanden sie bei ihm auch in vielen Dingen Gehör. Wenn trotzdem die Klagen der Städte so sehr gleichblieben, daß es schwerfällt, die undatierten Beschwerdeschriften ein zuordnen, so lag dies nicht am Mangel guten Willens beim Landesfürsten. Er mußte auf den stärkeren Adel Rücksicht nehmen, vor allem aber fehlten ihm die Exekutivorgane, um die Einhaltung seiner Befehle durchzusetzen. Dies änderte sich erst mit der Zurückdrängung der Stände im absoluten Für stenstaat. Mit ihm beginnt aber gleichzeitig auch jene Entwick lung, die zum Ende der autonomen Städte führte. Die Stadt als Institution, wie wir sie hier geschildert haben, hat mit dem Jahre 1849 zu existieren aufgehört. Wehrwesen, FinanzVerwaltung, Rechtsprechung und Teile der Verwal tung wurden von staatlichen Behörden übernommen. Die Städte wurden allen anderen Ortsgemeinden gleichgestellt, denen nur lokale Verwaltungsgeschäfte blieben. Wichtige Schritte in dieser Richtung waren schon die Schaffung staat licher Behörden durch Kaiser Maximilian L, die Eingriffe des Landeshauptmannes Löbl (1592—1602) in die Stadtfreiheiten im Zusammenhang mit der Gegenreformation und dann die Staatsreformen unter Maria Theresia und Josef II. in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Den Ansatzpunkt bil deten die Rechte des Stadtherrn im Sinne des Mittelalters. Diesen Aushöhlungsprozeß der städtischen Freiheiten zu ver folgen, gehört zu den wichtigsten Aufgaben der Stadt geschichte in der Neuzeit. Literatur: Alfred Hoffmann, Die oberösterreichischen Städte und Märkte, in: Jahrbuch des Oberösterreichischen Musealvereines 84 (1932), S. 63 bis 213. — Alfred Hoffmann, Der oberösterreichische Städtebund im Mittelalter, in: Jahrbuch des Oberösterreichischen Musealver eines 93 (1948), S. 107—145. — Otto Brunner, Städtische Selbst regierung und neuzeitlicher Verwaltungsstaat in Österreich, in: österreichische Zeitschrift für öffentliches Recht 6 (1954), S. 221 bis 249. 100.000Bücher gibt es Viele haben wir vorrätig Alle können wir nicht auf Lager halten, aber wir bemühen uns, jedes gewünschte Werk rasch zu besorgen Buchhandlung im OÖ.Landesverlag — Pächter Herbert Breinbauer Linz, Landstraße 41 — Telefon 20 470

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