Oberösterreich, 18. Jahrgang, Heft 2, 1968

nern vor allem die niederösterreichischen Städte und kleinere oberösterreichische Orte wie Ottensheim, bis ihnen das Pas sauer Stapelrecht von 1390 eine Grenze setzte. Im 15. Jahr hundert beherrschten dann die Oberdeutschen, vor allem die Nürnberger, den Ost-West-Handel. Im Nord-Süd-Verkehr spielten die Salzburger Kaufleute eine bedeutende Rolle, weil sie auf Grund ihrer Lage die wichtigsten Alpenübergänge in ihren Händen hatten. Außerdem war das ganze Gebiet nörd lich der Donau dem Halleiner Salz freigegeben, so daß es zweckmäßig war, als Rückfracht andere Waren aus Ober österreich und den slawischen Ländern mitzunehmen. Wäh rend ihnen der Semmering verschlossen blieb, durften die Böhmen hier unmittelbar mit dem Süden in Verbindung tre ten. Wichtigster Treffpunkt dieser fremden Händler waren lange Zeit die Linzer Märkte. Den Städten ob der Enns blieb außer dem Handel über den Pyhrn vor allem der Verkauf des Hallstätter Salzes sowie von Eisen und Eisenwaren. In Hall statt wurde die Erzeugung am Beginn des 14. Jahrhunderts stark erhöht und dieses Salz von Gmunden aus verhandelt, von wo es seinen Weg in alle Landesteile südlich der Donau nahm. Den Eisenhandel beherrschten vor allem die Städte Steyr und Enns. Steyr besaß gute Verbindungen mit der deut schen Handelsmetropole Nürnberg. Hier ließen sich allerdings auch direkt Nürnberger und ihre Lagerherren nieder und ver suchten, den Zwischenhandel auszuschalten. Der lokale Handel spielte sich vor den Babenbergischen Grün dungen am Beginn des 13. Jahrhunderts zum guten Teil bei den Dorfkirchen, auf Kirchweihfesten und in den Landwirts häusern ab. Den Städten ist es nie ganz gelungen,diese Kon kurrenz auszuschalten. Die großen Handelsfirmen Ober deutschlands arbeiteten mit einzelnen Marktbürgern zusam men, denen sie Aufträge erteilten und die sie von Zeit zu Zeit durch ihre Lagerherren aufsuchen ließen. Wie eine Land plage zogen Italiener, Savoyarden und Holländer auf dem flachen Lande herum und suchten Abnehmer für ihre minder wertigen Waren. Die Auffassung vom alleinigen Handelsrecht der Städte und Märkte entsprach aber vor allem deshalb im mer weniger den tatsächlichen Verhältnissen, weil sich die geistlichen und weltlichen Grundherrschaften in zunehmendem Maß in diesen Erwerbszweig einschalteten. In mancher Hinsicht waren die Voraussetzungen hiefür bei ihnen günstiger als bei den Städten. Alle Klöster des Landes, viele Pfarrherrschaften und fast sämtliche größeren Adels geschlechter besaßen ihre Weingärten in Niederösterreich. Selbst als es der Landesfürst verboten hatte, konnten sie mit der dortigen Eigenproduktion sehr leicht und zweckmäßig auch gekauften Wein heraufbringen und in ihren Tafernen bei Klöstern, Schlössern und Pfarrhöfen ausschenken und wei terverhandeln. Die Grundherrschaften hatten dabei noch den Vorteil, mit Hilfe der Robot den Transport auf billige Weise durchführen zu können und dadurch die Bürger preislich zu unterbieten. Ganz abgesehen davon standen den Grundherr schaften genügend Druckmittel zur Verfügung, ihre Unter tanen zu zwingen, nur die herrschaftlichen Wirtshäuser zu besuchen, dort ihren Bedarf an Wein zu decken, vor allem aber ihre Hochzeiten und sonstigen Feste abzuhalten. Diese günstigen Absatzmöglichkeiten veranlaßten sie dann auch in verstärktem Maße,die Bierproduktion aufzunehmen. Bei den Erzeugnissen der Eandwirtschaft lagen die Dinge für die Städte noch viel ungünstiger, weil hier die Grundherr schaften den sogenannten Anfeilzwang durchsetzen konnten. Er verpflichtete die bäuerlichen Hintersassen, bevor sie ihre Produkte auf die Märkte brachten, diese den Grundherrschaf ten zum Kauf anzubieten. Darüber hinaus mußten sie immer noch einen Teil ihrer Dienste in Naturalien, vor allem Getreide, leisten. So boten sich für die Grundherrschaften, denen auch entsprechende Lagerräume zur Verfügung stan den, um die günstige Preissituation abzuwarten, genug Mög lichkeiten, aus dem Handel Gewinne zu ziehen. Die wirtschaftliche Front: hier Stadt, hier Grundherrschaft war so kompliziert, daß es den einfacheren Zeitgenossen schwer gefallen sein dürfte, sie zu überschauen. Es besaßen nämlich nicht nur die landesfürstlichen Städte das Recht zum Handel, sondern auch die grundherrschaftlichen Städte, wie Eferding und Steyregg, und die Märkte. Der Unterschied bestand nur darin, daß die letzteren innerhalb des Eandes bleiben sollten. So bot sich den Grundherrschaften die Möglichkeit, die Hand werker dieser Märkte für sich arbeiten zu lassen und sich auch auf indirektem Wege am Handel zu beteiligen. Adelige, die in besonderer Gunst des Kaisers standen, erwirkten für bäuerliche Siedlungen in der Nähe ihrer Burgen immer wie der Marktprivilegien, so daß die Zahl der Märkte ständig an stieg. Die Städte gaben ihre Zahl 1525 mit 50 und 1558 mit 70 an. Sie klagten, es komme noch so weit, daß sich die Herr schaft jedes Dorfes, in dem zehn oder zwanzig Häuser bei sammen stünden, um Marktfreiheiten bewerbe. Sogar inner halb der eigenen Mauern waren die Städte nicht vollkommen Herr der Lage, weil hier der Adel vielfach seine eigenen Häuser besaß, in denen er das Recht beanspruchte, allein zu verfügen. Versuche, sich auf dem Wege über die Stadt quartiere am Handelsleben zu beteiligen oder in ihnen Lager räume zu vermieten, haben immer wieder zu Zwistigkeiten mit den Stadtobrigkeiten geführt. Der mittelalterliche Handel sollte nicht nur örtlich an Städte und Märkte gebunden sein, sondern sich auch ausschließlich zu bestimmten Marktzeiten abspielen. Während dieser Jahrund Wochenmärkte sowie schon Tage vor- und nachher bei der Zu- und Abreise standen die Kaufleute unter einem be sonderen Schutz. Der Beginn des Marktes wurde durch Auf stecken der Freiung besonders gekennzeichnet. In den ersten Stunden durften nur die eigenen Bürger einkaufen, um ihren Bedarf zu sichern. Diese Zeit war wieder durch besonders auf gesteckte Fahnen markiert. Dabei war es streng verboten, den Bauern vor die Tore entgegenzulaufen. Während der Markt zeiten konnten die Gäste, die fremden Kaufleute, unmittelbar miteinander in Kontakt treten, während der Zwischenhandel sonst den einheimischen Bürgern vorbehalten blieb. Aus die sem Grund verbot man in Steyr auch den fremden Lagerher ren, sich länger als zwei Monate in der Stadt aufzuhalten. Wenn diese Märkte nicht entsprechend besucht waren, blieb den Städtern selbst nichts anderes übrig, als direkt auf dem Lande einzukaufen, obwohl sie selbst jeden Handel auf dem Land als „Fürkauf" bezeichneten, für dessen Verbot sie immer wieder eintraten. Man konnte auch den Fleischhauern kaum verwehren, das Vieh bei den Bauern selbst einzukaufen und ebensowenig den Müllern den Getreideeinkauf. Schließlich mußte man den Bauern erlauben, den eigenen Bedarf und die Zugtiere beim Nachbarn zu kaufen. Obwohl jeder Viehtreiber einen Paß besitzen mußte, gab es daher genügend Möglich keiten, das allgemeine Handelsverbot auf dem Lande zu um gehen, zumal dort alle Obrigkeiten selbst am Handel interes siert waren. Die Landgerichte, die von jeher eine gewisse Aufsicht über diesen ausübten, stellten gegen eine Abgabe sogar Pässe für den Transport von Vieh und Getreide ins Ausland zur Verfügung. Das mittelalterliche Wirtschaftssystem wäre nicht vollständig gewesen, hätte man nicht den Handel an gewisse Straßen gebunden, an denen die wichtigsten Städte lagen. Dies war schon deshalb notwendig, weil an ihnen der Landesfürst seine Zoll- und Mautstätten eingerichtet hatte, durch die er den Handel für seine Kassen nutzbar machte. Auch in diesem Punkt bestand ständig eine arge Diskrepanz zwischen Ideal und Wirklichkeit. Die Freistädter haben beispielsweise Jahr hunderte gegen das Befahren der Straße durch den Hasel graben nach Südböhmen gekämpft, die kürzer war als ihre eigene. Dabei hatten sie nicht nur die kleinen Märkte als Gegner, sondern auch die großen Grundherrschaften. Ähnlich erging es den Bürgern von Steyr, denen die Straße über

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