Oberösterreich, 18. Jahrgang, Heft 2, 1968

%:tM hat noch in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts vor dem großen Rückschlag durch die Pest im heutigen Kaiser-JosefPlatz eine Neustadt bekommen. Sie wurde aber nicht in den Mauerring einbezogen, sondern nur durch einen Befestigungs turm gesichert. Ende des 16. Jahrhunderts haben die Stände und die Bewohner der Vorstädte Pläne einer Erweiterung von Linz forciert, die schließlich am Widerstand der bevorrechteten Bürger gescheitert sind. Hier ist allerdings unklar, inwieweit das ganze Projekt ein taktisches Manöver der oberen Stände war, um ihre wirtschaftlichen Gegenspieler beim Kaiser in Mißkredit zu bringen und ihre Freihäuser leichter behaupten zu können. Diese Stadtgründungen dienten dazu, die Landschaften, in denen man Grundbesitz erworben hatte, organisatorisch zu erfassen und damit auch zu beherrschen. Die Stadt stellte eine neue Art von Befestigung mit zahlreicher Mannschaft dar, die sich selbst erhalten konnte. Darüber hinaus boten die wehrhaften Mauern auch Zuflucht für die Bewohner des um liegenden Landes. Die Bürger selbst verband der gemeinsame Eid zu einer Schwurgemeinschaft. Diese lebte nach eigenem Recht und besaß fast völlige politische Handlungsfreiheit sowie Finanz- und Steuerhoheit. Ihre Kompetenz umfaßte von An fang an die Gerichtsbarkeit mit Ausnahme der Blutfälle, die ihr meist erst im Laufe des 15. Jahrhunderts überlassen wur den. Sie wählte sich in Bürgermeister, Richter und Rat eigene Organe. Ein eigenes Stadtgericht mit dem Richter an der Spitze neben einem Rat unter dem Vorsitz eines Bürgermei sters existierte nur in den größeren Städten, wobei Gerichts barkeit und Verwaltung aber nicht säuberlich getrennt waren. In kleineren Städten wie Vöcklabruck gab es nur einen Stadt richter und fungierte der Rat auch als Gericht. Da diese Wappen der Stadt Steyr aus dem Werk von Johann Georg Adam Frh. V. Hoheneck, Die löblichen H. H. Stände des Erzherzogthums Österreich ob der Enns . . ., Bd. 1—3,1727—47. gewählten Vertreter häufig wechselten, erlangte der beamtete Stadtschreiber als ruhender Pol sehr großen Einfluß. Er war Mitglied des Rates, führte die verschiedenen Arten von Pro tokollen und bereitete die Urkunden vor, die mit dem Stadt siegel oder dem Siegel des Stadtrichters gefertigt wurden. Daneben wurde er vielfach auch mit Verhandlungen im Na men der Stadt beauftragt. Als Grenze des Stadtbereiches galt nicht die Mauer, sondern es gehörte noch ein Stück des um liegenden Landes,der sogenannte Burgfried,zu ihm. Die Bürgergemeinde als Verband war dem Stadtherrn durch einen Treueeid verbunden. Anders als in jenen Gegenden, in denen sich die Stadtgemeinde im Gegensatz zum Stadtherrn entwickelte, hat in Österreich der Stadtherr immer eine wich tige Rolle gespielt. In fast jeder Stadt befand sich eine lan desfürstliche Burg, die innerhalb der Stadtbefestigung eine wichtige Funktion zu erfüllen hatte. Sie war meist Mittel punkt einer bedeutenden Grundherrschaft mit einem Vogt oder Pfleger an der Spitze; nur in Gmunden saß ein Salz oberamtmann, in Vöcklabruck der Aufschläger und in Linz der Landeshauptmann. Aufgabe dieser Personen war es, im Ernstfall gemeinsam mit dem Rat die Verteidigung der Stadt zu leiten. Ansonsten vertraten sie den Landesfürsten ledig lich in nebensächlichen Angelegenheiten. Die Wichtigkeit, welche diese Posten trotzdem für den Landesfürsten besaßen, zeigte sich zur Zeit der Ständeopposition des Jahres 1452, als vorwiegend jene Städte dem Mailberger Bund fernblieben, in denen die Burghut einen treu gebliebenen Adeligen anvertraut war. Albrecht VI. hat 1458 diese Schlüsselstellungen auch nur Leuten übertragen, auf die er sich unbedingt verlassen konnte, meist den aus den Vorlanden mitgebrachten Schwaben. Jede Stadt unterstand direkt dem Landesfürsten, der vor allem die Stadtrichter einsetzte und gelegentlich auch in die Verwaltung eingriff. Ihm gehörte der gesamte Grund in der Stadt, für den jeder Besitzer jährlich eine bestimmte Summe als „Burgrecht" leisten mußte. Die darauf erbauten Häuser galten als beweg liches Vermögen und waren Eigentum der Bürger. Innerhalb der Bürgerschaft selbst bestanden starke soziale Unterschiede, die der mittelalterlichen Lebensführung entspre chend schon äußerlich in der Kleidung zum Ausdruck kamen. Die Polizeiordnung von 1542, die darüber einheitliche Rege lungen enthält, unterscheidet drei Kategorien: An der Spitze standen die Kaufleute und Wirte, welche in der Regel auch die städtischen Ämter besetzten. Ihr Kampf mit den Hand werkern wurde vor allem um das Recht zum Ausschank von Bier und Wein geführt, das diese in einigen Städten in beschränktem Umfang erreichen konnten. Am stärksten in Linz, weil hier sich zeitweilig der Hof aufhielt. Die unterste Schicht bildeten Inwohner, Arbeiter, Dienstpersonal und Taglöhner. Nach dem Zeugnis der Städte besaßen sechs von die ser „Armutei" oft nicht mehr als ein Bauer auf dem Land. Die Zeit des Frühkapitalismus brachte natürlich eine Verschär fung dieser Gegensätze. Wie die oberen Stände sich ausdrück ten, „wurde durch die Reichen alles auf einen Haufen zusam men gezogen". Die Aufgabe, wehrhafte Stützpunkte des Landesfürsten zu sein, blieb für unsere Städte das ganze Mittelalter hindurch bestimmend. Bayern hat ja von Zeit zu Zeit versucht, das Land ob der Enns zurückzugewinnen, und die Schaunberger bemühten sich, für ihren Machtbereich die Landesherrschaft zu erringen. Das 15. Jahrhundert war nicht nur erfüllt von immer wieder ausbrechenden inneren Fehden, sondern auch von einer Reihe äußerer Kriege. Im Kampf mit den Hussiten hat Herzog Albrecht V. die Hauptlast getragen, wodurch die Landesteile nördlich der Donau ständig bedroht wurden. Für das Land ob der Enns wirkte es sich anfangs allerdings gün-

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