Oberösterreich, 18. Jahrgang, Heft 2, 1968

bestimmte Einheitskultur des frühen Mittelalters, in der Königtum und Priestertum innerhalb der Kirche nebenein ander Platz fanden, war unter dem Angriff der Reform Gregors VII., der das priesterähnliche, durch Weihe und Sal bung aus dem Stande der Laien emporgehobene Königtum seiner Würde beraubt hatte, in eine Phase stärkerer Differen zierung eingetreten. Sowohl die europäischen Königreiche als auch die Kirche, die alle ihre alte Geborgenheit durch diesen Trennungsprozeß eingebüßt hatten, suchten ihre Rechts bereiche gegenseitig abzugrenzen und ihren inneren Aufbau mit neuen Mitteln zu festigen und zu stärken. So begannen sich in England und Frankreich moderne Staaten zu ent wickeln, fand die Kirche eine neue, juridisch und hierarchisch gefestigte Form und bildete sich innerhalb des deutschen Königreiches das System der Landesherrschaften aus. Dazu kam eine Vermehrung der Bevölkerung wohl seit dem elften Jahrhundert, die sich u. a. in der Rodung unbebauten Landes und der Anlage von Städten auswirkte. Daher sind auch in Oberösterreich um 1200 die ersten Städte bezeugt: Enns 1212, Freistadt 1200—1220, Wels zirka 1222, Eferding 1222, Linz 1228—1242. Beiden Entwicklungen — der geistigen Emanzipa tion der weltlich-staatlichen Rechtssphäre des Abendlandes und der wirtschaftlich-politischen — verdanken auch die Län der des heutigen Österreich und somit auch das Land ob der Enns ihr Entstehen. Literatur: Julius Strnadt, Die Geburt des Landes ob der Enns. Eine rechts historische Untersuchung über die Devolution des Landes ob der Enns an Österreich, Linz 1886. — Alois Zauner, Oberösterreich zur Babenbergerzeit, in: Mitteilungen des Oberösterreichischen Landes archivs 7 (1960), S. 207—251. — Ignaz Zibermayr, Noricum, Baiern und Oesterreich. Lorch als Hauptstadt und die Einführung des Christentums. 2. Auflage, Horn 1956. — Hans Pirchegger, Bayern, Osterreich und der Traungau, in: Zeitschrift für bayerische Lan desgeschichte 13 (1942), S. 384—402. — Otto Brunner, Land und Herrschaft. Grundfragen der territorialen Verfassungsgeschichte Österreichs im Mittelalter. 4. Auflage, Wien 1959. — Karl Lechner, in: Unsere Heimat 32 (1961), S. 229—233. — Alfred Hoffmann. Zur Geschichte der schaunbergischen Reichslehen, in: Mitteilungen des Oberösterreichischen Landesarchivs 3 (1954), bes. S. 417 f. — Heinrich Appelt, Die Rechtsstellung der ältesten steirischen Lan deshauptleute, in: Zeitschrift des historischen Vereins für Steier mark 53 (1962), S. 15—27. — Othmar Hageneder, Die geistliche Gerichtsbarkeit in Ober- und Niederösterreich. Von den Anfängen bis zum Beginn des 15. Jahrhunderts (Forschungen zur Geschichte Oberösterreichs 10), Linz 1967. — Zu dem Buche von Franz Pfeffer, Das Land ob der Enns. Zur Geschichte der Landeseinheit Ober österreichs (Veröffentlichungen zum Atlas von Oberösterreich 3), Linz 1958, siehe: Probleme der Entstehung des Landes ob der Enns, in: Mitteilungen des Oberösterreichischen Landesarchivs 7 (1960), S. 125—315. Die Linzer Altstadt Genau genommen hat die Bezeichnung „Altstadt" für Linz zwei Bedeutungen: Das Territorium der frühmittelalterlichen Ansiedlung und die Straßen mit dem Namen „Altstadt". Freilich gab es in diesem frühen Linz nicht viel mehr als diese eine Straße, denn Tummelplatz und Hofgasse waren nur Zugänge zum Schloß. Hier spielte sich das Leben dieses Handelsmittelpunktes ab. Hier war das kaiserliche „Stadtpalais", aus dem durch Barockisierung das heutige Kremsmünsterer Stiftshaus wurde. Unmittelbar daran schließt sich noch heute das 1524 erbaute Waaghaus,der mittelalterliche Kornspeicher. Auf dem Platz davor hat sich das Marktleben entfalten können, das bald so bedeu tend wurde, daß die Stadt im 14. Jh. großzügig erweitert werden mußte. Noch heute kann man im Hofe des Hauses Hahnengasse 1 ein Stück der damals durchbrochenen Stadtmauer sehen. Da es im frühmittelalterlichen Linz noch keine Wasserleitung gab, mußten öffentliche Brunnen geschlagen wer den und manche Häuser versorgten sich selbst. In dem sehr schönen Arkaden hof, Altstadt 7 (Herz As), ist ein solcher Brunnen zu sehen, der sogar der Römerzeit zugeschrieben wird. Am südlichen Ende wird die „Altstadt" durch den prächtigen Bau des Land hauses abgeriegelt. Hier endete Linz im Mittelalter. Der Landhausbau stammt aus dem 16. Jh.; mit seinem großzügig gestalteten Arkadenhof und dem Planetenbrunnen ist er der repräsentativste Bau der Renaissance in Linz. Johannes Kepler hat hier viele Jahre als Landschaftsmathematiker gewirkt. Auch andere berühmte Namen sind mit der Linzer Altstadt verbunden: Mozart komponierte im Haus Altstadt 17 die Linzer Symphonie, Kammer schauspielerin Hedwig Bleibtreu wurde Altstadt 22 geboren.

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