Oberösterreich, 18. Jahrgang, Heft 2, 1968

erließ. Damit wurde zum erstenmal von Seite des Reiches zur Kenntnis genommen, daß der Herzog von Österreich das Land ob der Enns innehat, woraus man die Vermutung ab leitete, König Albrecht habe mit dieser Ordnung indirekt der Erwerbung des Landes ob der Enns durch Österreich die reichsrechtliche Sanktion erteilt (A. Hoffmann). In der Tat hat sich ja der Babenbergerherzog im Lande gegenüber der bayerischen Herrschaft nur über den Erwerb von Grundherr schaften und verschiedener Rechte durchgesetzt, aus denen der Böhmenkönig Ottokar das Land bildete, das allerdings den Umfang des herzoglichen Kammergutes überschritt und eine flächenhafte Konfiguration erhielt. Ein weiteres Zeugnis für einen eigenen Rechtsstatus unseres Landes würde es sein, wenn wirklich eine Fassung des zu Ende des 13. Jahrhunderts kompilierten österreichischen Land rechtes im Interesse oder im Auftrag eines obderennsischen Oberstlandrichters bald nach 1299 zusammengestellt worden wäre; eine Annahme,die allerdings umstritten ist. Auf jeden Fall wird seit 1335 ein Landrecht ob der Enns urkundlich bezeugt; ein Begriff, bei dem man allerdings an keine schriftliche Fixierung von Rechtsnormen zu denken hat, sondern der vielmehr bloß als Summe der in unserem Gebiet bei Rechtsgeschäften üblichen Gewohnheiten anzusehen ist. Von Bedeutung bleibt es jedoch, daß das Land ob der Enns damit neuerlich einen rechtlichen Ausdruck fand. Herzog Rudolf IV., der mit dem bekannten Komplex ge fälschter Urkunden, die er in den Jahren 1358/59 herstellen ließ, seinen Erblanden eine Vorrangstellung unter den Reichsfürsten zu erringen suchte und zugleich seine Herr schaft in diesen Ländern stärken wollte, hat in einem dieser Falsifikate, dem Privilegium maius, auch das staatsrechtliche Manko der Angliederung des Landes ob der Enns an das Herzogtum Osterreich zu beseitigen versucht. In diesem Falsum, das die echte Urkunde von 1156, welche die Er hebung Österreichs zum Herzogtum bezeugte, ersetzen sollte, behauptete er nämlich, das Land ob der Enns sei damals mit der Mark vereinigt worden und beide hätte Friedrich 1. Barbarossa nach dem Urteil der Reichsfürsten zu einem Herzogtum erhoben. Damit war ein staatsrechtlicher Akt er funden worden, durch den — wenn er stimmte — das Land ob der Enns von Bayern an Osterreich übergegangen wäre. Dem gleichen Zweck mag es gedient haben, daß seit dem Ende des 14. Jahrhunderts ein Wappen des Landes ob der Enns bezeugt ist, dessen Schöpfer ebenfalls Herzog Rudolf der IV. gewesen sein dürfte. Es war jenem Wappen nach gebildet, das man in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts im Kloster Baumgartenberg für das der Herren von Machland hielt. Diese hatten vor 1160—1170, dem Zeitpunkt des Aus sterbens ihres Hauptzweiges, im unteren Mühlviertel, und zwar in der sogenannten Riedmark, großen Besitz innegehabt. Auf Otto von Machland ging u. a. die Gründung der Zisterze Baumgartenberg (1141) zurück. Sein Herrschafts gebiet lag nun in einer Gegend, die auf jeden Fall schon vor 1156 zur Mark Osterreich gehörte; reichte doch diese schon zu Beginn des 12. Jahrhunderts bis zum Haselgraben. Daher ist anzunehmen, Rudolf IV. habe in Kenntnis dieses Sach verhalts das Wappen eines Geschlechts, dessen Herrschafts bereich schon vor 1156 zur Mark gehörte, zum Landeswappen umgestaltet und somit pars pro toto die Zugehörigkeit des ganzen Landes ob der Enns schon während des 12. Jahr hunderts zu Osterreich behauptet. Jedenfalls würde eine solche Manifestation vorzüglich zu den erwähnten Angaben des Privilegium maius passen. Vielleicht dachte man außer dem an die seinerzeitige Versippung der Machländer mit dem Hause der Babenberger — die es diesem auch ermöglichte. beim Aussterben der Grafen von Klam-Velburg um 1220 deren Güter zu erwerben — und hat deshalb das angebliche Wappen des Geschlechtes für ein dem Herzog von Osterreich gehöriges Land in Anspruch genommen. Damit kann dieser Überblick schließen. Die Zugehörigkeit des Landes, wie es sich um die Mitte des 13. Jahrhunderts gebildet hatte, zu Osterreich war nun nach über hundert Jahren auch nach außen hin bezeugt worden. Der Prozeß sei nes Entstehens, der auf besonderen verfassungsgeschicht lichen und politischen Bedingungen beruhte, hatte damit sein Ende gefunden. Im letzten manifestierte er sich — wie schon angedeutet — als Teil einer großen, das ganze Abendland erfassenden Umwandlung: Die vorwiegend agrarische und aristokratisch f Lt'dI Ehemalige Stiftskirche Baumgartenberg, Reliefgrabstein des Klo stergründers Otto von Machland, gestorben 1148. Der Grabstein stammt aus dem späten 15. fahrhundert.

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