berg, einem ursprünglich salzburgischen Adelsgeschlecht, Linz und ihren ganzen Eigenbesitz im Hausruckviertel. In den Jahren 1220—1222 erwarb er die Güter des Bistums Würz burg bei Wels und den dortigen Markt samt dem dazugehöri gen Zoll. Noch vor 1228 kam die Herrschaft Waxenberg mit Ottensheim und Gramastetten hinzu, die nach dem Aus sterben der Herren von Griesbach, eines im oberen Mühl viertel begüterten bayerischen Herrengeschlechtes, durch Kauf an den österreichischen Herzog fiel. Bereits 1208 hatte dieser die Güter des Klosters St. Florian am Windberg von der weltlichen Gerichtsbarkeit eximiert und damit in dieser Ge gend einen Rechtsakt vollzogen, der für die landesherrliche Klosterpolitik typisch war: Der Abt und seine Amtleute er halten das Recht, im Bereich der Klosterherrschaft über alle Vergehen zu richten; nur die zum Tode verurteilten Ver brecher müssen sie dem Landrichter ausliefern, der die Hin richtung vornehmen soll. Es ist nun anzunehmen, daß der in Frage kommende Landrichter irgendwie dem Herzog ver antwortlich war und daher die Herrschaft des Babenbergers bis zur Großen Mühl reichte. Alle diese Erwerbungen haben die Position des österreichi schen Landesfürsten im Räume zwischen Enns und Hausruck zweifellos bedeutend gefestigt und mitgeholfen, die Grund lagen für den Aufbau einer wirksamen Landesherrschaft zu schaffen. Ihr erstes Kennzeichen ist eine Art Behörde: Wäh rend noch 1222 der herzogliche Schreiber der Steiermark, also der dortige Chef der Finanzverwaltung (wie man mit einem modernen Ausdruck sagen könnte), im Lande ob der Enns amtierte, wird 1240 ein herzoglicher Schreiber zu Enns erwähnt, der wohl die landesherrlichen Domänen beiderseits des Flusses zu verwalten hatte. Damit hatte sich in unserer Gegend die Administration des herzoglichen Gutes in einem gewissen Sinne verselbständigt, was allerdings rein intern und vorübergehend gewesen sein dürfte und staatsrechtlich nicht überbewertet werden sollte. 1237 bestellte dann Kaiser Friedrich 11., der sich in seinem Feldzug gegen den gleich namigen Babenbergerherzog auch des Landes ob der Enns bemächtigt hatte, den Albero von Pollheim hier zum Land richter (iudex provincie). Darunter ist wohl ein oberer, für das ganze Land zwischen der Enns und dem Hausruck zuständiger Richter zu verstehen — als iudex provincie wird nämlich in den zeitgenössischen Quellen meist der in kleineren Bezirken, den späteren Landgerichten, amtierende Richter bezeichnet —, da er sowohl mit der Vogtei über das Kloster Wilhering be traut wurde als auch zugunsten des Spitals am Pyhrn über ein bei Grieskirchen gelegenes Gut urteilte. Seine Kompetenz dürfte daher über die eines „niederen Landrichters", wie ihn das damals entstehende österreichische Landrecht auch nannte, hinausgegangen sein. Das alles waren Vorstufen der Landesbildung. Doch erst nach dem Aussterben des Hauses der Babenberger, das 1246 mit dem Tode Herzog Friedrichs 11. erfolgte, trat dieser Prozeß in eine neue Phase. Als nämlich 1254 das babenbergische Erbe zwischen König BHa IV. von Ungarn und dem Böhmenkönig Ottokar 11. Pfzemysl geteilt wurde, fiel das nördlich der Wasserscheide zwischen Mur und Donau gelegene Gebiet an den böhmischen König. Damit war das Land zwischen Enns und Hausruck von der Steiermark getrennt und stärker auf seine Verbindung mit dem Herzogtum Österreich angewiesen als zuvor. König Ottokar bestellte dafür auch sogleich den Witigonen Wok von Rosenberg zum obersten Richter. 1256 wird ein oberstes Landgericht in Linz erwähnt, dessen Vorsitz er führte und in dem er Rechtsfragen verhandelte, die sowohl von Laien als auch von Klerikern vor ihn gebracht wurden. Kurze Zeit darnach,im Jahre 1264, hat das ihm unterstehende Gebiet auch bereits einen Namen erhalten: Austria superior, Oberösterreich. Der damalige oberste Landrichter, Konrad von Sumerau, sprach in einem ebenfalls zu Linz gehaltenen Ge richtstag dem Kloster Garsten einen Gutshof zu. Jetzt hatte das Land seine Gestalt gewonnen: es besaß einen eigenen Namen, seine Bewohner suchten vor einem obersten Land gericht ihr Recht und diesem saß ein Landrichter als Vertreter des Landesherren vor. Sein Nachfolger, der Marschall von Böhmen Burkhard von Klingenberg, nannte sich 1275 Haupt mann von Enns (capitaneus Anesi) und 1276 Hauptmann von Oberösterreich (capitaneus Austrie superioris). Dieser Titel dürfte auf ein Vorbild weisen, das dem Böhmen könig bei der administrativen Einteilung seiner neu gewonne nen Länder vor Augen gestanden haben mag. Um das zu verstehen, ist es nötig, abermals etwas weiter auszuholen. Im Laufe des 12. Jahrhunderts bildete sich in dem von Nor mannen beherrschten Süditalien und Sizilien eine neue Form der Staatlichkeit heraus, die sich von den übrigen feudalen Herrschaftsverbänden des Abendlandes unterschied. Den ger manischen Eroberern dieser Gebiete, in denen sich noch aus der Zeit der byzantinischen und arabischen Herrschaft, die vorausgingen, Reste einer funktionierenden Administration erhalten hatten, war es gelungen, eine starke monarchische Herrschaft aufzubauen. Dazu schufen sie eine von oben her durchorganisierte Rechtspflege, mit der sie die Gerichtsbarkeit der großen Barone, wie sie überall in Europa aus autochthoner Wurzel entstanden war, einzuschränken versuchten. Diese normannisch-sizilische Beamtenregierung übertrug dann der Stauferkaiser Friedrich 11. seit 1236 und besonders nach 1239 auf ganz Italien, als er sein Herrschaftsgebiet in Amts sprengel teilte und sie Generalvikaren und Generalkapitänen unterstellte. Eine solche straff organisierte Regierungsform suchte er nach 1246, als er die ehemals babenbergischen Länder in seiner Hand behalten wollte, auch in Osterreich und der Steiermark einzuführen. So ahmte er 1248 bei der Ernennung des Grafen Meinhard von Görz zum General kapitän der Steiermark die Einsetzung seiner Generalvikare in Oberitalien nach. Ein gelehriger Schüler des großen Staufen kaisers war nun zweifellos König Ottokar 11. von Böhmen. Nicht nur das System der delegierten Richter entlehnte er dem Vorbild der Papstkanzlei und der Regierungspraxis Fried richs 11., sondern auch die vier Landrichter, die er 1254 ein setzte und von denen je zwei nördlich und südlich der Donau amtierten, mögen den normannischen Justitiaren oder den englischen Reiserichtern, ebenfalls einer normannischen Einrichtung, nachgebildet sein. Sie alle hatten den Zweck, die Jurisdiktion der adeligen Herren zu umgehen und eine direkte königliche Rechtspflege zu gewährleisten. So liegt die Ver mutung nicht ferne, daß auch der im Lande ob der Enns residierende capitaneus dem Modell der gleichnamigen staufi schen Beamten folgte. Die organisatorische Ausformung un seres Landes wäre somit eine Verbindung der adeligen Landes gemeinde, die im Gericht zu gemeinsamem Handeln zusam mentritt und einen deutschrechtlich-genossenschaftlichen Ur sprung besitzt, mit dem klarer geordneten und organisatorisch straffer aufgebauten spätstaufischen Beamtenstaat gewesen. Allerdings war mit den organisatorischen Maßnahmen König Ottokars im großen und ganzen erst der Rahmen abgesteckt, den die künftige Entwicklung mit Leben erfüllen sollte. Eine Eigenheit dieser Frühzeit unseres Eandes stellte es dar, daß sowohl sein Landrichter als auch der herzogliche Schreiber zu Enns, der ihm für die Verwaltung der landesfürstlichen Domänen zur Seite stand, westlich und östlich der Enns tätig waren. Dazu paßt, daß man in der zweiten Hälfte des 13. und noch zu Beginn des 14. Jahrhunderts den Begriff Oberöster reich (Austria superior) für Ortschaften anwendete, die zwi schen der Enns und Ybbs lagen. Erst im 15. Jahrhundert dürfte sich die Grenze gegenüber dem heutigen Niederöster reich endgültig an der Enns etabliert haben. Neuerdings manifestierte sich das Land ob der Enns im Jahre 1299 als eine rechtliche Einheit, als der deutsche König Albrecht L, der Sohn Rudolfs von Habsburg, eine von Rechtskundigen gefundene Ordnung des Gerichts ob der Enns
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