Otto I., trat eine neue verfassungsgeschichtliche Größe neben diese Stammesherzogtümer: die Reichskirche. Die Bischöfe erhielten für ihre Besitzungen staatliche Rechte übertragen und seit dem Ende des 10. Jahrhunderts wurden sie zu Herren ganzer Grafschaften bestellt. Da ihre Einsetzung meist vom Willen des Königs abhing und dieser auch eine Reihe von Leistungen aus seiner Kirche zog, wurde sie zu einer der wichtigsten Stützen seiner Herrschaft, die mithalf, die Ge meinschaft der Stammesherzogtümer zusammenzuhalten. Frei lich konnte ein derart gestalteter Staatsaufbau nur so lange Bestand haben, als der König durch seine Salbung und Weihe, die man als Sakrament empfand, auch eine priesterähnliche Stellung einnahm: den Gesalbten des Herren, der teilhatte am bischöflichen Ministerium und als Mittler zwischen Klerus und Volk fungierte, nannte ihn ein Krönungsordo. Der äußere Ausdruck dieses mit priesterlichen Zügen ausgestatte ten Amtes war die Investitur der Bischöfe, die der König seit der Mitte des 11. Jahrhunderts mit Ring und Stab, also rein kirchlichen Symbolen, vornahm. Als die Kirche unter Papst Gregor VII. im Investiturstreit dieses königliche Recht angriff, wurden damit auch die Grundlagen der Verfassung des deut schen Reiches schwer erschüttert. Nach einem fast 50jährigen Ringen fand man 1122 im Wormser Konkordat eine zumin dest vorläufige Lösung: Das kirchliche Amt wurde von den weltlichen Pertinenzen getrennt. Jenes erhielten die Bischöfe mittels der Wahl durch Klerus und Volk und durch die Weihe, diese, nunmehr Regalien genannt, verlieh ihnen der König. Die Bischöfe und Reichsäbte begannen nun, die neu errungene Freiheit, die ihre Einsetzung und ihr Gut der unmittelbaren Verfügung des Herrschers entzogen hatte, zu nutzen. So bauten sie ihre weltlichen Herrschaftsgebiete, die sie als königliche Lehen innehatten, zu Ländern im neuen Sinne aus. Bezeichnenderweise trifft man den Begriff, der für sie üblich wurde (terra oder provincia), zuerst in diesen geistlichen Territorien. Das Kennzeichen der neuen Länder, die sich bald auch, wie gleich zu zeigen sein wird, im weltlichen Bereich bilden sollten, .war eine verstärkte Herrschaft ihres Herren, der sich nun auch Landesherr (dominus terrae) nannte, inner halb seines Gebietes. Sei es, daß er dieses erst durch ver schiedene Erwerbungen zu einer Einheit formte, sei es, daß es in seiner Konfiguration bereits vorhanden war: Immer gelang es dem Landesherren, durch die Erwerbung adeligen Gutes, die Rodung bisher unkultivierten Landes, die Einsetzung seiner Dienstmannen an politisch und militärisch wichtigen Stellen, die Anlage von Städten, die ihm gehörten, und durch den Aufbau einer Zentralverwaltung seine Macht zu ver dichten und auszubauen. Dabei wandelte sich der frühmittelalterlich-aristokratische Personenverbandsstaat, der im wesentlichen auf den persönlichen Beziehungen des Herr schers zu seinen Vasallen beruht hatte, in den institutionellen Flächenstaat des Spätmittelalters um, in dem die auf be stimmten Gerechtsamen und administrativen Einrichtungen beruhende Herrschaft über flächenhaft abgrenzbare Gebiete die persönlichen Bindungen innerhalb der noch immer durch die Adelsherrschaft bestimmten Gesellschaft zurückzudrängen begann. Diesen Prozeß machten die alten Stammesherzogtümer in ihrer ursprünglichen Ausdehnung nicht mit. Ja, es scheint das Konzept des großen Staufenkaisers Friedrich 1. Barbarossa (1152—1190) gewesen zu sein, diese alten Einheiten auf zulösen, dafür Länder neuen Stils, wie sie eben gekennzeichnet wurden, zu schaffen und sie durch das Lehensrecht direkt der Krone zu unterstellen. Vielleicht dachte er daran, sie bei Aussterben ihrer Herrscherfamilien durch den Lehensheim fall dem Reichsgut einverleiben zu können. In Verfolgung dieses Konzepts löste Friedrich Barbarossa jedenfalls 1156 die Mark Österreich, die ihre westliche Grenze an der Enns fand, vom bayerischen Stammesherzogtum los und erhob sie zu einem eigenen Herzogtum. Der neue Herzog Heinrich II. aus dem Hause der Babenberger und seine Familie erhielten eine Reihe neuer und bis dahin ungewohn ter Rechte, die z. T. auch der Festigung der inneren Herr schaft dienten. Damals mag auch seine Gerichtsbarkeit von der Enns bis zum Hausruck ausgedehnt worden sein, wodurch also das spätere Land ob der Enns zumindest de iure seiner Landesherrschaft unterstellt worden wäre. Allerdings unter liegt diese Nachricht starken Zweifeln: sie wird uns erst in einer 1178—1180 verfaßten Melker Chronik und dann wieder in einem Geschichtswerk überliefert, das in den Jahren 1270 bis 1275 im bayerischen Kloster Niederaltaich entstand. Außerdem hat 1176 der bayerische Herzog Heinrich der Löwe in Enns Gericht gehalten, also landesherrliche Funk tionen ausgeübt. Deshalb meinte man in letzter Zeit, die er wähnten chronikalischen Nachrichten seien aus bestimmten Gründen auf das Gebiet der Grafen von Rebgau (südlich von Vöcklabruck) zu beziehen, die zirka 1187—1188 ausstarben und deren Eigentum an die Babenberger fiel. Die 1178 bis 1180 überlieferte Nachricht über den 1156 stattgefundenen Gebietserwerb würde demnach bedeuten, daß damals dem neuen Herzogsgeschlecht die Anwartschaft auf dieses Erbe zugebilligt wurde (K. Lechner). Wie dem auch sein mag, fraglich bleibt, was im Jahre der Erhebung Österreichs zum Herzogtum mit dem Lande ob der Enns geschah. Einen großen Teil der Macht übten hier jeden falls in den kommenden Jahren die steirischen Markgrafen aus, die sich nach ihrem Stammsitz Steyr, der heutigen Stadt, nannten und diese Bezeichnung auf die ihnen unterstehende Kärntnermark, die spätere Steiermark, übertragen haben. Sie besaßen im heutigen Oberösterreich die Herrschaft Steyr, das Ischelland und in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts auch die Stadt Enns. Dazu übten sie über die Klöster Garsten, Kremsmünster, Lambach und Traunkirchen sowie über die um Wels liegenden Güter des Bistums Würzburg eine Schutz herrschaft (Vogtei) aus, die ihnen das Recht auf gewisse Ab gaben und Gerichtsgefälle sicherte. Ihre Dienstmannen saßen verstreut bis zum Hausruck und sind auch nördlich der Donau nachzuweisen. Als Kaiser Friedrich 1. Barbarossa 1180 die Macht Heinrichs des Löwen, des sächsischen und bayeri schen Herzogs, zerschlug, da löste er im Zuge seiner schon gekennzeichneten Politik der Verkleinerung der Stammes herzogtümer die steirische Mark aus der Lehensabhängigkeit vom Herzogtum Bayern und erhob sie zu einem Herzogtum. Zu dem Lande des steirischen Herzogs, der terra ducis Stirensis, wie es eine Kaiserurkunde von 1184 nennt, zählten Besitzungen um Wels, Kirchdorf und Bad Hall. Sie wurden als in Österreich (Austria) gelegen bezeichnet, ein Ausdruck, der bereits um 1160 auf die Gegend von Kirchdorf im Krems tal angewendet worden ist, ohne daß man aus ihm auf eine staatsrechtliche Zugehörigkeit des damit bezeichneten Land strichs zu Österreich schließen dürfte. Das änderte sich allerdings, als 1186 der letzte der steirischen Markgrafen und Herzöge, Otakar, auf dem Georgenberg bei Enns den österreichischen Herzog Leopold V. für den Fall seines kinderlosen Todes, der wegen seiner Krankheit bereits vorauszusehen war, als Erben seines Eigengutes, seiner Dienstmannen und seiner Kirchenvogteien einsetzte und somit zum Nachfolger im Herzogtum Steiermark designierte. Als 1192 dieser Erbfall eintrat, fielen auch die erwähnten steiri schen Besitzungen zwischen Enns und Hausruck an die Babenberger. Nun konnten sie dort ihre Stellung ausbauen, ohne sich um den bayerischen Herzog weiter zu kümmern. So kaufte Herzog Leopold VI. 1210 von den Herren von HaunsMiniatur aus dem Baumgartenberger Urbar um 1335 mit Darstel lung der Sterbeszene Ottos v. Machland. Der Ritter am rechten Bildrand trägt den Wappenschild der Machländer, der im späten 14. Jahrhundert zum Vorbild für das Landeswappen wurde.
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