Oberösterreich, 18. Jahrgang, Heft 1, 1968

■ f c im 1 m W.I I" Die Entdeckung der Frühdatierung der Altäre in St. Georgen a. d. Mattig, die Waltrude Oberwalder 1956 veröffentlichte-, gab allerdings auch einige Rätsel auf. Es blieb zunächst unver ständlich, wie sich der Stil der Brüder Martin und Michael Zürn seit der Errichtung des 1642 datierten Braunauer Hoch altares in wenigen Jahren so einschneidend wandeln konnte und wie es zu erklären sei, daß dieselben Meister noch Jahre später Werke geschaffen haben, die wesentlich weniger barock erscheinen als die Altäre in St. Georgen a. d. Mattig. Man denke zum Beispiel an die Gruppe des hl. Martin mit dem Bettler aus Kapellen bei Aspach, die sich heute in der Pfarr kirche in Ried befindet und durch Urkunden 1656/58 zu datieren ist, oder an den Katharinen-Altar im Münster zu Braunau, dessen Bekrönungsfigur des hl. Florian von den Zürn signiert und 1663 datiert ist. Die Lösung des Rätsels gelang dem Autor dieses Aufsatzes dadurch, daß er davon ausging, daß wir es bei Martin und Michael Zürn mit zwei deutlich unterscheidbaren Künstlerpersönlichkeiten zu tun haben und daß also hypothetisch der eine von beiden der Vertreter des strengeren Stiles von Braunau, Kapellen usw., der andere der Schöpfer der bewegteren Figuren in St. Georgen a. d. Mattig sein könnte. Durch jahrelange Forschungen, die in Kürze in einem Buch veröffentlicht werden sollen, gelang es, diese Hypothese zu beweisen und die beiden Meister ein deutig zu identifizieren^. Franz Martin publizierte 1947 Braun auer Urkundenfunde, aus denen hervorgeht, daß Martin Zürn seit 1643 in Braunau ansässig war"*. Demnach kommt er in erster Linie für den größeren Teil der in Oberösterreich erhaltenen Werke der Zürn, die den strengeren, nicht-barocken Stil zeigen, in Frage, während für seinen Bruder Michael Burgkirchen, Pfarrkirche St. Maximilian, Hochaltar, um 1645/50, Martin Zürn zugeschrieben. — Foto: Hermann Heßler, Frankfurt am Main. Zürn die bewegten, barocken Skulpturen in Anspruch zu neh men sind. Von diesem Ausgangspunkte her ließ sich der ver schiedene Stil der beiden Meister bis in ihr Frühwerk im zweiten Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts in Oberschwaben verfolgen und durch urkundlich gesicherte Zusammenhänge mit den beiden Namen verbinden. Eine letzte Bestätigung ergab ein erst vor kurzem in der Schweiz gemachter Urkunden fund, wonach Michael Zürn 1650/51 in Appenzell einen Altar geschnitzt hat. Dadurch ist erklärt, warum wir von ihm, dem Meister von St. Georgen a. d. Mattig, in Oberösterreich keine Werke besitzen, die nach 1649 entstanden sind. Die Forschungen der letzten Jahre haben darüber hinaus eine ganze Reihe von Einzelheiten zutage gefördert, die hier zu berichten zu weit führen würde. Es sei nur darauf hinge wiesen, daß, dem damaligen Brauch entsprechend, die Auf träge jeweils nur an den ansässigen Meister, den Inhaber einer Werkstatt, gingen, in unserem Falle also immer an Martin Zürn in Braunau, nicht an seinen Bruder Michael, der nicht verheiratet, nicht ansässig, also auch nicht Meister war. So müssen auch die Altäre in St. Georgen a. d. Mattig ein Werk der Werkstatt Martin Zürns gewesen sein, nur daß der vom Meister offenbar beauftragte Bruder Michael wesentliche Teile daran verfertigte. Wir können auch die Hand anderer Mit arbeiter Martin Zürns daran erkennen. St. Georgen a. d. Mattig ist eine kleine Filialkirche der Ge meinde Burgkirchen. Dort steht ein Hochaltar, der seinem Stil nach etwa gleichzeitig mit den Altären in St. Georgen entstanden sein muß und ebenfalls den Stil der Zürn zeigt. Urkundliche Belege gibt es weder für den Hochaltar in Burg kirchen noch für die Altäre in St. Georgen. Nach allem, was in den letzten Jahren gefunden wurde, und nach unserer Kenntnis der Werkstattverhältnisse in Braunau können wir aber annehmen, daß die Ausstattung beider Kirchen, der Hauptkirche und der Filialkirche, damals der Werkstatt Martin Zürns in Auftrag gegeben worden ist. Der Burgkirchener Altar wurde indessen bisher wenig beachtet. Das liegt unter anderem daran, daß seine Figuren sehr stark übermalt waren und sich daher der stilistischen und künstlerischen Beurtei lung weitgehend entzogen. Pfarrer Johann Hofbauer ist es zu verdanken, daß dieser Altar vor einigen Jahren unter Auf sicht des Denkmalamtes in Linz durch den Restaurator Fritz Thaler gründlich restauriert und von den störenden Über malungen befreit worden ist. Er steht jetzt wieder in einer der ursprünglichen Erscheinung adäquaten Form vor uns. Die alte farbige Fassung wurde im wesentlichen freigelegt und sach gemäß retouschiert. Dadurch treten Stil und Qualität des Werkes wieder klar zutage. Wir können einwandfrei erken nen, daß die Figuren eigenhändige Arbeiten von Martin Zürn sind, die seinen besten Werken ebenbürtig zur Seite stehen. In diesem Zusammenhang ist eine weitere Beobachtung be achtlich. Meist denken wir, ein solches Altarwerk oder auch die Ausstattung einer ganzen Kirche mit Altären sei einer Werkstatt insgesamt in Auftrag gegeben worden. Es gab damals aber in der Regel eine strenge Arbeitsteilung, die auch durch Zunftgesetze legitimiert war. So waren normalerweise an einem Altarbau wenigstens drei Handwerksstätten beteiligt, eine Tischlerwerkstatt, eine Bildhauerwerkstatt und eine Malerwerkstatt für die farbige Fassung. Er erscheint so gut wie ausgeschlossen, daß der Altar in Burgkirchen und die drei Altäre in der Filialkirche St. Georgen von der gleichen Tischlerwerkstatt hergestellt worden sind". Eine bei der Restaurierung gefundene, jetzt wieder verdeckte Inschrift am Hochaltar in St. Georgen a. d. Mattig besagt, daß die dortige Tischlerwerkstatt in Braunau ansässig war. Für den Burg kirchener Altar können wir auf Grund seines architektonischen

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