Oberösterreich, 18. Jahrgang, Heft 1, 1968

Antlangkirchen, Filialkirche St. Jakob, Figur des hl. Rochus von der Orgelempore. Typisches Beispiel ländlicher Schnitzkunst. von Christi Himmelfahrt. In ganz Oberösterreich war die theatralische Vorstellung der Auffahrt Christi in den Himmel bis zu ihrem Verbot unter Kaiser Josef II. (das nur vereinzelt eingehalten wurde) an diesem Festtag das wichtigste Ereignis. Auch für Linz ist dieser Brauch bezeugt. Nachdem man die mit Blumen geschmückte Figur durch das „Heiligen-GeistLoch" in den Kirchendachboden gezogen hatte, kamen aus eben diesem Loch im Kirchengewölbe „Heiligenbilder, Blu men, die man als Wettersegen brauchte, und Lebzelten her abgeflogen, um die sich meist die liebe Jugend herumbalgte". In ähnlich anschaulicher Weise wurde in einer Vorstadtkirche von Linz „Die Angst Christi am ölberg" mimisch-mechanisch dargestellt. Hier war es eine Marionette, die Christus dar stellte und Haupt, Arme und Füße bewegen konnte. Zuletzt fiel sie auf das Angesicht. Die josephinische Aufklärung setzte dieser „Fall-Andacht" ein Ende. Am 24. Mai war das Fest „Maria-Hilf", das nicht nur in den zahlreichen Wallfahrtsorten, die ihr Bildnis verehrten, mit feierlichem Gottesdienst, Wallfahrt und Segenandacht be gangen wurde. Dann, wie könnte es anders sein, schließt der Marienmonat Mai auch noch mit einem Marienfest, dem Fest Maria Krönung, dessen Mysterium u. a. auch in zahlreichen Dar stellungen der barocken Volkskunst ihren Niederschlag ge funden hat. Nur das Beispiel eines einzigen Monats und eine solche Fülle festlicher Ereignisse und so willkommene Anlässe zu lust voller Ausgestaltung und Ausschmückung! Auch aus dem Ritual des menschlichen Lehens in seinem Ablauf von der Gehurt bis zum Tode sei nur mit einem einzigen Motiv die Fülle barocker Erfindungskraft belegt. Gemeint sind die bei Taufe, Hochzeit und Beerdigung agie renden Chargen, deren Vielfalt in etwa der barocken Dar bietungslust entspricht. Die wichtigsten Personen — heute längst zu formalen Sche men verblaßt — waren für den ins Leben Tretenden der Göd oder die Goden. Man nannte sie in der Mehrzahl Gevatter. Um sie für dieses Ehrenamt zu gewinnen, schickte man den Großen Knecht oder die Große Dirn „ins Gevatterbitten". Der „Gvatterbitter" trug als Zeichen seiner Würde den „Taf- und Hazatstecka mit an Knopf". Im Oberösterreichi schen Landesmuseum sind mehrere solcher „Tafstecka" auf bewahrt. Für sein wichtiges Ehrenamt wurde der Gvatter bitter mit „Gar im Schmalz" oder einem „Oarschedl" (= Eierspeise) belohnt. Es war das Köstlichste, das im Bauernhaus angeboten werden konnte. Bei der Geburt half das „wilde Weib", auch „Höfang", die Hebamme. Sie trug in der Regel auch das „Wutzerl" zur Taufe oder hielt es im „Wagl" am Arm. Die Kindesmutter mußte bis zum „Füra"- oder „Niedersegna" zu Hause bleiben und durfte nicht ein mal vor die Dachtraufe treten. Das „Niedersegnen" der Wöchnerin mit Weihwasser be sorgte täglich die „Abwarterin". Beim Taufgang mußte sich der Göd vorsehen, daß nicht die Taufkerze gestohlen oder die Laterne ausgeblasen wurde. Das kostete Geld und bedeutete Unheil, wenn es nicht gut gemacht wurde. Es gab viele Chargen bei der Taufe, nur eine wird nicht oder kaum er wähnt, der Vater. Dagegen durften Priester, Mesner und Schulmeister beim „Kindlmahl" nicht fehlen. Bei der Hochzeit ging es noch höher her. Die entsprechende Rolle zum Gevatterbitter hatte der „Prograda" (Prokurator), „Bidlmann", „Schaffer", „Redmann" oder „Ladmann" ge nannte „Hochzeitsbitter" zu übernehmen. Das „wilde Weib" trat als „schen's Weib" in Erscheinung. Es hatte die Braut zu beraten und sie auf ihren neuen Stand vorzubereiten. Weni ger schön, aber deutlicher wurde es auch als „Schluderweib" oder „Altfrau" bezeichnet. Auch ein „schener Mann" trat gelegentlich in der Rolle des „Zubräutigams" auf, der sich

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