Oberösterreich, 18. Jahrgang, Heft 1, 1968

m Gott Vater und Sohn vom Altar der Bründl-Kapelle in Andrichsfurt von Franz Schwanthaler (um 1740). — Foto: Mader. der beiden Porträts läßt sich schließen, daß er doch in der Werkstatt seines jüngeren Bruders Franz in Ried eine Zeit lang mitgearbeitet hat. Mit diesem (Johann) Franz, der 1710 die väterliche Werkstatt übernimmt und der Stammvater aller folgenden Schwanthaler-Bildhauer wird, tritt ein deutlicher Stilwandel zu einer Vereinfachung der Formen,fast im Geist klassizistischer Ruhe, ein. Hier könnte man am ehesten eine auswärtige oder aus ländische Gesellenzeit ansetzen. Er ist daher mit seinen Arbei ten von denen seines Vaters unschwer abzugrenzen. Für seine Beurteilung ist von urkundlich gesicherten Arbeiten wie für St. Thomas bei Ried (1719, jetzt Privatbesitz) und für Lohns burg (1726) auszugehen. Seine schönsten Arbeiten sind wohl der Marien-Altar von Pram und der Gnadenstuhl von Pet ting bei Andrichsfurt. Seinen Altersstil bezeugt der Hoch altar von Lengau (1755). Um diese Zeit beginnt in den archivalischen Nachrichten die Verwirrung und die Verwechslung mit seinem ältesten Sohn Franz Matthias, der zunächst in Aurolzmünster wohnte, dann in Ried eine zweite Schwanthaler-Werkstätte aufrichtete. Er tritt wiederholt in den Kir chenrechnungen (Hohenzell, Aspach) als Franz (ohne Mat thias) auf. Während der Zweitälteste Sohn des Franz, Diony sius, in eine Passauer Bildhauerwerkstätte einheiratete und der drittälteste Johann Peter die Rieder Stammwerkstätte 1759 noch bei Lebzeiten des Vaters übernahm, arbeitete der vierte Johann Ferdinand zunächst auch in Ried (also in einer dritten Werkstätte), dann in Waldzell und macht die Ver wirrung in der genauen Zuweisung der aus der zweiten Jahrhunderthälfte stammenden, unverkennbar Schwanthalerischen Arbeiten vollständig. Dabei ist auch die Abgrenzung bei Johann Peter(dem Älteren) gegenüber seinem Vater schwierig, weil hier sichtlich die Werkstattnachfolge von lebender zu lebender Hand erfolgte. So wird vieles „aus stilistischen Gründen" dem Vater zu geschrieben, was aus Vergleichsmotiven doch schon dem Sohn zu gehören scheint, etwa die Kleinreliefs aus dem Leben Johannes des Täufers in Andorf, die im Rieder Heimathaus Parallelen haben, und die in mindestens fünf freiplastischen und Relief-Varianten bekannten kleinformatigen „Beweinun gen Christi" mit der Idee, daß (wie beim Thomas Schwanthalerischen ölberg Christus) Maria in ihrem Schmerz von einem Engel gestützt und getröstet wird und kleine Engel die Wunden Christi pflegen. Wenn wir damit schon dem Rokoko nahegekommen sind, so gehören eindeutig die ebenfalls mehr fach vorhandenen Hirtenkrippenreliefs dem Johann Peter zu, denn sie sind genau wie die mit „JPS" signierte und 1792 datierte bürgerliche Hauskrippe des Rieder Museums kom poniert. Und ebenso eindeutig geht es von da hinüber zum siebenteiligen Krippenwerk von Pram, das vor kurzem eben falls in einer Bildmappe zugänglich gemacht worden ist. (Bauböck-Mader, Das Schwanthaler-Krippenwerk von Pram, Oö. Landesverlag Ried.) Die Pramer Krippe ist auch wirklich ein zweiter Höhepunkt nach dem Rieder ölberg, ein Höhe punkt vor allem der Schwanthalerischen Schnitzkunst, denn es verrät eine unglaubliche Sicherheit des Schnitzmessers, wie z. B. die wahrscheinlich sogar porträtgetreue Physiognomie eines der Musikanten zur Hochzeit von Kana mit wenigen Ker ben sitzt. Da war nicht einmal mehr eine Vorzeichnung not wendig, obwohl auch von späteren Schwanthalern noch Zeich nungen im Münchner Bestand erhalten sind. Ein genaues, aber rund hundert Jahre jüngeres Gegenstück zum Thomas Schwanthalerischen Altarmodell (oder Hausaltärchen) von 1673 befindet sich jetzt im Schnütgen-Museum in Köln. Hiezu können wir im Linzer Schloßmuseum die überlebensgroße Ausführung der Mittelgruppe Maria und Johannes (unterm Kreuz) in einer gegenüber dem Modell etwas beruhigten Formung finden. Auch dieses regelrechte Altarmodell (mit Tabernakel und Speisebank) befand sich bis in die ersten Jahrzehnte unseres Jahrhunderts als Hausaltärchen in Rieder Privatbesitz und wurde bei Fronleichnamsprozessionen ins Fenster gestellt. Es läßt sich durch die genaue Übereinstim mung der zwei rechten Assistenzfiguren mit Figuren aus dem Pramer Krippenwerk auf Johann Peter d. Ä. festlegen. Ein drittes Stück, diesmal wohl wirklich ein Hausaltärchen, mit einer um Johannes und Magdalena erweiterten Beweinungsgruppe verwahrt das Passauer Oberhausmuseum. — Die letzte Verkleinerung, die über diese winzigen Modellplastiken hinaus immer noch möglich ist, zeigen zwei nur etwa 10 cm hohe Figurengruppen „Flucht nach Ägypten" (nach der Pra mer Krippe) und „Marienkrönung" in Innviertier Privat besitz. Man kann sich kaum vorstellen, welch feine Instru mente zur Ausarbeitung dieser fast mikroskopischen Gebilde nötig gewesen sein mochten. Die Großfiguren Johann Peter des Älteren (Musterbeispiele Pietä 1785 und Mutter Änna 1784 in Ried, Maria mit Kind in Reichersberg 1784 und auch die oben erwähnte Gruppe Maria und Johannes im Schloßmuseum) zeigen fast kubistisch gegeneinander abgesetzte Flächen mit scharfkantigen Graten dazwischen, ein Stil, der sich auf Kleinplastiken kaum an wenden läßt. H. Decker spricht von einer „Rückbildung des barocken Formenreichtums zu manieristischer Formstarrheit".

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