Oberösterreich, 18. Jahrgang, Heft 1, 1968

Links; Zeichnungen aus dem Imster Skizzenbuch von Thomas Schwanthaler: Petrus am ölberg,Bartholomäus,David und Goliath, Jesuskind und Johannes (signiert). — Foto: Josef Lobmayr. Rechts: Altarmodell von Thomas Schwanthaler 1673. — Bildarchiv der Öst. Nationalbank. Weg, auf dem die Schwanthalerischen Blätter nach Tirol ge langt sind, konnte ich nachweisen („Thomas Schwanthaler als Zeichner",im Jahrbuch der Innviertier Künstlergilde 1964/65): 1671 wird ein Andreas Damasch (Thamasch) als Geselle bei Thomas Schwanthaler genannt, der, aus See im Paznauntal gebürtig (1637), nachmals Stiftsbildhauer in Stams in Tirol war und dort bedeutende Arbeiten hinterlassen hat. Sein Hauptwerk ist der riesige Hochaltar der Stiftskirche in Kais heim bei Donauwörth. Andreas Damasch läßt sich mit Mein rad Guggenbichler in Parallele setzen. Sein Werk trägt die selben Züge der Verfeinerung und Verzärtelung, des Raffine ments gegenüber dem kraftvollen Ausdruck Thomas Schwanthalers. Sein Schüler war der Oberinntaler Andreas Kölle (1681—1735), dessen Signum „AK" einzelne andere Zeich nungen tragen, die sich jedoch durch schwächere Qualität deutlich absondern. Die Schwanthalerischen Blätter hat jeden falls Andreas Damasch bei seinem Abgang von Ried mit bekommen oder mitgenommen und von ihm oder nach ihm hat sie Kölle erhalten. Ein eigener Anteil Damaschs an den etwa 150 Blättern läßt sich mit Signatur nicht feststellen. Nur eine etwas hart gezeichnete Engelputto-Studie trägt so etwas wie ein sehr undeutliches Monogramm „AD" unter der Notiz „1667 den Anfang got geh gnad darzu", eine Be schriftung, die aber ebensogut auf Thomas Schwanthaler ge deutet werden könnte. Besonders interessiert auch die Be schriftung auf einem TS-signierten Blatt „Davidt von Eber schwang" (Abbildung bei Aurenhammer), der dort leider nicht mehr erhalten ist. Einen Einblick in die Arbeitsweise Thomas Schwanthalers gibt eine Erstskizze für einen heiligen Georg mit Strichen von unerhörter Sicherheit und Dynamik (Abbildung bei Aurenhammer), oder die Skizze zu einem schlafenden Petrus am ölberg, die mit der Rieder ölberggruppe Verwandtschaft zeigt. Sonst sind hervorzuheben Serien von Apostel-, Evangelisten- und Heiligenfiguren, aber auch einige weltliche Inhalte, wie die vier Jahreszeiten in bäuerlichen Sinnbildfiguren, reizvolle Kinderstudien für seine Engelputten, auch antik-mythologische Gestalten wie Dido oder Lukretia. Eine „Justitia" ist außerhalb des Imster Skizzen buches aus dem Münchner Stadtmuseum bekannt geworden (P. Halm, Münchner Jahrbuch der bildenden Kunst, 1950). Aber auch im Besitz der letzten Münchner SchwanthalerNachkommen befindet sich noch eine Reihe von Zeichnungen unverkennbar von der Hand Thomas Schwanthalers, die offenkundig aus der Rieder Generation in die Münchner ver erbt wurden. Im Vergleich mit ihnen können gerade die intelligentesten und tonigsten der Imster Blätter, deren Zuschreibung bisher offen gehalten wurde, unbedenklich Tho mas Schwanthaler zuerkannt werden. Die Imster und Münchner Zeichnungen bestätigen jeden falls die Angabe des Wappenbriefes von 1679, in dem der Inhaber auch als „Zeichner und Inventur" gerühmt wird, in einem überraschend hohen Maße. Einige von ihnen, darunter ein Sepiablatt, zeigen die Charakteristika von Entwürfen für Altarblätter. Sollte die Angabe des Wappenbriefes, daß er auch Maler sei, sich ebenfalls bestätigen, obwohl bisher kein einziges gemaltes Altarblatt von ihm festgestellt werden konnte? Oder sind sie Vorzeichnungen für Holzreliefs, wofür ebenso kein ausgeführtes Beispiel nachzuweisen ist? Eine besondere Köstlichkeit von Thomas Schwanthaler ist das 1673 datierte „Hausaltärchen" (heute unbekannten Aufent haltes!). Ist es wirklich ein solches, wie es seiner Einsetzung in einen Glaskasten entspricht, oder nicht vielmehr ein Altar modell, an Stelle einer gezeichneten „Visier" für den Auf traggeber bis in die letzten Zieraten aufs feinste durch geschnitzt? Gezeichnete Visiere sind von Thomas Schwan thaler eigentümlicherweise bisher nicht aufgefunden worden. Dieses Altarmodell, als solches aufgefaßt, würde uns der Klärung näher bringen, wieweit der Entwurf des Altarauf baues, die „Architektur", dem Bildhauer oder dem Altar schreiner zugehört. Hier müßte die Frage zugunsten des Bild hauers entschieden werden. Im übrigen geht das Mittelbild des Modells mit der noch erhaltenen Marienfigur des ehe maligen Hochaltars von Pischelsdorf (einem „Nachfolger des Thomas Schwanthaler" um 1700 zugeschrieben) sehr nahe zusammen und ebenso mit je einer Zeichnung „Rosenkranz königin" aus dem Imster und Münchner Bestand. Eine nächste Frage lautet, wie es nach der bis etwa 1685 rei chenden Blüteperiode zu einem deutlichen Abfall kommen konnte, nicht in der Qualität der Arbeiten, sondern in der Beschäftigungslage, in der Versorgung des noch im besten Mannesalter stehenden Meisters mit Großaufträgen. Freilich wurde ihm der südliche Bereich zunehmend von Meinrad Guggenbichler abgeschnitten, es mag aber auch an einem gewissen Vertrauensverlust des temperamentvollen, immer streitsüchtiger werdenden Mannes gelegen sein. Zwar beginnen erst jetzt die Aufträge für Stift Reichersberg, das sich bisher an Veit Adam Vogl gehalten hatte (Hochaltar in Ort 1686, Mün-

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