Oberösterreich, 18. Jahrgang, Heft 1, 1968

|fS' Kopf eines hl. Sebastian von Thomas Schwanthaler. Josef Mader. Zeit auch auf die Altöttinger Schwaintaler übergegangen (allerdings mit langen Schwankungen); es muß also an genommen werden, daß zwischen den Rieder und Altöttinger Schwanthalern noch lebendige verwandtschaftliche Beziehun gen bestanden. Merkwürdigerweise wurde später sogar auch amtlich der Stammort Schwaintal in Schwantal umgetauft. Wenn es der Zweck des vorstehenden philologischen Exkurses ist, den Blick auf eine mögliche Abstammung der Schwan thaler aus dem Altöttinger Raum zu richten, so ist wohl die stärkste Klammer dorthin, daß Hans Schwanthaler seine Frau Katharina öberl aus eben diesem Raum geholt hat. Denn das als ihr Herkunftsort genannte „Troschburg" ist eindeu tig das Städtchen Trostberg a. d. Alz, wo auch später noch öberl und Eberl nachzuweisen sind und das nur vier bis fünf Gehstunden von Altötting entfernt ist. Nicht alle folgenden Probleme können in diesem Rahmen so ausführlich behandelt werden wie die Herkunftsfrage, die natürlich auch für den Kunstkreis, dem Hans Schwanthaler verpflichtet sein könnte, entscheidend ist. Von da fragt es sich weiter, wo Hans Schwanthaler die Bildhauerkunst er lernt hat. 1630 arbeitet ein mit Namen nicht genannter „Meister von ötting" für die Pfarrkirche in Eberschwang, die um diese Zeit einen neuen Hochaltar bekommt. Das könnte der Lehrherr Hans Schwanthalers gewesen sein, wenn dieser Meister von ötting nicht etwa schon Hans Schwanthaler selbst ist, der bei Gelegenheit der Eberschwanger Arbeit unsere Gegend kennengelernt hat und sich ein paar Jahre später, vielleicht wirklich auch von der Schwedengefahr ver trieben, in Ried niederließ. Damit verschiebt sich freilich die Frage, wo er seine Kunst gelernt hat, nur anderswohin. In einem späteren Konkurrenzstreit (1668) zwischen Thomas Schwanthaler und Veit Adam Vogl wird von Vogl angezwei felt, daß Hans Schwanthaler jemals einen Lehrbrief besessen hätte, und er verlangt, daß er seinen und seines Vaters Lehr brief vorweise. Wenn daraufhin von Thomas Schwanthaler der Prozeß abgebrochen wird, weil er offenbar die Lehrbriefe nicht vorweisen kann, so hat das nicht allzu viel zu bedeuten, denn die Verhältnisse in der Bildhauerkunst waren damals keineswegs zunftmäßig so genau geregelt wie bei den Hand werkern. Aber daß er sie nicht vorweisen konnte, damit sind wir wieder um eine sichere Kenntnis des Kunstkreises gebracht, aus dem Hans Schwanthaler und in weiterer Übertragung wohl auch Thomas Schwanthaler gekommen sind. Die Kunst Hans Schwanthalers, der gegen den in Ried ver bürgerten und hausgesessenen Ludwig Vogl (aus Weilheim in Oberbayern, auch er vermutlich ein Kriegsflüchtling) nur schwer aufkommen konnte, ist leider mit gesicherten Arbeiten kaum belegbar. Nach guter Überlieferung ist der im Rieder Heimathaus befindliche Grablegungs-Christus identisch mit der laut Kirchenrechnung 1641 von Hans Schwanthaler für Eitzing gearbeiteten Plastik. Er stellt ihm mit seinem durch gebildeten Körperstudium sofort das höchste Zeugnis aus und prägt auch bereits den für alle folgenden schwanthalerischen Ghristusköpfe gültigen Typus. Da außer dieser und einigen kleineren Arbeiten für Eitzing nichts von Hans Schwanthaler archivalisch bezeugt ist, müßte man eigentlich annehmen, daß er mit seiner Familie in Ried am Hungertuch genagt hat. Es stehen freilich in Ried und Llmgebung noch manche Figuren von Qualität, die in die Zeit von 1630 bis 1650 gehören, der Eitzinger Christus reicht jedoch nicht für ihre Zuschreibung an Hans Schwanthaler oder zu einer Ab grenzung von Ludwig Vogl und einigen anderen namentlich bekannten zeitgenössischen Bildhauern im Innviertel aus. Vom manieristischen Stil der Brüder Martin und Michael Zürn setzt er sich und setzen sich dann von vornherein auch die Arbeiten Thomas Schwanthalers scharf ab. Wenn oft gefragt wird, ob Thomas Schwanthaler in Italien gewesen sei und dort die neue Kunst kennengelernt habe, so blieben für einen solchen Italienaufenthalt oder überhaupt für eine Gesellenwanderzeit etwa die Jahre von 1650 bis 1656, denn längstens mit dem Tode des Vaters müßte er wohl nach Hause zurückgekehrt sein, um Mutter und Geschwister nicht ganz ohne ünterstützung zu lassen. Die Dinge um die Werk stattführung Hans Schwanthalers in Ried und dann die Über nahme durch - Thomas sind schwer zu erfassen, da weder Hans noch zunächst auch Thomas Hausbesitz in Ried hatten, sondern als „Inwohner" in einer „Bestandswohnung" arbei teten, so daß keine Besitzveränderungen oder Verlassen schaftsabhandlungen in den „Briefsprotokollen" zu beurkun den waren. Nirgends ist in den oft sehr selbstbewußten Prozeßäußerungen Thomas Schwanthalers eine Andeutung zu finden, daß er in Italien gewesen sei oder sonstwo auswärts Lehr- oder Gesellenjahre verbracht hätte. Im wesentlichen hat Thomas den für unsere Gegend eindeutig neuen Stil des rei nen Barocks nach väterlichen Anregungen doch wohl aus sich selbst heraus gefunden und aus etwas steifen Anfängen weiterentwickelt — zu einer bisher nicht dagewesenen Besee lung der Naturform bis hinein in die Gewandfalten. Für seinen um elf Jahre jüngeren Bruder Matthias, der 1677 in eine Kremser Werkstätte einheiratet, stellt sich die Frage einer italienischen Reise kaum; er hat sicher in der Werkstatt des Bruders gelernt und mitgearbeitet und auch als selb ständiger Meister in dessen Art weitergeschaffen, freilich, soweit seine wenigen in Krems erhaltenen Arbeiten erkennen lassen,ohne dessen Schwung. Für Thomas Schwanthaler begann etwa mit 1665 die hohe Schaffenszeit mit großen und vor allem auch auswärtigen Aufträgen, die ihn als den „Bildschnitzer von Ried" weit-

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