Oberösterreich, 18. Jahrgang, Heft 1, 1968

Abb.14 St. Florian, Entwurf vor 1686, Doberer 1956. Typus und Herkunft Die in St. Florian vorgeführte Trennung der klösterlichen Funktion von den profanen Repräsentationsansprüchen könnte auf den ersten Blick als ideale Lösung für ein Barockkloster erscheinen. In Wahrheit kann sie aber einem Grundprinzip barocken Archetikturdenkens nicht entsprechen: der axial symmetrischen und rythmischen Durchbildung der Gesamtanlage, in der ein empordrängendes Zentrum alle Nebenkörper möglichst entschieden unterordnet. In den beiden umfangreichsten Untersuchungen zur Typologie der barocken Klosteranlagen (Herrmann 1924, Kräusel 1953) wird St. Florian unter den Vertretern des „Schloßtypus" auf gezählt. Als deren wichtigste Kennzeichen gelten die Über nahme baulicher und dekorativer Motive aus dem noblen Profanbau und die künstlerische Akzentuierung der Kloster trakte vor der Klosterkirche, die durch ihre abseitige Lage wie nebensächlich behandelt wird. Weder Terminus noch Definition erscheinen besonders ge eignet, das Wesentliche der Anlageform von St. Florian zu bezeichnen. Ein „Schloßtypus" müßte über die allgemeine Stilentfaltung hinaus charakteristische Züge der schloßartigen Hof- und Gebäudeordnung übernehmen, wie dies in Reichers berg viel stärker der Fall ist. Die quer- oder tiefrechteckige Grundrißbildung mit mehreren Höfen und Flankenlage der Kirche stellt sich als Erweiterung des mittelalterlichen Klosterkernes dar. Seine Elemente waren die Stiftskirche und der anhängende Kreuzgang gewesen, um den sich frühzeitig eine beinahe normierte Abfolge der wichtigen Klosterräume entwickelt hatte. Wo es möglich war, griffen auch barocke Neubauten darauf zurück, versuchten aber — im Gegensatz zum Mittelalter — auch die weiteren Baulichkeiten möglichst geschlossen um Höfe zu gruppieren. Ein Vorteil war die Verwendungsmöglichkeit dieses Anlage schemas in Städten, wo es zur Bildung langer Straßen- oder Platzfronten beitrug. Für die besonders treffenden Beispiele an Jesuitenklöstern (München 1583, Prag-Altstadt ca. 1650, Prag-Neustadt 1658, Prag-Kleinseite 1673) war darüber hin aus wohl auch die ähnliche Anordnung der römischen Mutter kirche II Gesü und der Casa professa vorbildlich. Das Schema wurde noch im 18. Jahrhundert häufig angewen det, wenn die seitliche Lage der Klosterkirche aus irgend welchen Gründen als vorteilhaft erschien (St. Gallen 1721, St. Peter im Schwarzwald 1724). Innerhalb der CarloneArchitektur wird es außer von St. Florian vom oststeirischen Augustiner-Chorherrenstift Pöllau vertreten, dessen Gebäude ordnung um 1675 konzipiert wurde(Abb.15). Demgegenüber strebt der „hochbarocke Klostertypus" nach einer möglichst zentralen und axialen Anordnung der Kirche innerhalb der Klostergebäude. In der schrittweisen Ausgestal tung dieser Vorstellung löst sich das Gotteshaus immer stär ker aus der engteiligen Einkeilung und wird zu Ziel und Höhe-

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