Oberösterreich, 17. Jahrgang, Heft 3/4, 1967

Das 17. Jahrhundert gab der katholischen Richtung einen kaum mehr erwarteten Aufschwung — der Landesfürst und die bayerischen Pfandherren sorgten mit harter Hand für die Durchführung all der schon früher angeordneten, aber nie befolgten Weisungen und Maßnahmen. Nur der ungeheuren Baufreude des Hochbarocks, also der Zeit um 1700 und dem 18. Jahrhundert, ist es zuzuschreiben, daß von der großen Zahl der Neubauten und Neuausstattungen zwischen 1600 und 1650 nur ein verschwindender Bruchteil übriggeblieben ist und daß diese Bauten, Plastiken, Stukkaturen, Gitter usw. neben den prunkvollen Produkten der Folgezeit meist über sehen werden. In der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts können die oberösterreichischen Stifte und Klöster nicht mit großen Neuanlagen aufwarten, zuerst muß das Erhaltene bewahrt und dem Zeitgeschmack sowie den neuen liturgischen Bestimmungen angepaßt werden. In Kremsmünster gestattete die günstige wirtschaftliche Lage die radikalsten Veränderungen. 1614 erfolgten die Verlän gerung und die Erhöhung der seitlichen Chorkapellen, welche mit Laternen versehen wurden. Marx Martin Spaz errichtete eine Kuppel über dem Chor, der Welser Maler Claude Aubertin schuf die neue Ausmalung. Auch in Garsten wurden 1616 Umbauten an der Stiftskirche durchgeführt. Besonderes Interesse beansprucht in dieser Zeit das Prämonstratenserkloster am böhmischen Wald. In Schlägl hatte der schon genannte Propst Wenzelslaus Zypser für die Lebensfä higkeit des Stiftes gesorgt, Crispin Puck konnte den Ausbau des Konvents, insbesondere des Küchenhofes, beginnen. Sein Nachfolger Wilhelm Capreolus setzte die Innenrestaurierung der Kirche fort, er schloß 1624 mit Hans Waldburger, Bild hauer zu Salzburg, und mit dessen Bruder Anton, Maler zu Schärding, die Verträge für einen neuen Hochaltar. Dieser wird im Frühjahr 1626 geliefert und kann zwar bei der Plünderung Schlägls durch die Bauern im Mai 1626 von einigen Besonnenen gerettet werden, er erleidet beim Nieder brennen des Stiftes am 20. Oktober desselben Jahres arge Schäden, die vom Künstler selbst behoben werden können (der Altar fiel dann im Jahre 1702 einer Feuersbrunst zum Opfer). Als die aufständischen Bauern unter Führung von Christoph Zeller vor das Stift rückten, da waren gerade nach dem Tod Propst Wilhelm Caprealus' der bisherige Prior Mar tin Greysing und der Hofrichter zu Administratoren ernannt worden, an den Zimmern des verstorbenen Prälaten ein schließlich der Archivräume war noch die Sperre angebracht. Die Konventualen waren mit den Schätzen nach Verbergung der wichtigsten Inventarstücke wie z. B. des Zinngeschirrs nach Krumau geflohen, der Hofrichter folgte ihnen nach fruchtlosen Verhandlungen mit einem Ausschuß der Auf ständischen nach. Nicht nur die gesamte Rüstkammer des Klosters, auch die Metallgeräte, das Mobiliar, die Bibliothek und die Paramente wurden geplündert. Vierzehn Wochen dauerte die Besetzung und in dieser Zeit schleppte man noch fort, was nicht niet- und nagelfest war. Nur wenige Wochen im September und Oktober 1626 waren Prior Martin Grey sing für die notwendigsten Aufräumungsarbeiten gegönnt, dann brannte ein anderer Bauernhaufen das Stift vollkommen nieder. Aber durch die Tatkraft ihres Vorstehers erhob sich diese Niederlassung des hl. Norbert wie ein Phönix aus der Asche. 1627 wurde Martin Greysing zum Propst bestimmt, 1628 infuliert; die Erhebung Schlägls zur Abtei in einer feierlichen Sitzung des General-Kapitels zu Premontre am 6. Mai 1657 bedeutete die Krönung seines Lebenswerkes. Und bis heute hat sich diese Klosteranlage — von Beeinträch tigungen des Gesamtbildes durch Änderungen an Dächern und Türmen nach Bränden abgesehen — im großen und ganzen in der Gestalt erhalten, die ihr der erste Abt, Martin Greysing (+ 1665) gegeben hat. Die Kirche hatte der Brand legung anno 1626 am besten Widerstand geleistet, die Stuk kateure Kandier führten hier die schon begonnene Auszierung mit zarten Ornamentbändern weiter. Die kürzlich restaurierte Orgel des Passauer Meisters Andreas Putz von 1634 ist ein Kleinod der Instrumentenbaukunst und das einzige noch in Gebrauch stehende Werk dieser Zeit in den oberösterreichi schen Klosterkirchen. Die Priestersakristei wird umgebaut, die Prälatensakristei von Possibili Castellazio neu errichtet. Der langgezogene Nordflügel der Prälatur entsteht zu dieser Zeit, das Einfahrttor geschmückt mit den Statuen der Heiligen Norbert und Augustin von Hans Pernegger d. J. aus Salzburg, aufgestellt 1638. Für den Konvent erhebt sich in dreijähriger Bauzeit ein völlig neuer Trakt im Süden, der (später erhöhte) verbindende Wirtschaftsflügel im Westen wird angelegt. Auch den Pfarren, Gotteshäusern und Besitzungen des Stiftes läßt Martin Greysing viel Fürsorge angedeihen. Erwähnt sei der fast völlige Neubau der alten Kapelle zum Stein in Milholz, deren Patrozinium ehedem Visitatio B. M.V. und St. Wolf gang war, zwischen 1642 und 1644 durch Baumeister Cipriano Novo als St. Wolfgang am Stein. Auch im Zentrum der Wolfgangsverehrung, in der Wall fahrtskirche am Abersee, hat man zu dieser Zeit Erneuerungen begonnen: Die 1625 datierte überladen wirkende Malerei in Langhaus und Chor kontrastiert stark mit der zarten Orna mentik der Mühlviertler Klosterkirche. In Gleink beginnt Abt Augustin 1648 mit der Restaurierung des Kirchen inneren, 1650 erfolgt die EinWölbung. Im selben Jahr aber beginnt die Benediktinerabtei Lambach mit der Errichtung ihres neuen Gotteshauses, wobei — abgesehen von Türmen und Westwerk — alle Erinnerungen an den alten Kirchenbau weichen müssen. In manchen verlassenen Klöstern kehrt wieder neues Leben ein. Engelszell wird 1618 von Wilhering neu besiedelt und restauriert, 1620 kommen Zisterzienser von Renn nach Schlier bach. Traunkirchen wird 1622 von den Jesuiten übernommen, 1631 beginnt die neue Bautätigkeit. Auch Neugründungen wollen genannt sein: Die alten Minoritenklöster in Enns, Linz und Wels sind eingegangen, die Kapuziner aber fassen 1606 in Linz Fuß, kurz darauf in Steyr, 1630/31 in Wels, in Freistadt, die Franziskaner gründen 1622 in Grein ein neues Kloster. Die Elitetruppe der Gegenreformation, die Societas Jesu, kam im Jahre 1600 nach Linz; die Jesuiten übernehmen zuerst die kleine Dreifaltigkeitskirche in der Hahnengasse und die Minoritenkirche, sie tragen sich um 1630 mit der Absicht, zwischen Hofgasse und Altstadt ihr Kollegium neu zu errichten. Der Ansatz hiezu, der Neubau des Knaben seminars Hofgasse Nr. 11 durch Francesco Garbanino, ist vor kurzem der Spitzhacke zum Opfer gefallen, der schöne Breit erker des Hauses ist verschwunden, nur die Madonnen statue (jetzt Ecke Hahnengasse-Hofgasse) und die geschnitzte Balkendecke blieben erhalten. Die Wirtschaftsgebäude dürfen in dieser Aufzählung nicht ver gessen werden. Getreidekasten, Stadel und Speicher erreichen bei den Stiften zwar nicht die Monumentalität wie z. B. der Innerberger Stadel von 1612 in Steyr. Hervorzuheben ist aber der wenig bekannte Fischbehälter beim Guntherteich in Kremsmünster, 1606/07 entstanden, der hoffentlich vor dem Verfall bewahrt wird, oder die originelle „Moschee", das 1640/41 entstandene Gartenhaus desselben Stiftes. Die Innenausstattung der Kirchen war stärker der Mode unterworfen. Nur der Hochaltar in Mondsee von 1626 blieb als monumentales Beispiel erhalten und läßt die Wirkung des verlorenen Schlägler Hochaltars vom gleichen Künstler (Hans Waldburger aus Salzburg) ahnen. Vom Kremsmünsterer Hochaltar, 1616/18 entstanden, blieben Teile in Grünau erhalten, Plastiken Hans Spindlers vom Kreuzaltar und vom Marienaltar der Garstener Kirche sind dort noch verblieben. Das ehemalige Chorgestühl der Garstener Stiftskirche ist heute eine Sehenswürdigkeit des Alten Domes in Linz. Am

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