Geore Wacha Stifte und Klöster Oberösterreichs zwischen Reformation und Barock Erscheint die Gliederung des geschichtlichen Ablaufs in Mit telalter und Neuzeit in mancher Hinsicht als willkürliche Trennung, so stellt diese Teilung im Leben der Kirche, speziell der kirchlichen Institutionen wie z. B. der Stifte und Klöster unseres Landes, eine deutliche Zäsur dar. Die mittelalter liche Baugeschichte findet mit Erweiterungen und Neubauten um das Jahr 1500 ihren Abschluß, erst im 17. Jahrhundert, und da speziell in der zweiten Hälfte, wird durch ein Wieder aufleben der Bautätigkeit, ja durch ein Übermaß an Prunk freude und Schmuckbedürfnis das Alte oft radikal beseitigt und an dessen Stelle eine völlige Neuanlage gesetzt. In Stiftsgeschichten oder in kurzen Abrissen der historischen Entwicklung der Abteien und Propsteien wird die Zwischenzeit meist rasch übersprungen, sind doch die erhaltenen Zeugnisse von kunst- und kulturgeschichtlicher Bedeutung so gering, daß sie den Vergleich mit der aufwendigen Kunst des Barocks nicht bestehen. Und auch in anderer Hinsicht ist das Schwei gen verständlich, bieten doch die altehrwürdigen Monasterien im Lande ob der Enns in den Jahrzehnten nach Verbreitung des Luthertums tatsächlich einen traurigen Anblick. Die Visitation des Jahres 1561 entwirft ein düsteres Bild der sitt lichen Verhältnisse in vierzehn oberösterreichischen Klöstern: Die Prälaten waren beweibt, die wenigen noch verbliebenen Konventualen hatten Konkubinen, das Chorgebet wurde nicht gehalten, die Kommunion in beiden Gestalten gespendet. Trinken, Tanzen und Tafeln waren an die Stelle der klöster lichen Ordnung getreten, protestantische Bücher gingen von Hand zu Hand. Die Berichte schildern nicht nur den Tief punkt katholischen Klosterlebens, die Visitationskommissare hielten fest, daß auch die Wirtschaftsführung in den Klöstern sehr im argen lag. Die Klostervisitation des Jahres 1566 bestätigt dieses Bild: Der Eigennutz der Hofmeister und der weltlichen Beamten hatte sein Teil dazu beigetragen, die wirtschaftliche Situation der Klöster zu verschlechtern. Wie sollte hier eine Erneuerung möglich sein? Der energische Bischof Urban von Passau, zu dessen Diözese das Land damals gehörte, stand zuerst allein auf weiter Flur und mußte gleichgesinnte Klostervorsteher, Dechante und Pfarrer als Stützen für die Rekatholisierung suchen. Solche Per sonen konnten in erster Linie aus Bayern genommen werden, das ein fester Halt des Katholizismus geblieben war. Aus dem Kloster Niederaltaich kamen Abt Georg Andreas von Gleink sowie Georg Hieronymus Gulden und Christoph Wasner (dieser zuerst Prior in Kremsmünster) von Mondsee, aus Augsburg Abt Burkhard Furtenbacher von Lambach. Italien und hier speziell der zweisprachige Norden bot ein unerschöpfliches Reservoir katholischer Geistlicher, allerdings stieß deren Einsetzung in den Pfarreien oft auf Widerstand. Ein Mann aus der Diözese Como, zu Lugano geboren, hat aber als Mitglied des Prälatenstandes in Oberösterreich eine besondere Rolle gespielt: Abt Alexander a Lacu, d. h. vom See, war auf Betreiben des Statthalters Erzherzog Ernst 1587 Abt von Wilhering geworden. Ihm gelang es, einige Stifts pfarreien wieder katholisch zu machen und das Zisterzienser kloster aus einer schier hoffnungslosen Lage herauszureißen. Als in St. Florian Propst Georg Freuter 1598 gestorben war, da hätte Alexander a Lacu beinahe die Leitung dieses Augu stiner-Chorherrenstiftes erhalten und es vielleicht zu führen der Stellung im gegenreformatorischen Kampf geführt. Im Jahre 1599 jedoch postulierte ihn das Kloster Garsten zu seinem Abt und der Papst gab die Erlaubnis zum Ubertritt in den Benediktinerorden. Die Schlüsselstellung unter den Prälaten ob der Enns hatte jedoch Kremsmünster inne und als dort Abt Johannes Spindler im Jahre 1600 verstorben war, da wurde Abt Alexander a Lacu zuerst Administrator und im folgenden Jahre Abt des Klosters an der Krems, wo er in schwerer Zeit eine segensreiche und sichtbare Ergebnisse zei tigende Tätigkeit entfaltete. Sein Ableben im Frühjahr 1613 muß auch für das Herrscherhaus — speziell für Matthias, der kurz vorher die heißersehnte Kaiserkrone errungen hatte — ein schwerer Schlag gewesen sein. In anderen Fällen waren es die Klöster des gleichen Ordens, die mit tüchtigen Vorstehern aushelfen mußten. Auf Betreiben des Abtes von Strahow kam beispielsweise der Prior von Klosterbruck bei Znaim, Wenzeslaus Zypser, als Propst in das Prämonstratenserstift Schlägl. Nur wenige heimische Klö ster waren in der Lage, fähige Konventualen aus ihren eige nen Reihen an andere Orte zu entsenden. In Niederösterreich war es z. B. Melk, von wo Johannes Spindler zuerst als Abt nach Garsten und später nach Kremsmünster kam. Auch in den unmittelbar an das Land ob der Enns anschließenden Teil Niederösterreichs, in das Stift Seitenstetten, entsandte es als Abt Bernhard Schilling. Aus Klosterneuburg kam Sebastian Kueler als Administrator nach Pulgarn; er wurde später der tatkräftige Propst des Augustiner-Chorherrenstiftes Seckau in der Steiermark. Von allen oberösterreichischen Klöstern konnte damals nur Kremsmünster geeignete Vorsteher an andere Stifte abgeben, z. B. Christoph Wasner nach Mond see und Christoph Held nach Seitenstetten. Es nimmt nach all dem nicht wunder, daß der Prälatenstand im Rahmen der ständischen Vertretungen des Landes keine entscheidende Rolle spielte. Wohl hat er als Ganzes die Zugehörigkeit zur katholischen Religion nie aufgegeben, in den Jahren nach der Mitte des 16. Jahrhunderts jedoch hat ten seine Mitglieder jeden Glauben an die Wiederherstellung geordneter Verhältnisse verloren. Deutlich beweist dies die Eingabe des Prälatenstandes im Jahre 1562 um die Genehmi gung von Laienkelch und Priesterehe. Dem einen Punkt wurde mit päpstlicher Erlaubnis entsprochen, in der Frage des Zölibates aber ist die Kirche damals wie heute keinen Kompromiß eingegangen. Wohl hat der Kaiser in einigen wenigen Fällen den Kindern von katholischen Geistlichen (z. B. des Linzer Dechants und Stadtpfarrers Martin Purgleitner) die eheliche Abkunft bestätigt, beweibte Kloster vorsteher aber wurden nicht geduldet. Zu Jahresanfang 1568 erfolgte durch Kaiser Maximilian II. eine durchgreifende Säuberungsaktion. Fünf Prälaten wurden abgesetzt und der Klosterrat als landesfürstliche Kirchenbehörde geschaffen. In den siebziger Jahren tauchen die ersten tatkräftigen Männer als Pröpste oder Äbte auf: 1570 Johann Jakob Gienger in Spital am Pyhrn (der aber meist in Wien weilte), 1572 Erhard Voit in Kremsmünster, 1574 Johannes Spindler in Garsten. Trotzdem wollte der Prälatenstand nicht an der Durchführung der Beschlüsse des Konzils von Trient mitwirken. Auf der Passauer Diözesansynode des Jahres 1576 war der Weg ge wiesen worden, um die Neuerungen des Tridentinums auch nach Oberösterreich zu bringen, die Prälaten wandten sich jedoch mit ihrer Ablehnung an den Kaiser und bezeichneten
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