Oberösterreich, 17. Jahrgang, Heft 3/4, 1967

■■ ■ kleine Zelle Göttweig zum Chorherrenstift aus und grün dete mit Herzog Weif IV. von Bayern 1073/74 das Kloster Rottenbuch, das Chorherren von St. Nikola besiedelten. Bald entwickelte es sich zu einem wichtigen Zentrum der kirch lichen Erneuerung, einerseits weil es von Herzog Weif IV. dem Papsttum unterstellt und damit aller weltlichen Beein flussung entzogen war, deswegen wurde es auch zum Zu fluchtsort vieler vertriebener Reformbischöfe und Reform äbte, andererseits weil es mit fast allen bedeutenden Reform zentren in Deutschland, Frankreich und Italien in Verbin dung stand. So ist es begreiflich, wie oben schon angedeutet, daß Cerhoch durch das Erlebnis der reinen „vita canonica" erkannte, daß nur darin die priesterliche Vollkommenheit zu finden sei. Von nun an wurde er deren glühender Ver künder. Gelegenheit dazu bot sich, als ihn Bischof Hermann nach dem Friedensschluß zwischen Kaiser und Papst 1123 wieder nach Augsburg holte. Enttäuscht über den geringen Erfolg, die Domkanoniker aus Besitz und weltlichem Trei ben zu lösen, kehrte er nach Rottenbuch zurück und legte 1124 die Gelübde ab. Seine unbeugsame Haltung in der Klerikerreform machte ihn bald bekannt, aber auch verhaßt. Noch 1126 holte ihn Bischof Kuno von Regensburg in seine Diözese, weihte ihn zum Priester und übergab ihm die ausgedehnte Pfarre Cham am Regen. Hier sollte er gleichsam einen Modellfall für die Erneuerung der Weltgeistlichkeit nach seinen Anschauungen einrichten; doch schon nach kurzem wurde Gerhoch — an scheinend durch die Auseinandersetzung zwischen Kaiser Lothar und dem aufständischen Konrad von Staufen stark mitbedingt — aus Cham vertrieben. Trotzdem blieb er noch bis 1132 im Bistum Regensburg, wahrscheinlich in der Stadt selbst, wenn auch ohne festen Auftrag. In diese Zeit fällt seine dritte Romreise, es war die zweite im Auftrag des Erzbischofs Konrad I. von Salzburg, und sein erstes schrift liches Werk „De aedificio Dei" (Vom Reiche Gottes). Dieses ist eine umfassende, tiefe Schau vom Wesen der Kirche, mit scharfer Kritik der Zustände seiner Zeit und eingehendem Programm praktischer Reformen zu deren Überwindung. Im Mittelpunkt steht die Klerikerreform. Sie müsse von den Bischöfen ausgehen, sagte er, denn sie trügen die Haupt schuld an der Verweltlichung des geistlichen Standes; deshalb zurück zur apostolischen Armut. Sie müßten nach dem Bei spiel — besonders des hl. Augustinus — mit dem Klerus ihrer Domkirche in klösterlicher Gemeinschaft (vita communis et apostolica) ohne weltliche Reichtümer und Hoheitsrechte leben. Zur Seelsorge dürften nur solche Geistliche angestellt werden, die einer vita communis angehören und damit frei von aller Gebundenheit ans Irdische seien. So würden Simonie, Habgier, Unzucht und genießerisches Wohlleben ausgerottet und ein heiligmäßiger Klerus herangebildet werden. Diese Forderungen Gerhochs lösten beim reichbepfründeten Klerus in Regensburg Erbitterung und Feindseligkeit aus und wurden mit einer Ketzerklage gegen ihn (1130) beant wortet. Obwohl er nicht verurteilt wurde, erhielt er doch Schweigegebot. In einem Brief an Papst Innozenz II. (Frühjahr 1131) legte er noch einmal seine Anschauungen zur „vita apostolica" in schärfster Form dar und bat den Papst um Schutz und Vermittlung bei Konrad I. von Salzburg, was Innozenz auch tat. Kurz darauf holte ihn der Erzbischof aus dem aufsässigen Regensburg zur Mitarbeit in die Erzdiözese Salzburg und setzte ihn zugleich zum Propst von Reichersberg ein. Es ist nun erstaunlich zu sehen, wie der hartnäckige theologische und reformerische Theoretiker ebenso große juridische und praktische Fähigkeiten entwickelte, um das kleine Kloster nach außen zu sichern. Mit Hilfe des Erz bischofs Konrad I. brachte er 1135 die noch immer von Ver wandten Wernhers zurückgehaltenen Teile der Stiftungsgüter zurück, und in den folgenden Jahren wuchs der KlosterÜ + Uli J I I Iiiiiri■ a ^ ^ ^ ^ f ' 4 ] '( jf : La / ti 4.V ./ ; / V y ■ er " ./w Die romanische Stiftskirche von Reichersberg aus einer Hand schrift aus der Zeit des Propstes P. Tellenpeck (1415—1468). besitz durch eine Reihe von Schenkungen, wie das Tradi tionsbuch zeigt, durch Liegenschaften beiderseits des Inns, die durch die dort ansässigen freien und ministerialen Ge schlechter gegeben wurden. Aber auch die Grafen von Form bach, von Burghausen und die Hallgrafen schenkten Besitz und Zinsleute, und häufig stellten sich Bauern von selbst in Schutz und Zinsdienst des Stiftes. Reicher Ertrag kam aus den Aschacher Weingärten und aus Salzpfannen in Reichenhall, die Erzbischof Konrad geschenkt hatte. Ungünstig gelegene Güter tauschte Gerhoch gegen nähere, so daß sich der Besitz im Stiftsbereich vergrößerte. Von höchster Bedeutung für die Entwicklung und den Auf gabenbereich wurde die Ubergabe der Zehente der Erz diözese Salzburg in den Pfarren Pitten und Bromberg durch Erzbischof Konrad I. an die Chorherren am 23. Oktober 1144. Pitten und Bromberg lagen in der Pittner Mark, einem aus gedehnten, unwegsamen Waldland südlich von Wiener Neu stadt, über den Wechsel und Semmering und bis zur unga rischen Grenze hin. Bereits 1160 erhielt Reichersberg die Pfarre Bromberg von Erzbischof Eberhard I. auch zur Seel sorge zugewiesen, die sich rasch zu einem großen Pfarr bereich ausdehnte, so daß dieser schon 1192 zum ersten Male geteilt werden mußte. Damit war die Seelsorgetätigkeit stark erweitert worden, besaß doch Reichersberg anfangs nur seine

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