Oberösterreich, 17. Jahrgang, Heft 3/4, 1967

V 1 Wilhering, Stiftskirche, Gesamtansicht des Innenraumes, Blick zum Hochaltar (rechts) und Detail von den Chorstühlen — Holzrelief „Geburt Christi" (links). traumhaften Kaisertum Karl Albrechts kommen und seinem bittereinsamen Tod, bis 1745 zwischen Wittelsbach und Habs burg der Sonderfriede von Füssen möglich wurde. Für Abt Johann Baptist Hinterhölzl bedeuteten diese Kriegsjahre nicht nur teure Einquartierung, bitter erkaufte Salva-GuardiaBriefe und völlig ausfouragierte Klosteruntertanen, sondern auch lange Abendgespräche mit hohen Kommandeuren, die viel Welt gesehen hatten und auf ihre Weise große Kavaliere waren. Karl Albrecht, der Rokoko-Kurfürst von Bayern, machte vor dem Eintritt in Linz zu Wilhering ausgiebig Station, und die Neider konnten hinterher den Abt sogar in Wien anschwärzen, als ob er es mit dem Feind gehalten hätte. Doch sei's, wie es wolle. Als 1745 in Wilhering die Arbeiten weitergingen, standen auf einmal bayerisch-schwäbische Stukkateure auf den Gerüsten, Meister der berühmten Schule von Wessobrunn. Die alten Kontrakte weisen das Zusammen spiel zweier großer Namen aus: des Johann Michael Feichtmayr und des Johann Georg Übelher. Wir dürfen dabei Feichtmayr das gischtende Rocaille-Ornament von Chor und Querhaus zuweisen, Übelher aber die Eleganz der Stuck plastik, nicht nur bei sämtlichen Altären, sondern auch bei Chororgel und Kanzel. Neben Feichtmayr und Übelher ein Trupp von Helfern! Die Vergoldungen gehören etwa dem kurbayerischen Hofvergolder Johann Georg Frueholz, der einst in München unter dem berühmten Cuvillies gearbeitet hatte. Und noch 1751, am 25. Mai, verstarb — laut Ausweis der Totenbücher von Wessobrunn — zu Wilhering der Stukkateur Johann Michael Vogel aus dem Klosterdorf Haid. Die bayeri schen Stukkateure, sie müssen es gewesen sein, die das Prickelnde des Karl-Albrecht-Stils in den Kirchenraum ge bracht und dem sonoren Grundakkord ihr helles Weiß zuge spielt haben. Nun könnte man Details nachrechnen. Wie sich etwa Chor orgel und Kanzel als seitliche Kulissen hereinschieben, um ein Ausfließen des Raumes zu verhindern; wie die Quer hausarme durch das herrlich-dunkle Chorgestühl überhaupt abgedrängt werden; wie auf einmal selbständige Seiten kapellen entstehen, Beichtkapellen sozusagen, die um ihre hohen Mittelfenster noch einmal den erlesensten RokokoStuck sammeln. Und von hier strudelt es einen dann ganz von selber in die Klostersakristei hinaus oder in die lichte Grundemann-Kapelle, die nach einem alten Grafen benannt ist, der mit Cäcilia Alt vermählt war, der Tochter des Wolf dietrich von Raitenau. Oder dann die verrückt-prächtige Orgelempore: sie ruht auf gekuppelten Freipfeilern, Marmor und mit bizarrsten Volutenkapitellen, die einen fast mauri schen Bogengang freigeben. Die Apostelleuchter aber sind Wessobrunner Muschelwerk, aus dem goldene Kerzenarme fahren. Darunter lächelnde Putti mit dem schweren Pektorale um den Nacken. Nur einen Gegenklang gibt es: die zwei hochgotischen Schaunberger-Denkmäler unter der Empore, beiderseits des Gitterfiligrans. Das Hochgrab des Grafen Ulrich des Jüngeren von 1398 ist dabei ein Hauptwerk des weichen Stils in Österreich, schön wie ein Donatello. Wir stehen wieder heraußen im flirrenden Tag. Dieses schein bar so geschlossene Wilhering löst sich also auf in ein Kom men und Gehen der Meister über fast zwei Jahrzehnte hin. österreichischer Spätbarock und bayerisches Kirchenrokoko, sie schmelzen ineinander, spielen ein Raum-Ensemble aus, das für unser 18. Jahrhundert ohne Beispiel ist. Und viel leicht geht es gar nicht so sehr um den immer noch unbe kannten Bauleiter, sondern noch mehr um den Bauherrn sel ber. Abt Johann Baptist Hinterhölzl aus Zwettl im Mühl viertel: er muß ein Mann von Beziehungen gewesen sein und weitgreifenden Plänen, ein feiner Diplomat, großer Mäzen und gewaltiger Ökonom. Er erst hat die auseinander strebenden Kräfte zusammengezwungen zum bleibenden Werk. * Hat Wilhering, trotz seines Kürnbergs, Luft und Weite, lichte Auen hinunter zur Donau, so steckt das Tochterkloster Engelszell eine alte Tagreise flußaufwärts in der Talenge, wo der Strom herrscht und zu beiden Seiten die Wälder nieder rauschen. Die Stiftungsurkunde des Passauer Bischofs Wernhard von Brambach von 1293 sagt eigentlich alles: er wolle bei seinem umstrittenen Markt Engelhartszell den Kloster frieden haben, für den Wegfahrer aber eine Raststätte auf der weiten, unwirtlichen Flußstrecke von Eferding herauf nach Passau. „Und schließlich wird auch, so Gott will, dieser ört für unsere viellieben Brüder, die Kanoniker von Passau, eine angenehme Erholungsstätte sein, wenn sie sich von welt lichen Sorgen frei machen oder in gesunder Luft außerhalb der Stadtmauern der Muße pflegen wollen . . ." Zwar ist das neue Engelszell von Wilhering aus mit Mönchen besetzt worden, auch hat es stets zum Prälatenstand des Lan des ob der Enns gehört, aber im Grunde ist es quasipassauisch geblieben bis tief ins 18. Jahrhundert hinein. Da

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