Oberösterreich, 17. Jahrgang, Heft 3/4, 1967

parallel aufsteigende Arkaden, ein gewiß originelles, aber nicht sonderlich wirkungsvolles Motiv. Mit einigen wenigen Kunstgriffen verwandelte es Prandtauer zu einem bedeuten den Prospekt. Er ordnete die Arkaden des Obergeschosses waagrecht an und markierte den oberen Stiegenlauf durch phantasievoll durchbrochene Steingitter. Dadurch erhielt der ganze Baukörper wiederum eine stärkere vertikale Betonung und wurde zu einer überzeugenden Einheit verklammert. Besonders deutlich zeigt sich das im Inneren, wo vor dem Podest, das durch den großen Bogen mit dem Palladiomotiv einen herrlichen Blick auf den großen Stiftshof freigibt, die innere Balustrade des Ganges im Oberstock zurückweicht. Aus der unorganisch angefügten Treppe Carlones hat Prandt auer einen mit dem ganzen Baukörper meisterhaft verbunde nen Einheitsraum gemacht. Der Marmorsaal ist Prandtauers ureigene Schöpfung. Äußer lich durch das schöngeschwungene Walmdach ausgezeichnet, zeigen seine Fassaden überaus starke vertikale Tendenz und sind fast ganz in Fenster aufgelöst. Der große Saal selbst atmet Festlichkeit und Würde. Die warmen Farben geben ihm eine so heitere und gemütvolle Note, wie man sie selten in solch großen Repräsentationsräumen findet. Das riesige Deckenfresko malte nach dem Entwurf Martin Altomontes dessen Sohn Bartolomen. Das Thema der ganzen Ausstat tung bildet die siegreiche Beendigung der Türkenkriege, die Verherrlichung Kaiser Karls V. und des Prinzen Eugen. Mit dem Saal ist ein weltliches Gegenstück zur Stiftskirche ent standen, das auch äußerlich sichtbar ihren Gegenpol bildet, da bei aber, wie es dem barocken Fühlen entspricht, die welt liche Thematik in religiöse Sphären hebt. Links; St. Florian, Sommerrefektorium, vom Ostflügel des Stifts gebäudes vorspringend, erbaut 1726—1730 nach Entwurf von Jakob Prandtauer. Rechts: Innenraum des Marmorsaales, Entwurf von Jakob Prandt auer, Deckenfresko ausgeführt von B. Altomonte, Stuck- und Stuckmarmordekoration von Fr. J. I. Holzinger. Als Letztes steuerte Prandtauer zur Stiftsanlage das Sommer refektorium bei, das frei nach Osten in den Garten vor springt (es hat an dieser Stelle ein wichtige optische Funktion, es kaschiert nämlich den Übergang von der reich gegliederten Prunkfront zum ganz schmucklosen Konventbau, der sich nach Norden gegen die Kirche erstreckt). Die Fassaden dieses Saalraumes zeigen Prandtauers Spätstil. Die Formen, die sich jetzt unverkennbar an französische Vorbilder anlehnen, sind geometrisch gebändigt, verzichten auf plastischen Schmuck und wirken bei aller Schlichtheit ungemein vornehm. Trotz dieses Stilwandels fügt sich der Bau dem Gesamtkomplex vorzüglich ein. Im Inneren verzichtet das Sommerrefektorium ganz auf architektonische Gliederung, nur der zarte Stuck und das duftige Fresko Bartolomeo Altomontes beleben den Raum. Während dieser Unternehmungen war Jakob Prandtauer im Jahre 1726 gestorben. Der Polier Jakob Steinhuber führte die Bauten nach seinen Plänen weiter. Jahrelang zogen sich die Arbeiten noch hin. Als es aber dazu kam, den Bibliothekstrakt zu errichten, verpflichtete Propst Johann Georg Wiesmayr 1744 den Architekten Gotthard Hayberger aits Steyr als neuen Bauleiter. Dieser, ein geschickter Künstler von großem dekorativem Talent, gehörte einer anderen Generation als Prandtauer an. Aber auch er fügte seine Leistung dem großen Gesamtkonzept ein. Im Äußeren übernimmt er am Biblio thekstrakt Prandtauers Vorschläge etwas vereinfacht, denn er verzichtet auf ein monumentales Portal. Nur in der Dach gestaltung kann er es sich nicht versagen, durch den Uhr aufbau eine Neuerung hinzuzufügen. Und mit der eigen willigen Hochziehung der Feuermauern, deren bizarre Schwünge im Stil der Zeit chinesisches Gepräge tragen, bringt er ein richtig modisches Element hinein. Aber auch das stört den Eindruck des Gesamtkunstwerkes nicht. Im Inneren zeigt der Bibliothekssaal, neben Kirche und Kaisersaal der dritte Schwerpunkt jedes barocken Klosterbaues, die zierliche An mut spätbarocker Raumgestaltung. Die Architektur ist nur mehr Gerüst, reduziert auf die kostbaren Regalschränke und die durchbrochene Galeriebrüstung. Eigentliche Träger des Raumes sind die Bücher selbst, aus ihnen scheinen die Wände gebildet, über denen sich Bartolomeo Altomontes Fresko spannt. Hier wurde nur versucht, an Hand der hervorragenden Schwerpunkte das Gesamtkunstwerk zu erläutern. Es schließt natürlich viel mehr ein. Die prächtigen Kaiserzimmer etwa, zum größten Teil in ihrer ursprünglichen Einrichtung erhal ten, erscheinen trotz aller Pracht und Kostbarkeit aus boden ständiger Tradition entwickelt. Die Nebenräume der Kirche, Sakristeien und Beichthaus, haben starkes Eigengewicht. Die entzückende barocke Bildergalerie ist noch in ihrer originalen Ausstattung erhalten. Mancherlei wirkungsvolle Einzelstücke, wie die schmiedeeisernen Gitter oder der schöne Adlerbrunnen im Hof, runden das Bild des Gesamtkunstwerkes nach allen Seiten hin ab. Letzten Endes muß man dazu auch das von Prandtauer 1725 bis 1729 errichtete, nahegelegene Jagdschloß Hohenbrunn rechnen. Der prunkliebende Propst Johann Baptist Födermayr wollte sein Elternhaus durch diesen Umbau auszeichnen, und Prandtauer schuf hier ein heiteres Lust gebäude von monumentalen, aber schlichten Formen. Ein Vergleich mit dem frühbarocken Gartenpavillon ist sehr lehr reich. Das in den letzten Jahrzehnten arg vernachlässigte Schloß wurde in unseren Tagen als Jagdmuseum adaptiert.

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