Oberösterreich, 17. Jahrgang, Heft 3/4, 1967

geschlagene Buch des Propheten hält. Von einer Zinne gibt ein kleiner Dämon dem König die Einflüsterung zu seinem heuchlerischen Ansinnen an die Magier. 2 Zug der Magier mit dem Sterri^^. Sie sind zu Fuß unter wegs, erblicken und weisen auf den Stern, der sich über ihnen in der Kuppelmitte befand (jetzt Fehlstelle, Strahlen reste). 3 Huldigung der Magier^-. Die Szene ist in kontinuierlicher Erzählung zu 2 gegeben. Die Weisen nahen, vom Sternen engel geleitet, der frontal thronenden Maria mit Kind im Akt der oblatio (Darreichung von Gold, Weihrauch und Myrrhe). Hinter der Thronlehne der Theotokos zwei nicht nimbierte Frauen, wohl die obstetrices (Hebammen) des lateinischen Magierspieles, das diese Frauen aus der apokry phen Geburtslegende in einen neuen gegenständlichen Zusam menhang transponiert: sie haben im Text des Wechselgesan ges Zeugnisbedeutung für die Epiphanie des Kindes vor den Magiern. Zur Linken der Muttergottes stehende, nimbenlose Frau ohne erkennbares Attribut: vermutlich die ecclesia ex gentibus (Heidenkirche), die mit der Epiphanie Christi vor den Magiern als Erstlingen des Heidentums ins Dasein tritt. In gegenständlichem Zusammenhang stehen die vier bis jetzt als ornamentale „Scheiben" angesehenen fragmentierten Ge bilde in den Zwickeln der Mittelkuppel, die nunmehr als brennende Büsche (Symbole für Christus, Maria und auch Ecclesia) identifiziert werden. 4 Engel erscheint den Magiern im Traum^^. Szene schließt an die Ecclesia-Figur von 3 an: die Magier auf Bettstatt lie gend, den Kopf auf die rechte Hand gestützt. Rechts erscheint der warnende Engel. 5 Heimkehr der Magier^*. Sehr stark fragmentiert. Aus nehmbar sind Teile von drei Reitern. Der erste passiert in der Kehre das Stadttor von Bethlehem, die beiden anderen folgen. 6 Darstellung Jesu im TempeP^. Sehr stark fragmentiert. Vor einer durch Arkaden aufgelösten Tempelarchitektur von links nach rechts: stehende Figur (Oberteil zerstört), wahr scheinlich Joseph; es folgt Maria, welche das Kind über einen Altar hin Simeon reicht. Die Prophetin Anna ist nicht ein deutig gesichert, möglicherweise stand sie rechts von Simeon. Auf Grund des von E. Bacher über dem Altar aufgefundenen Schriftfragmentes S(C)D VER(B)V(M) TVVM IN P(AC)E39 scheidet die Möglichkeit einer Deutung der Szene als Be schneidung aus. 7 Szene im linken unteren Teil fragmentiert. In der Bild mitte hingestürzter Herrscher, dem die Krone vom Haupte fällt; sein Globus ist — schwach ausnehmbar — nach rechts weggerollt. Ein Vergleich mit dem Herodes in 1 legt nahe, daß es sich hier um den Judenkönig handelt. Zwei Höflinge bemühen sich um den Gestürzten. Er blickt zu einem erhöht thronenden Herrscher empor, der am linken Bildrand dar gestellt ist, eine Bügelkrone trägt, in der Rechten ein Lang szepter und in der Linken einen dreigeteilten Globus hält (Umschlag: Detail). Zur Rechten der Thronfigur ist in Resten die Gestalt eines Schwertträgers ausnehmbar. In der rechten Bildhälfte befindet sich eine Gruppe von zwanzig Männern, die, mit einer Ausnahme, alle zum Thronenden schauen. Von ihm verlaufen drei weiße Strahlen zu dem Chor der Männer, von denen sich einige durch Hochheben der Arme abschirmen. Am oberen Bildrand befindet sich ein abgeschatteter Kreis oder eine Kugel(Sphaira oder Luna?)'". Deutungsmöglichkeiten: Herodes vor Augustus. In Abwandlung der geschichtlichen Überlieferung98 läßt die Bibelexegese'® Herodes wegen der Anklagen seiner Söhne von Augustus nach Rom zitiert wer den. Schwierigkeiten ergeben sich durch die Tatsache der auch hier aktiven Rolle des Königs und des für ihn positiven Ausganges der Episode. Turbatio Herodis (Erschrecken des Herodes). Der Bericht des Evangelisten''" wird in der Exegese und in Hymnen seit früh christlicher Zeif" behandelt: Herodes und die Männer von Jerusalem erschrecken bei der Ankündigung des neugeborenen Königs. In der bildlichen Ausdeutung dieses Inhalts wird in dramatischer Weise die Erscheinung jenes Herrschers imaginiert, vor welchem Herodes, in seinem profanen Irrtum befan gen, stürzt. Die größere Wahrscheinlichkeit dürfte bei der turbatio liegen. Es ist darauf hingewiesen worden'®, daß hier über den Evan gelientext bzw. seine Exegese hinaus die Vorstellung des gerechten Herrschers als Richter über den Tyrannen mitinten diert sein könnte. Als ein Hauptproblem der mittelalterlichen Staatslehre" wäre sie der Zeit durchaus geläufig und auch die bildende Kunst kennt solche Vorstellungen'*''. Besitzt die Lambacher Darstellung tatsächlich eine ambivalente Bedeutung dieser Art — was noch näher zu prüfen sein wird —, so läge hier eine mittelalterliche „politische" Bildmanifestation'" von hohem geistesgeschichtlichem Interesse vor. 8 Herodes gibt dem Antipater hundert Talente'^''. Vor einer Architekturkulisse (Palast mit Portal) steht rechts der greise Herodes und weist mit der Rechten auf einen Geldbeutel, den der gegenüberstehende Antipater in seiner Linken hält. Durch diese Bestechung versucht der König vergeblich, den Sohn und Nachfolger vom Kreis der Verschwörer fern zuhalten. 9 Ende des Herodes*'. Kurz vor seinem Tod unternimmt der kranke König einen Selbstmordversuch mit dem Apfel messer. Achiab stürzt von links hinzu und verhindert das Vorhaben. Hinter dem Krankenlager eine von drei kleinen Dämonen bevölkerte Architektur mit zwei Arkaden. In der größeren vorne eine Frau, wohl Salome, die Schwester des Königs, dahinter Dienerin; in der linken ein junger Mann, wahrscheinlich der Kerkermeister des Antipater. Zwischen Architektur und Bettstatt ein kleiner Tisch, darauf Giebel krone und armillae (Armreifen) des Königs. 10 Traum des Joseph*^. Nachdem Herodes gestorben ist, erscheint der Engel dem schlafenden Joseph in Ägypten. Der Gottesbote berührt mit der Rechten im Redegestus den Nim bus Josephs, während er in der Linken ein Langszepter hält. Joseph hat das Haupt auf die Rechte gestützt. 11 Rückkehr der Hl. Familie aus Ägypten*^. Joseph folgt dem Geheiß des Engels. Er schreitet voran, gefolgt von einem Jüngling, der den Reiseproviant (Ringbrote und Weinfäßchen) auf einem Stab geschultert trägt. Diese Person erwähnt das Evangelium nicht: es ist der später mit dem Herrenbruder Jacobus identifizierte Sohn des Joseph. Die Erzählung folgt hier, in Anlehnung an die byzantinische Ikonographie, den das Thema der Flucht nach Ägypten ausdeutenden Apokryphen"", wenn auch nicht in der gleichen Anordnung der Personen. Hinter Joseph Maria mit dem Kind auf der Eselin. Aus dem Portal der reichen Stadtarchitektur schaut eine Frau der abreisenden Gruppe nach. Möglicherweise ist es Aigyptos, die Personifikation des Landes, wie sie, entgegen gesetzt angeordnet, oft auf den Darstellungen der Flucht nach Ägypten im Osten, vor allem in den Malereien der kappadokischen Höhlenkirchen"', vorkommt. Die Anordnung dieser Gestalt, das Verlassen der Stadt durch die Hl. Familie und endlich das vorangehende Herodes-Ende bestätigen, daß es sich hier nicht um die Flucht, sondern um das so selten dargestellte Ereignis der Rückkehr handeln muß. 12 Zwölfjähriger Jesus im TempeF^. Der Knabe sitzt zwi schen zwei Gelehrtengruppen — links sechs, rechts sieben Männer — die auf ihn ausgerichtet sind. Von rechts treten Maria und Joseph hinzu, welche ihn nach dreitägigem Suchen im Tempel gefunden haben. Der Innenraum wird durch ein symmetrisches architektonisches Rahmengebilde aus Türmen, Säulen und Arkaden dargestellt.

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