Oberösterreich, 17. Jahrgang, Heft 3/4, 1967

Abt Ignatius Schachermair und Abtkoadjutor Albert Bruckmayr gekennzeichnet durch gewisse Grenzpfähle (etwa die Ordens gelübde Gehorsam, Ehelosigkeit, Zugehörigkeit zu einem be stimmten Kloster), aber innerhalb dieser Grenzen gibt es Leben und Dynamik. Wir geben uns nicht mit dem zufrie den, was wir sind und wie wir sind, sondern wir möchten versuchen,im Hier und Heute den Menschen besser zu dienen und den heutigen Menschen Zeugnis geben; deshalb müssen wir auch bereit sein, uns zu ändern, wo es nottut, um uns der Vorstellungswelt der heutigen Zeit besser anzupassen. So sind wir also auf Grund unserer eigenen Schwäche ver schiedenen Gefahren ausgesetzt. Doch auch von einer ande ren Seite kann unser Selbstverständnis falsch gesehen wer den. Ein Kloster, das nämlich nicht unbedeutenden Grund besitz hat, kann deshalb nur zu leicht müßverstanden wer den. Ist unsere Arbeit wirklich so selbstlos? Von diesem Standpunkt aus gesehen ist all unser Besitz, unsere Kunst schätze, unser Haus vielmehr eine große Belastung. Und doch wird jeder einsehen, daß wir bei unseren Aufgaben auch eine gewisse wirtschaftliche Basis brauchen (was natür lich nicht heißt, daß sie immer so sein müßte, wie sie gerade jetzt ist). Wir möchten aber doch recht klar herausstellen, daß unsere Existenz in keiner Weise von unserem Besitz — weder vom Wald noch vom Haus — abhängt (die NS-Zeit bewies, daß die Besitzlosigkeit — also die wahre Armut — die Gemeinschaft in keiner Weise sprengte). Im Gegenteil — wir wissen, daß unser Zeugnis, das wir geben möchten, viel deutlicher wäre, könnten wir auf den Ballast unseres Besitzes verzichten. Ohne auf Einzelfälle einzugehen, glauben wir aber, daß es heute in unseren Verhältnissen nicht möglich und realistisch wäre, auf den Besitz zu ver zichten. Freilich bleiben wir uns dabei bewußt, daß gerade dieser unsere klösterliche Existenz vor der Welt Mißdeutun gen aussetzt. So hängt eben auch unsere Zukunft nicht von der wirtschaft lichen Entwicklung ab (auch der Kirchenstaat wurde ent eignet und das Ansehen des Papsttums ist dadurch erst gestiegen), sondern davon, ob wir es vermögen, in unserer besonderen Lebensform den Menschen von heute anzuspre chen. Ohne einem (im übrigen ungerechtfertigten) Triumpha lismus huldigen zu wollen, glauben wir, daß unser Kloster leben grundsätzlich die Chance hat, auch in einer sich neu entwickelnden Welt und in einer sich neu verstehenden Kirche zu überleben — solange wir die Kraft haben, der Welt ein Ideal vorzuleben. Wir können anziehend werden für Touristen, weil die Gegend schön ist, die Stiftsweine gut, die Kunstschätze kostbar sind, die Aussicht auf der Sternwarte lohnend ist, das Gymnasium als bekannt angesehen wird — wir werden (und das ist für uns das Entscheidende) anziehend sein für die heutigen Men schen, wenn wir ihnen das Bewußtsein geben können, daß bei uns sich das realisiert, was Christus verheißen hat: „Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind (d. h. nicht nur im Gebet), da bin ich mitten unter ihnen." Wir möchten durch unsere Gemeinschaft und unser gemeinsames Leben Christus in der heutigen Welt sichtbar werden lassen. Peter Gradauer Die Stifte Oberösterreichs kirchenrechtlich und kirchengeschichtlich gesehen. Die im Scherz oder mit leicht verächtlichem Nebenton vor gebrachte Behauptung oder Redewendung, Österreich sei ein Klösterreich, entbehrte bis ins 18. Jahrhundert durchaus nicht der Berechtigung, sei es für das große Reich der Habsburger im allgemeinen, sei es für das Erzherzogtum Österreich ob und unter der Enns im besonderen. Dies wird anschaulich beleuchtet durch die Tatsache, daß allein dem „josephinischen Klostersturm" ab 1782 im ganzen Reich an die 700, in den deutschsprachigen Gebieten 413 Klöster zum öpfer fielen. Aus den Klöstern ragten und ragen die sogenannten Stifte hervor. Diese müssen heute als österreichische Besonderheit angesehen und bezeichnet werden. Früher war dies durchaus nicht der Fall, da gab es Stifte im ganzen Bereich der katholi schen Kirche. Heute bestehen außerhalb Österreich nur noch einige Häuser in der Schweiz, in den anderen Ländern sind sie untergegangen oder haben ihre innere Gestalt stark ver ändert. Nur in Österreich also haben sie sich mit ungebroche nem Lebensgeist auch durch verschiedene stürm- und drang volle Perioden, wie die Hussiten- und Bauernkriege, die Zeit des Josephinismus und der NS-Ära, erhalten und ihre ur sprüngliche Verfassung und Lebensweise durch die Jahrhun derte bewahrt, wobei freilich die Stürme und Verfolgungen ihre öpfer forderten und die Reihen lichteten. So hatte das heutige Niederösterreich mit Wien im 18. Jahrhundert vor der josephinischen Klosteraufhebung 22 Stifte oder Nieder-

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