Oberösterreich, 17. Jahrgang, Heft 3/4, 1967

lichkeit, unser Kloster durch einen Einkehrtag, durch die Mit feier der Kartage oder durch Kontakt mit einem unserer Mitbrüder kennenzulernen, wenn sie den Antrieb spüren, sich für Gott und die Menschen in unserem Arbeitsgebiet einzusetzen. Dauert die Neigung zur Mitarbeit an, so wird ihre Eignung sechs Monate hindurch als Kandidat und an schließend ein Jahr lang als Novize geprüft. Wird die Nei gung bei dieser Prüfung zur ständigen Bereitschaft, so kommt er zum Entschluß, sich durch Gelübde zu binden. Das ge schieht vorerst für drei Jahre. Während dieser Zeit erfolgt die theologische Ausbildung oder eine andere fachliche Weiter bildung. Endgültig verpflichtet man sich dem Kloster durch die feierlichen Gelübde. Die zum Priestertum Berufenen emp fangen dann die Weihen, während sich die anderen Mönche in einem ihrer Fachbildung entsprechenden Wirkungskreis entfalten können,ohne Priester zu werden. An der Spitze der Klosterfamilie steht der Abt. Er prägt und führt die Gemeinschaft. Im Alltag. Letzte Entscheidungen fällt er. Etwas von der „patria potestas" der alten Römer ist noch in ihm. Trotz aller Demokratie, die wir schon immer hatten. Auch heute noch, da vieles von der alten Prälaten herrlichkeit geschwunden ist und vom Abt selbst bewußt zurückgestellt wird. Auch heute noch, obwohl es für einen Abt jetzt schwerer ist zu regieren, „der Eigenart vieler zu dienen", die gute Tradition mit dem guten Neuen zu ver binden. Schließlich ist er nicht nur der fierr und Vater, son dern auch der Seelsorger seiner Mönche. Eigentlich ist das Kloster noch immer eine geistliche Monar chie. Von den Mönchen gewählt, leitet der Abt als Gottes Stellvertreter die Mönchsgemeinde und den ganzen Kloster bereich. Er erhält eine eigene Weihe, die zwar kein Sakra ment ist wie die Bischofsweihe, aber ihn doch aus der Schar der Mönche heraushebt. Das Kloster Kremsmünster hat im Laufe seiner Geschichte zum Teil bedeutende Äbte gehabt. Jetzt steht dem Stift ein Prälat vor, der mit der Weisheit seiner 90 Lebensjahre, der Erfahrung einer 35jährigen Regierung, der Zähigkeit seines Durchhaltens die Güte und die natürliche Würde in großer Frömmigkeit und Demut verkörpert. Schwere Jahre liegen hinter ihm: Weltwirtschaftskrise, Systemwechsel in Öster reich, Vernichtung des Stiftsgymnasiums, schließlich 1941 Auf hebung des Klosters selbst und Vertreibung der Mönche. Dann 1945 Wiederkehr unter dem Jubel von Tausenden und Aufbau. Hat Ignatius Schachermair auch 1964 die fak tische Leitung seines Klosters niedergelegt, so ist er doch durch sein Dasein allein Segen für sein Kloster, das ihm mit Vertrauen, Ehrfurcht und Liebe sein Beten und Opfern dankt. Wie eh und je mit bewundernswerter Zurückhaltung lebt er seinen Wahlspruch: In omnibus Caritas (In allem die Liebe). Ihm zur Seite, wie ein Sohn dem alten Vater, die ganze Verantwortung seit drei Jahren tragend, mit schier uner schöpflicher Arbeitskraft und noch jugendlichem Elan die Probleme seines Wirkungskreises angehend und meisternd, steht Abt-Koadjutor DDr. Albert Bruckmayr. Schon vieles hat er in diesen drei Jahren geschaffen; viel hat er noch vor. Wir wünschen nur, daß auch seine Gesundheit dieses Tempo auf die Dauer aushalten möge. Sein Wahlspruch ist wirklich auch sein (und unser) Anliegen: Christus hodie (Christus heute). Zusammenfassung Wenn es nicht schon aus dem Vorhergehenden erhellt, muß wenigstens jetzt klarwerden, daß wir weder eine Fremden verkehrsattraktion sein wollen noch uns als Museumswächter, Wirtschaftsleute oder auch als „berufsmäßige Beter" ver stehen. Alle diese Tätigkeiten sind notwendig, zum Teil auch sehr nützlich. Unser Selbstverständnis aber geht von anderen Gegebenheiten aus. Wir sind Ordensleute und nennen uns Benediktiner, weil eine Grundlage unseres Lebens, unserer „Organisation" die Ordensregel des hl. Benedikt von Nursia (gest. 547) ist. Wir sind aber nicht nur von dieser Regel geprägt (sie ist eher eine ideelle als praktisch konkrete Grundlage), sondern ebenso stark von einer langen historischen Entwicklung und von den mannigfaltigen Aufgaben, die uns im Laufe der Zeit zugeteilt wurden oder die wir selber übernommen haben. Damit ist auch schon gegeben, daß wir nicht notwendig jedes unserer Arbeitsgebiete für immer behalten müssen oder daß wir nicht einmal auch andere dazunehmen könnten. Hier müssen wir für die Notwendigkeiten der Ortskirche und der Gesamtkirche immer offen bleiben. Für viele Menschen ist ein Kloster eine unverständliche, fast anachronistische Einrichtung, die beinahe noch mittelalterliche Geheimnisse birgt. Was besagt also ein Leben im Kloster? Darauf kann man zunächst die kurze Antwort geben: Das Leben in einer klöster lichen Gemeinschaft ist eine mögliche Weise, das Christen tum zu verwirklichen. Vorbild für eine solche Lebensform bleibt die Urgemeinde von Jerusalem, von der es in der Apostelgeschichte heißt: „Sie hielten fest an der Lehre der Apostel, an der Gemeinschaft, am Brotbrechen und am Ge bet ... Die Gläubigen hielten alle zusammen und hatten alles gemeinsam" (Apg. 2,24 f). Wir sind also eine Gemeinschaft von Männern, die aus religiösen Motiven zusammenleben, um Gott zu verherrlichen, indem wir für unsere Mitmenschen arbeiten; so möchten wir durch unsere Existenz Zeugnis für unseren Glauben ablegen. Es gibt hier nichts Geheimes, nichts Absonderliches, jeder Mann kann sich davon überzeugen, daß wir „hinter Klostermauern" ein recht normales — oft recht gewöhnliches — Leben führen, in dem die Arbeit oft das Gebet beinahe zu kurz kommen läßt. Im Glauben an Chri stus verzichten wir des Himmelreiches willen auf Ehe und Familie, unterwerfen uns freiwillig im Gehorsam unserem Abt und bemühen uns, ein einfaches Leben zu führen (der Ausdruck „Armut" könnte hier mißverstanden werden). Der Ton liegt also deutlich auf der Gemeinschaft: wir beten zu bestimmten Stunden im Kloster gemeinsam, feiern Euchari stie (wenigstens einige Male in der Woche) als Konzelebration, wir arbeiten auf vielen Gebieten als Gemeinschaft, wir essen an einem gemeinsamen Tisch und versuchen so dem Ideal der schon zitierten Apostelgeschichte nahezukommen: „Die Menge der Gläubigen war ein Herz und eine Seele" (ebd. 4,32). Eine Welt, die immer mehr Gemeinschaft wird, kann uns vielleicht auch wieder besser verstehen und vielleicht unseren Verzicht wieder besser diagnostizieren als Zeugnis für Chri stus. Wir freuen uns auch immer, wenn wir andere an unserer Gemeinschaft teilnehmen lassen können. Eine Möglichkeit dazu gaben schon zweimal die Kartage, an denen mehrere Männer unser klösterliches Leben mit uns teilten („Kloster auf Zeit"). Dieses unser Wesen, unser eigentliches Selbstverständnis vom Kloster, ist aber ständig von zwei Seiten Gefahren und Miß deutungen ausgesetzt: einmal dadurch, daß wir uns selber von unseren Idealen entfernen können; von diesem Stand punkt aus zählen wir zur „ecclesia Semper reformanda", das heißt, unsere Lebensart, die konkrete Form, wie wir unser Leben gestalten, bedarf einer dauernden Überprüfung nach der doppelten Richtung: entsprechen wir dem Evangelium und der Regel des hl. Benedikt und sind wir für die heuti gen Menschen glaubwürdig? Ein Kloster ist ein aus lebendigen Menschen bestehender Organismus, der in Bewegung ist. Unsere Lebensform ist

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