KLOSTER IN OBERÖSTERREICH Kremsmünster — heute Text:Patres von Kremsmünster Dr.Peter Gradauer Die Stifte Oberösterreichs — kirchenrechtlich und kirchengeschichtlich gesehen Dr. Norbert Wihiral Die Wandmalereien des XI. Jahrhunderts im ehemaligen Westchor der Klosterkirche von Lambach DDr.Floridus Röhrig Barockstift St. Florian Prof. Dr. Benno Huhensteiner Die Donauklöster Wilhering und Engelszell — Glanzlichter im bayerisch-österreichischen Spätbarock Dr. Erich Widder Stift Schlierbach und seine Glaswerkstätte Prof. Franz Engt Porträts von Reichersberger Pröpsten Dr. Georg Wacha Stifte und Klöster Oberösterreichs zwischen Reformation und Barock Prof. Georg Grüll Die Klöster und Stifte in Oberösterreich Schriftleitung; Dr. Otto Wutzel Zu diesem Heft: Es nennt sich Klöster in Oberösterreich. Wie in allen Heften unserer Zeitschrift wird das Thema nicht in Form eines Kompendiums ausgeschöpft, sondern lediglich mit aktuellen Bezügen ange deutet. Anlaß zum Thema bot die feier liche Übergabe der romanischen Fresken im Benediktinerstift Lambach an die Öffentlichkeit zur Besichtigung (am 14. Oktober 1967), die Oberösterreichs Klöster wieder einmal stark ins all gemeine Interesse rückte. Im Vorder grund der Darstellung stehen die Stifte, die innerhalb des Klosterwesens in Osterreich eine eigene Position einneh men, die auch kraft ihrer historischen Überlieferung ein besonderes Interesse beanspruchen können. Besonderen Dank wissen wir dafür, daß sich in freundlicher Weise so viele Fachwissen schafter, auch aus der unmittelbaren Nachbarschaft, zur Mitarbeit bereit er klärten. Umschlagbild; Detail von den Wand malereien des XI. Jahrhunderts im ehe maligen Westchor der Klosterkirche von Lambach, 7. Szenenfeld mit thronendem Herrscher. — Der „gerechte Herrscher als Richter über den Tyrannen". Thema des Sommerheftes 1968: Barockland Oberösterreich. OBERÖSTERREICH Halbjahresschrift — Kunst, Geschichte, Land schaft, Wirtschaft, Fremdenverkehr. 17. Jahrgang, Heft 3/4, Winter 1967/68. Eigentümer, Herausgeber und Verleger: Oberösterreichischer Landesverlag; verantwortlich für den Inhalt im Sinne des Pressegesetzes: Dok tor Otto Wutzel, sämtliche Linz, Landstraße 41, Ruf 26 7 21. — Druck: Oberösterreichischer Landesverlag, Linz.—Einzelverkaufspreis: 5 28.—, Jahresabonnement für 2 Hefte S 48.— exkl. Porto.
4. ■ ■ A l t ' §4 i 1"^ ^ f >; Pontifikalamt in der Stiftskirche Kremsmünster Kremsmünster - heute Text; Patres von Kremsmünster Fotos: Erich Widder Ein Kloster möchte sich vorstellen. In einer reportageartigen Selbstaussage versuchen ein paar Kremsmünsterer Patres verschiedenen Alters möglichst nüchtern und unromantisch, aber doch in Liebe zu ihrer Gemeinschaft, das Selbstverständ nis ihres Klosters darzulegen. Wie sehen wir uns? Wie wollen wir gesehen werden? Wir tun es in vier konzentrischen Kreisen von auiSen nach innen. In den ersten Kreis lassen wir den Strom gelegent licher Besucher ein, die — sehr von außen — ein Bild vom Stift mitnehmen. „Das Tor soll jedem offen steh'n, der ehrbar will durch selbes geh'n." Das kann man am rotweiß-roten „Eichentor" lesen. Aber meist fährt das Auto schnell an diesem Spruch vorbei, der sich bei geschlossenem Tor dem späten Besucher auf der Heimkehr besser in latei nischer Form präsentiert: „Porta patens esto, nulli claudatur honesto". Im zweiten Kreis wenden wir uns den sogenannten kultu rellen Einrichtungen des alten Klosters zu. Denn deswegen kommen doch viele in unser Stift. Ja, vielen sind sie „das Stift". Im dritten berichten wir von unserem geistigen Streben und unserer Arbeit. Im letzten Abschnitt versuchen wir die Grundlage und den Kern unseres heutigen Lebens darzulegen. Selbstverständlich stellen diese Ausführungen keine offizielle Äußerung dar. Fremdenverkehrsbetrieb? Jeder Mensch hat heute eine ganz bestimmte Vorstellung von einem Kloster. Diese ist unter anderem geprägt durch Ein drücke, die man bei Besuchen erhält. Um diese Eindrücke über Kremsmünster geht es hier. Und zwar wollen wir uns fragen, wie diese Eindrücke zustande kommen und welche Bedeutung sie für die Menschen und für das Stift Krems münster haben. Als vor drei Jahren für unsere Klostergemeinschaft ein neuer Abt gewählt wurde, berichteten darüber verschiedene Zei tungen. Dadurch wurden sicherlich bei manchem jene Ein drücke revidiert, die durch den Geschichtsunterricht oder durch
einen Kunstführer zustande kamen. Ganz zu schweigen von jenen Vorstellungen, die noch lebendig waren durch einen Besuch in der Kinderzeit, wo vielleicht große Karpfen im Wassergraben oder der mißgebildete Kopf eines Kalbes in der Sternwarte am meisten imponierten. Anläßlich solcher Ver änderung im Stifte, wie es die Abtwahl war, konnte einem interessierten Zeitungsleser aufgehen, daß es bei Krems münster um mehr geht als um ein Schulausflugsziel oder um seinen Prälatenwein in der Stiftsschank. Das Image dieses Hauses wird aber doch für viele Besucher durch die Kunst schätze geformt, die hier zu sehen sind. Wenn man durch die Säle der Kunstsammlungen geht und schließlich vor dem Tassilokelch steht, wird sich wohl kaum jemand dem Ein druck entziehen können, daß hier Vergangenheit gegenwärtig geworden ist und zur eigenen Besinnung drängt. Allerdings muß man sich Zeit dazu nehmen. Von vornherein wird der Besucher nicht dazu ermutigt. Denn der äußere Bau, die Fassade, ist nicht so faszinierend wie anderswo. Deswegen landen auch viele Leute, die in Gesellschaftsreisen herbei geführt werden, praktisch nur in der Schank. Höchstens, daß ein Blick in die Kirche gemacht wird. Sie gefällt. Sie vermit telt aber bei dieser Oberflächlichkeit nichts, was dem anschlie ßenden gemütlichen Teil in der Schank standhalten könnte oder neben anderen „konsumierten" Schönheiten unseres Landes bestehen bliebe. Das ist aber nicht nur in Krems münster so. Diese Erscheinungen des heutigen Tourismus sind häufig. Kremsmünster steht also dem Tourismus mit allen positiven und negativen Auswirkungen offen und hat dadurch Möglichkeiten, die früher nicht in dem Maße gege ben waren, dem Menschen zu dienen. Dieser äußerlichste Wirkungsbereich hatte bisher hier weniger Bedeutung. Durch bestimmte Bedürftigkeit des Menschen im Industriezeitalter gewinnt er aber zunehmend an Aktualität. Wir suchen dem Rechnung zu tragen, soweit es uns wirtschaftlich und perso nell neben unseren Hauptaufgaben (Schule, Erziehung, Seel sorge) möglich ist. Wenn aber heute der Fremdenverkehr in Österreich ein hervorragender Devisenbringer ist, so folgt daraus für Kremsmünster nicht, daß das Stift ein Fremden verkehrsbetrieb ist, der viel einbringt. Wir sind kein gewinn bringendes Museum. Wollen es auch nicht sein! Uns sind durch die Ordenszugehörigkeit und durch die Geschichte wesentlichere Aufgaben gestellt, zu denen wir stehen müssen. Das sieht ein Ausflügler nur zum geringen Teil, auch wenn er vielleicht einen Pater mit einer Schar Studenten trifft, die von einem Spaziergang heimkommen. Von unserem ständigen Versuch, Gott und Kirche glaubhaft zu machen — und das ist das Wesentliche für uns — wird er kaum je berührt. Damit wird unser Engagement im Tourismus auf den ersten Blick fragwürdig, weil wir damit anscheinend Kräfte vertun, die wir unserer wesentlichen Bestimmung vorenthalten, und weil durch die Oberfläche, die wir anbieten, das innere Anlie gen verdeckt werden kann. Wenn wir trotzdem Besucher nicht abweisen, ihnen sogar Führungen ermöglichen, und wenn wir die Ausstellungen modernisieren, so sind dafür zwei Gründe maßgebend. 1. Wir können den aufgeschlossenen Menschen über unsere historisch-traditionelle Gestalt (in Kunst und Kultur) hinaus auf unsere Existenz als Zeugen für Gott verweisen. Die Be gegnung kann bei aller Oberflächlichkeit tiefere Schichten be rühren. Vielleicht werden wir darauf im Interesse der Seel sorge in Zukunft mehr Wert legen müssen. 2. Wir wollen den Menschen einen Dienst leisten, der heute notwendig ist. Wir bieten den Städtern — nicht nur aus dem Großraum Linz, Wels, Steyr — die Möglichkeit einer Kultur begegnung und Entspannung,die sie brauchen. Der steigende Tourismus ist eine Reaktion auf die Techni sierung, Industrialisierung und Verstädterung des Menschen. So ist neben der Kulturbegegnung auch die gemütliche Stunde in der Schank und die flüchtige Begehung des Klostergebäudes für uns sinnvoll. Wenn uns dieser Dienst an den Menschen gelingt, erfüllen wir in neuer Form die gleiche Aufgabe, die unser Haus schon immer erfüllt hat: Dem Menschen die Welt in Natur und Kultur als Weg zu Gott zu zeigen. Nur Museum? Ein Kloster, älter als das Heilige Römische Reich, älter als Österreich und Habsburg, und doch mitleidend und mitge staltend ein Stück Österreich, hat aus seiner fast 1200jährigen Geschichte auch vieles bewahrt, was heute noch sehenswert ist. In diesem Sinne hat und ist Kremsmünster auch ein Museum. Gemäldegalerie, Kunstkammer, Rüstkammer, Zimelienraum mit Tassilokelch und Tassiloleuchtern, von ersten Fachleuten Österreichs seit 1960 neu gestaltet; Kaiser saal und Bibliothek; die Unica Austriaca Fischbehälter und Sternwarte sind Anziehungspunkte. Viele besuchen gerade deswegen Kremsmünster. Hier handelt es sich nicht nur um Überreste, die wir bewah ren und präsentieren. Wir müssen sie auch, so gut wir es bei auferlegter Sparsamkeit, mit geringem staatlichem Zu schuß und trotz großer, aber noch nicht ausreichender Mittel vermögen, restaurieren und zeitgemäß instand setzen. Das ist eine undankbare und unbedankte Aufgabe. Schwieriger und weniger spektakulär, als Neubauten aufzuführen. Gebäude, Räume, Dinge sind zu einem guten Teil nicht museal, sondern haben auch heute noch eine lebendige Funk tion. Nicht nur die Kirche, was wohl selbstverständlich ist. Sondern, um nur einige Beispiele anzuführen, auch die Michaelskapelle mit den 1700 Jahre alten Römersteinen im Fundament und dem ersten Altar „versus populum"(= dem Volke zugewendet) in der Diözese Linz aus dem Jahre 1939, wo wir unser Konventamt als Konzelebration feiern. Oder die Sternwarte. Sie ist nicht nur das älteste erhaltene Hoch haus Europas (1748 bis 1758 erbaut); sie ist nicht nur das erste Universalmuseum Österreichs, sie birgt nicht nur kost bare naturkundliche, physikalische, astronomische Sammlun gen, sondern sie steht auch heute als bedeutende Station für Meteorologie, Seismik (Erdbebenmessung) und Luftelektrizi tät in modernster Verwendung. Der Kaisersaal ist Festsaal für Konzerte und festlicher Rahmen für die jährlich stattfindende Schulschlußfeier (Promulgation) des Gymnasiums. Einmal im Jahr — wir sprechen davon, weil es für Kremsmünster spezifisch ist — entfaltet sich da noch für eine halbe Stunde die alte barocke Pracht. Pagen im Dreispitz, die den Abt begleiten und bedienen; Lehrer im schwarzen Professorenmantel und — Zugeständnis an ein bürgerliches Zeitalter — mit Zylinder; der Abt selbst im sei denen Mantel und mit Prälatenhut; feierliche „Intrada" mit Paukenwirbel und Trompeten. Adalbert Stifter, selbst ein Schüler unseres Stiftsgymnasiums, hat die Stimmung der Lehrer, Eltern und Schüler in einem bei dieser Gelegenheit von ihm selbst vorgetragenen Erstlingsgedicht festgehalten. Rezitationen der Schüler in Latein oder Griechisch, in Fran zösisch oder Englisch und in Deutsch umrahmen mit Chor gesang die Preisverteilung, die für die barocken „Buckerl" einer eigenen Regie bedarf. Die besten vier Schüler der vier Klassen des Untergymnasiums erhalten vom Abt Bücher als „Prämien" unter Paukenwirbel und Posaunenschall. Größte Ehrung eines Kremsmünsterer Untergymnasiasten, der als „Prämifer aussiblasn" wird! — Doch auch dieser feierliche Saal wird seinem eigentlichen Zweck als Speisesaal zurück gegeben, wenn sich ein Angehöriger unseres Hauses diesem auf Lebenszeit verbindet oder sich ein Primiziant mit seinen Mitbrüdern und Verwandten hier zum festlichen Mahle ver sammelt. Einmal im Jahr dient der Kaisersaal u. a. den Teil nehmern und Teilnehmerinnen an der „Internationalen Stu-
■■ ■ ■ ^ ■ ,c j ^ — — . •• -t'\k m ^ ¥'• >* 4%,.. '«■ '^^v'-;:.-^' s5s%ä--- iW #'-■ ;' ^% >•">»• I Die ausgedehnten Stiftsgebäude — 7 Joch Dach. — Foto: Wöhrl dienwoche der Katholischen Hochschuljugend" als Speisesaal. Die Jüngsten (Erstkommunikanten) und die Ältesten (Tag der Alten) versammeln sich hier einmal zum festlichen Früh stück. Der Stiftsbibliothek, die über 100.000 Bücher, über 600 Inkunabeln („Wiegendrucke" bis 1500) und 400 mittelalter liche Handschriften, darunter den „Codex Millenarius" (eine Evangelienhandschrift aus der Zeit Karls d. Großen) birgt, wurde erst kürzlich ein modernes Bücherdepot für drei Lauf kilometer Bücher und ein Benützerraum mit Katalog und Mikrofilm-Leseapparat angeschlossen. Ein eigenes Hand schriftendepot ist in Vorbereitung. Alle mittelalterlichen Handschriften sind auf Mikrofilm aufgenommen. Eine Nega tiv-Kopie ist bei uns, die andere — für alle Fälle — in Amerika. Das Photolabor muß dauernd Mikrofilme unserer Handschriften und Musikalien für auswärtige Besteller an fertigen. Andererseits dient der Codex Millenarius mit dem Tassilokelch und den Tassiloleuchtern am Todestag des Her zogs, am „Stiftertag" (11. Dez.), dem kultischen Gebrauch. Die (nicht zugängliche) „Schatzkammer" — die wirklichen „Schätze" befinden sich im Zimelienraum der Sammlungen — enthält fast ausschließlich Paramente, Kelche, Gegenstände, die heute noch im Laufe des Kirchenjahres beim Gottes dienst verwendet werden. Der Tassilokelch wird auch am Gründonnerstag zur Konzelebration gebraucht. Mit ihm ist vor drei Jahren bei der Abtweihe die erste feierliche Kon zelebration Österreichs vollzogen worden. Er ist zugleich die kostbarste Wahlurne der Welt: Abt Ignatius Schachermair (1929) und Abt-Koadjutor Albert Bruckmayr (1964) sind aus ihm gewählt worden. In den alten Räumen wohnen wir — wenn sie auch jetzt Zentralheizung, Fließwasser und moderne Bäder haben —, in ihnen versammeln wir uns zum Gebet; im neugestalteten Kreuzhof, zwischen den Mauern des 13. und 18. Jahrhunderts, werden wir begraben sein. Aus der Bildergalerie sind gotische Tafelbilder wieder zur Altargestaltung in die Kirche zurück geführt worden; die Schutzmantelmadonna dient der Mai andacht. Die Beispiele ließen sich leicht vermehren. Überreste alter Zeiten, Überkommenes materieller und geistiger Art, lebendige Überlieferung und Gegenwart verzahnen sich in einer eigenartigen Weise. Alte, ehrwürdige Kultur eines Klosters ist viel. Der Mensch und seine Seele sind mehr. Alles ist letztlich Gott und Sein Reich!
'fk ^fi k ■■*/■ ' -.' .^k Ohne das abgebrauchte Wort „Ora et labora" (Bete und arbeite), das ja für alle Christen, also auch für uns gilt, besonders bemühen zu wollen, müssen wir doch darlegen, daß wir uns als Ordensleute (Reguläres) und als Benediktiner dem Opus Dei, dem Gottesdienst, in erster Linie verpflichtet fühlen, wenn auch das Ideal oft hinter der Wirklichkeit zu rückbleibt. Ebenso gilt der alte benediktinische Wahlspruch: „Ut in Omnibus glorificetur Deus" (Daß Gott in allem ver herrlicht werde) für alle Christen. So versuchen auch wir, obwohl ein gewisses Maß äußeren gesprochenen Gotteslobes uns Benediktinern mehr und verpflichtender als unseren Brüdern in der Welt und in gewissem Sinne auch stellver tretend für sie, aufgegeben ist, und Privatgebet, Betrachtung, Anbetung zu unserem Leben gehören, eine Einheit zwischen Gebet und Arbeit herzustellen. Wir sind auf allgemein christ licher Ebene, wenn es für uns keine rein profanen Bezirke gibt: Die Arbeit nimmt am Wert des Gebetes teil, und das Gebet heiligt die Arbeit. Wir gehören nicht einem beschau lichen Orden an. Doch manifestiert sich unser Leben keines wegs nur in äußeren, sichtbaren und meßbaren Leistungen. Zu bestimmten Stunden des Tages und Abends beten wir im Chor das offizielle Gebet der Kirche (Landes, Terz; Sext und Non; Vesper; Komplet; Matutin). Wir haben — außer zu Weihnachten und Ostern — keinen Nachtchor. Aber das Wesentliche des gemeinsamen Gotteslobes war in Krems münster so stark, daß selbst in der Zeit der Aufhebung während des NS-Regimes die wenigen verbliebenen „dienst verpflichteten" Patres das Chorgebet weiter gehalten haben. Der Strom des offiziellen kirchlichen Gebetes ist hier in den fast 1200 Jahren des klösterlichen Bestandes nie versiegt. Darauf sind wir stolz, wenn wir vielleicht auch wegen unse rer äußeren Arbeit die Liturgie nicht so feierlich gestalten können wie manch andere Abteien. Anhangsweise darf darauf hingewiesen werden, daß — bevor der Name „Stift" aufgekommen ist — die gebräuchliche Be zeichnung „Gotteshaus Kremsmünster" gewesen ist. Natürlich hat man damit nicht die Kirche, sondern den ganzen Kloster bereich gemeint. Chremsmunster, das Münster (monasterium = Kloster) an der Krems, ist die Abtei auch durch Jahrhunderte lateinisch genannt worden, bevor die Humani sten ein etwas verweltlichtes „Cremifanum" daraus gemacht haben und aus den „Monachi S. Salvatoris et Agapiti" (Mönche des heiligen Erlösers und des hl. Agapitus, unseres Patrons) die „Cremifanenses" geworden sind. Arbeit Mit 93 Mönchen und zwei Novizen stehen wir derzeit (1. Oktober 1967) zahlenmäßig zwar nicht schlecht da, arbeits mäßig allerdings, besonders durch die Übernahme des Wall fahrtsortes Mariazell, zum Teil auch sehr angespannt. Von diesen 93 sind zwei Laienbrüder, acht Kleriker, die in Salz burg, Linz und Rom ihre Theologie absolvieren, und zwei Chorfratres (über diesen neuen, noch weithin unbekannten Mönchstand s. u. S. 11 f.) 81 Priester also hat Kremsmünster. Von ihnen arbeiten 43 (d. s. 53 Prozent) hauptamtlich in der Pfarrseelsorge: davon vier in der Stiftspfarre und fünf in Mariazell. 21 Patres (25 Prozent) sind Lehrer am Stiftsgymnasium. Einige unserer Mitbrüder sind in auswärtigen Stellungen, einige studieren maemii „Es gibt nichts Geheimes, nichts Absonderliches; jeder Mann kann sich davon überzeugen." 1 Gesungenes Tischgebet im Refektorium 2 Konzelebration in der Michaelskapelle 3 Novizenunterricht 4 Ein Frater in seinem Zimmer
w ||{S| m Geistliche Professoren: Gymnasialdirektor und Oberstudienräte Die alte Stiftsbibliothek ist zu klein geworden ... Der Abt prägt und führt die Gemein schaft — DDr. Albert Bruckmayr in Wien, Graz und Salzburg. Im Kloster selbst sind nur 30 Priester. Den Abt mitgerechnet, arbeiten fünf Priester in der Verwaltung (Forst, Landwirtschaft, Rentamt), haben aber dazu noch z. T. schwere seelsorgliche Verpflichtungen. Pfarrseelsorge Die Pfarrseelsorge gehört jetzt (als österreichisches Spezifikum) zu den Hauptaufgaben des Klosters. Die Pfarreien sind dem Stift „inkorporiert", d. h. eingegliedert. Das Kloster ist der Pfarrer. Der Mönch, den der Abt hinausschickt, ist Pfarr vikar mit allen Rechten und Pflichten eines Pfarrers. Als Ordensmann untersteht er dem Abt, in seiner Tätigkeit als Seelsorger dem Bischof von Linz (Graz). Der Bischof ernennt den Mönch als Pfarrvikar, den ihm der Abt „präsentiert". Inmitten der Diözese Linz, eines (für Österreich) „jungen" Bistums, weil es erst 1785 gegründet worden ist, liegt fast geschlossen der Seelsorgsbereich des Stiftes — ein glücklicher Sonderfall. (Müßte der Abt plötzlich alle Patres ins Kloster rufen, so wäre das heute in einer Stunde möglich.) Über 50.000 Seelen und 42 Kirchen werden von Kremsmünster aus betreut. Über mehrere Dekanate erstreckt sich dieses geist liche Gebiet. Zwei Patres von Kremsmünster sind Dechante. Im Ausmaß hat sich dieses geistliche Territorium — einst unser Missionsgebiet, das vorher, wie fast ganz Ober- und Niederösterreich, zur Diözese Passau gehört hat — kaum ver ändert. Nur ist zur Zeit Kaiser Josephs II. die Zahl der Pfarreien von 16 auf 26 erhöht worden. Ein mitbrüderliches Verhältnis herrscht zwischen Welt- und Ordensklerus; ein gutes und vertrauensvolles zum Bischof von Linz. Er hat die Stifte, die fast ein Drittel der Pfarreien seiner Diözese pastorieren, die „Fixsterne" seines Bistums genannt. Gemeinsam tragen Diözese und Stift die finanziellen Lasten, die etwa auch Kirchenrenovierungen und Neubauten von Kirchen bringen. Im schönen oberösterreichischen Almtal, fast schon im Gebirge, wurde für den Industrieort Scharnstein Kirche und Seelsorgerhaus neu gebaut. Vor den Toren von Linz, in Neuhofen, ist ebenso der Neubau der Kirche bereits begonnen. Fast als Paradigma der Neugestaltung einer alten gotischen Kirche kann die Restaurierung der Pfarrkirche von Sipbachzell gelten, wo nach Entfernung der keineswegs denk malwürdigen neugotischen Einrichtung ein heller, klarer Raum entstanden ist, der mit seinem Altar versus populum den neuen liturgischen Anforderungen entspricht und auch künstlerisch ansprechend ist — was man ja nicht von allen ähnlichen „Neu gestaltungen" behaupten kann. Die Arbeit der Seelsorger im einzelnen zu schildern, ist unmöglich und wohl auch nicht nötig. Der Problematik — Leben im Kloster und Pfarrseelsorge — sind wir uns durch aus bewußt. Nur lehnen wir die Gleichung: Josephinismus = Pfarrseelsorge durch Mönche, wegen der falschen Prämissen ab. Nicht erst seit Joseph II. haben wir selbst die Pfarrer gestellt, schon seit der sogenannten Gegenreformation. Immer dann, wenn die Kirche in Gefahr gewesen ist oder die Kirche uns gebraucht hat, sind die Mönche in die Bresche gesprun gen. Bereits unter Gregor d. Großen. Wir glauben, daß wir uns hier in Österreich nicht in eine „splendid isolation" zurückziehen dürfen, wenn das Volk Gottes den Priester braucht. Der örden des hl. Benedikt ist nun einmal heute kein Laienorden mehr,sondern ein Priesterorden. Oft und oft müssen die Patres im Kloster ihren Mitbrüdern auf den Pfarren Seelsorgsaushilfe leisten. Trotz vieler freu diger Helfer aus dem Welt- und Ördensklerus braucht Maria zell von Mai bis Oktober an jedem Wochenende noch zusätz lich drei bis vier Priester aus Kremsmünster. Ein anstrengender zusätzlicher Dienst! Denn seit vorigem Jahr haben wir die Wallfahrtsortseelsorge in Mariazell übernommen. Für welche Zeit, weiß Gott allein. Aber wir konnten uns dem Ruf der österreichischen Bene diktinerkongregation nicht verschließen, diesen österreichi schen benediktinischen Wallfahrtsort in die Aufgaben unseres Hauses aufzunehmen. St. Lambrecht, der Gründer und jahr hundertelange Betreuer dieser Gnadenstätte, kann es momen tan nicht. Die Erwartungen in ein selbständiges Priorat haben sich nicht erfüllt. So sind wir jetzt Treuhänder des steirischen Stiftes. Nicht schlechte — so hoffen wir. Daß die Aufgabe groß und verantwortungsvoll ist, sagt eine Zahl: 500.000 Pilger kommen jährlich nach Mariazell! Wir sehen hier einen Ruf Gottes und eine Aufgabe für die Kirche in Österreich.
if I ^ k" 1 ! \ »H / 1 1 Neue Aufgabe: Mariazell — jährlich 500,000 Pilger 2 Entrümpelte Pfarrkirche Sipbachzell 3 Mociell des Neubaus der Pfarrkirche für Neuhofen a. d. Kr. (Entwurf Prof. Dok tor Karl Rebhahn) 4 Vortrag während der Internationalen Studienwoche der Katholischen Hoch schuljugend Österreichs 5 Die Studenten des Gymnasiums gehören zur Klostergemeinschaft 6 Kaisersaal: Preisverteilung am Ende des Schuljahres in barocker Form Deswegen haben wir allerdings unsere heimischen Gnaden stätten Adlwang und Schauersberg nicht vergessen. Oft kommen die auswärtigen Mitbrüder auch heim ins Kloster: zu Konferenzen, Tagungen, Exerzitien, zum Kapitel, zu Stiftsfesten. Außerdem gibt es bestimmte Tage, an denen sich alle, die sich frei machen können, zu Besinnung und mit brüderlichem Zusammensein daheim treffen. Zweimal wurde schon der Versuch gemacht, durch eine theologische Woche mit bekannten Fachleuten über die neuen Probleme der Theologie und der Seelsorge zu diskutieren. Diese Woche ist nur für uns selbst zur Weiterbildung gedacht. :-y:, Jv u:-;:: liftiÄäÄviSiis Wenn wir von der Seelsorge reden, so müssen wir auch eines neuen benediktinischen Zweiges, den unser F. Norbert ge gründet hat und dem er noch heute in Steinerkirchen seinen Beistand leiht, gedenken: der sogenannten „Subiaco-Schwestern". Ihren volkstümlichen Namen haben sie nach dem Exerzitienhaus Subiaco in Kremsmünster, von wo ihre Grün dung ausgegangen ist. Diese modernen Benediktinerinnen wirken als bereits kirchlich anerkannte Ordensgemeinschaft mit über 200 Mitgliedern in der Seelsorgshilfe — schon über die Grenzen Österreichs hinaus. Manche unserer Mitbrüder stehen auf weiter entfernten Außen posten. Einige sind aus dem Körper des Klosters herausge nommen und an andere Abteien als Vorsteher berufen wor den. So ist der gegenwärtige Abt von Admont und Präses der österreichischen Benediktinerkongregation ein Profeß von Kremsmünster. Im Laufe seiner Geschichte hat Kremsmünster an andere Klöster 14 Äbte, an die alte Benediktineruniversi tät Salzburg 28 Professoren und vier Rektoren (die mehr als ein Drittel der Bestandszeit die Geschicke der Universität geleitet haben) abgegeben. Zwei Bischöfe, ein Erzbischof und ein Kardinal, sind aus dem Kloster hervorgegangen. Außerordentliche Seelsorge Soweit die Kräfte reichen, arbeiten wir auch an der außer ordentlichen Seelsorge mit: in geistlichen Exerzitien und Ein kehrtagen, durch Vorträge, religiöse Wochen, in Jugendlagern und Jugendwochen. Jährlich in den Sommerferien versammeln sich in Krems münster Studenten und Studentinnen der Katholischen Hoch schuljugend Österreichs mit Gästen aus dem Ausland zur „Internationalen Studienwoche". Heuer schon zum 21. Male. „Kremsmünster" ist für viele Hochschüler ein Begriff gewor den. Bedeutende Männer haben hier schon Vorträge und Vor lesungen gehalten; manche der Teilnehmer sind inzwischen selbst Hochschulprofessoren und Dozenten geworden. Gymnasium Kremsmünster kennt eine besondere Art von Besuchern: seine Studenten. Sie wohnen fast zehn Monate des Jahres im Klo ster und gehören deshalb in weitem Maße zur Kloster gemeinschaft.
Die Buben werden von ihren Eltern den Patres anvertraut, vor allem, weil man sich eine gediegene Ausbildung erwartet. Die Anstalt hat den Ruf einer guten Schule. Dies empfinden wir weniger als Ehre, sondern hie und da als Belastung, die meiste Zeit jedoch als Ansporn. Nach der neuen staatlichen Studienordnung für allgemeinbildende höhere Schulen wird Kremsmünster als humanistisches Gymnasium geführt. Wir glauben, daß der Unterricht von Latein und Griechisch immer noch die größte Möglichkeit bietet, das Denken des Abend landes und unserer modernen Welt zu begreifen. So gesehen, glauben wir, daß die Altphilologie keine Einschränkung für moderne Fremdsprachen, für technische und naturwissen schaftliche Fächer sein muß. Im Gegenteil. Es kann ein An sporn für die Weiterbildung sein. Aus diesem Grund sind wir bemüht, die Möglichkeiten des Physik- und Natur geschichtsunterrichtes immer mehr auszubauen. Aus dem glei chen Grund werden so verschiedene Fächer wie Darstellende Geometrie, Philosophiegeschichte und Filmerziehung als Frei gegenstände unterrichtet. So wird auch versucht, die Einrich tungen zur körperlichen Ertüchtigung noch weiter auszubauen. T interessanter gestalten könnte, so ist dieser Dialog ein Zei chen für die Mühe,die eigene Didaktik zu verbessern. Konvikt Wesentlich für den Erfolg oder Mißerfolg des Kremsmünsterer Gymnasiums ist nicht nur die Qualität seiner Lehrer, son dern ebenso die Atmosphäre des Konviktes. 247 Buben von insgesamt 309 Studenten leben in sieben „Abteilungen", die altersmäßig gestuft sind, mit ihren geistlichen „Präfekten" zusammen. Das Konvikt, in der jetzigen Form seit 1804 be stehend, ist in den Räumen des „Prälatenhofes" unterge bracht. Die barocken Räume sind groß und licht; haben breite Gänge. Die Einführung des neunten Schuljahres stellt uns vor die Aufgabe einer teilweisen Umgestaltung der Räumlichkeiten. Wenn die Psychologie feststellt, „daß Stu dier-, Schlaf- und Wohnraum die Entwicklung der jungen Menschen wesentlich mitprägen", so ist dies ein weiterer Grund, die Wohnfrage unserer Studenten neu zu überlegen. Natürlich wird im Konvikt vor allem studiert. Aber vielleicht sorgen sich die Erzieher heutzutage mehr als früher für die Freizeitbeschäftigung. In einer Zeit, die dem einzelnen in der Gestaltung seines Lebens größere Freiheiten einräumt, wird das unbedingt notwendig. So können sich die Studenten geEs ist für ein Kloster, auch wenn sein Personalstand viel leicht größer als anderswo ist, nicht leicht, genügend gute Professoren zu stellen. Schließlich eignet sich nicht jeder dazu. Wenn deshalb im Lehrkörper des Gymnasiums neben 21 Geistlichen auch vier Laien — unter ihnen seit 1967 eine weibliche Lehrkraft — unterrichten, so ist das für das Kloster keine geringe Entlastung. Vielleicht kann man auch sagen, daß gerade durch solche, die in der „Welt" leben, eine noch vielseitigere Ausbildung der jungen Leute gewährleistet sein könnte. Schließlich ist unser Gymnasium keine Schule für zukünftige Mönche und Geistliche, wenn sich auch das Klo ster hauptsächlich aus Abiturienten der eigenen Lehranstalt ergänzt. Es soll ja nicht eine Allgemeinbildung im Sinn des Vielwissens erreicht werden. Sondern wir suchen die Studen ten zu lehren, wie sie sich im komplizierten modernen Leben zurechtfinden können. Das Lernen kann für einen Mittel schüler zur Freude oder zum Alptraum werden. Wenn nun im Kremsmünsterer Lehrkörper unter den Kollegen oft und viel besprochen wird, wie man den Unterricht immer noch
wm Oben: Die Tassiloleuchter stehen heute noch in kultischem Gebrauch. (Dazwischen „Rotula" aus dem 12. Jahrhundert) Unten: In Wissenschaft und Forschung muß manches ungetan bleiben. 1 m I II sinnungsmäßig in der Katholischen Studierenden Jugend und der Marianischen Kongregation weiterbilden. Sie engagieren sich in Klubs für Politik und moderne Literatur. Für ihre Zeitschrift „Sternwarte" erhielten sie im Sommer 1967 den ersten Preis des Landes Oberösterreich. Unter der Leitung von Professoren betreiben sie geistliche und weltliche Musik, haben eine Blaskapelle, ein Orchester, das sich sogar schon an Beethovens erste Symphonie und Haydns Trompeten konzert heranwagt. Der Studentenchor gestaltet das schon zur Tradition gewordene „Kremsmünsterer Weihnachtssin gen". Vor allem — sie spielen mit Leidenschaft gutes Thea ter. Seit einem Jahr haben sie auch die Möglichkeit, einen Tanzkurs in Linz zu besuchen. Die Erziehung in einem Konvikt wird nie eines gewissen Risikos entbehren. Es will selbstverständlich die Familie nicht ersetzen. Aber vielleicht kann ein Internat in der heutigen Zeit seine Dienste anbieten. Ein Scheiden aus der Enge des Familienverbandes, das ja letztlich niemand erspart bleibt, könnte mithelfen, einerseits sich zu einer größeren Selb ständigkeit zu entfalten und andererseits mit den Eltern zu einer neuen Partnerschaft zu kommen. So würde eine totale Entfremdung, wie sie anderswo häufig auftritt, verhindert. „Alt-Kremsmünsterer", das sind ehemalige Studenten unse rer Anstalt, sagen, daß dies nicht selten gelingt. Vielleicht ist gerade ihre Anhänglichkeit an das Haus ein Beweis dafür. Wissenschaft Nun wird der Leser schon längst fragen, wie es denn mit der Wissenschaft in Kremsmünster steht. Man spricht ge rade hier doch gerne vom Benediktinerfleiß und von der Benediktinergelehrsamkeit. Vorweg sei gesagt, daß wir der Wissenschaft nicht die Zeit widmen können, die sie an sich verdient. Einerseits wären die Voraussetzungen für Wissenschaft und Forschung günstig: Alle haben ein Theologiestudium absol viert, manche dazu noch ein oder mehrere Fächer an einer anderen Hochschule studiert, die Lehramtsprüfung gemacht, meist das Doktorat (20 -F 2 des Abtes) oder das Diplom des Ingenieurs (3) erworben; die Bibliotheken, die zwar längst nicht mehr imstande sind — wie in der Barockzeit —, durch Neuerwerbungen allen Wissenschaften zu dienen, bieten gute Hilfe; Archiv, Handschriftenabteilung, Sternwarte und Samm lungen enthalten wertvolles Material; im gegenseitigen Ge dankenaustausch können wissenschaftliche Fragen bespro chen, wertvolle Anregungen gewonnen und Zweifel auf Rand gebieten von fachkundiger Seite schnell geklärt werden — selbst das Haustelephon spielt bei der Weitläufigkeit des Hauses eine Rolle; die Tagesordnung ist geregelt und die Stille unserer Arbeitszimmer scheint — dem Außenstehen den — gesichert; die Leitung des Klosters fördert an sich die wissenschaftliche Arbeit; es gibt eine Art Publikationsorgan in der wissenschaftlichen Beilage des Gymnasial-Jahresberichtes, die allerdings kein wissenschaftliches Jahrbuch ist. Trotz dem ist vielfach die unmittelbare Forderung des Tages in Seelsorge, Schule, Gymnasium, Jugendarbeit so groß, daß derzeit manches in Wissenschaft und Forschung ungetan blei ben muß. Immerhin sind die wissenschaftlichen Leistungen trotz der geschilderten Sachlage doch nicht so bescheiden. In Philosophie, Theologie, Geschichte und Heimatkunde, in Musikwissenschaft, Philologie, Meteorologie, Seismik, Phy sik, in den Naturwissenschaften u. a. wird gearbeitet. Auch Dichtung, Belletristik und religiöse Kleinschrift haben ihre Vertreter. In der Musik wird nicht nur reproduzierend, son dern auch schöpferisch etwas geleistet. Große — trotz der Weitläufigkeit des Klosters notwendige — Bauten aufzuführen, ist nicht möglich, weil einfach die Mittel
%\o '■ ^ Ii' BUCHKIRCHEN ^/7 LAMBACH WELS . i THALHEIM WEISSKIRCHEN/ J // ALLHAMING/ 4^ EGGENDORF NEUHOFEN STEINHAUS ^ fischlham\ SVSTEINERKIRCHEN jSIPBACHZELL KEMATEN SATTLEDT ROHR -KREMSMÜNSTER' EBERSTALLZELL. 'VORCHDOR^ ►BAD HALL] 4 RIED I.TRK. PFARRKIRCHEN 4 ADLWANG 'KIRCHHAM [RETTENBACH^ ^GMUNDEN 'A[TRAUNSTEIN ST. KON RAD 4 MAGDALENABERG »SCHLIERBACH ►VIECHTWANG SCHARNSTEIN FTRAUNSEE IGRUNAU DAS STIFT KREMSMÜNSTER MIT SEINEN INKORPORIERTEN PFARREIEN ZEICHENERKLÄRUNG: A ^ GR. PRIELi 2514 m X AUTOBAHN EISENBAHN PFARRGRENZE ABTEI, KLOSTER, WALLFAHRTSORT
Mit der Einkleidung beginnt das Probejahr des Mönches fehlen. Denn die Erhaltung des Bestehenden ist trotz gelegent licher staatlicher Hilfe eine solche Last, die Modernisierung der Wohnräume dringend. Wie notwendig war z. B. der Bau einer neuen Wasserleitung, da die alte infolge der modernen Anforderungen am Zusammenbrechen war, oder die Neu eindeckung von etwa sieben Joch Dächer, oder die Zusammen legung und Modernisierung der Maierhöfe und ihrer Be triebe. Von den Riesensummen, die größere Sanierungen in den Kunstsammlungen und an der Sternwarte verschlingen, gar nicht zu reden. Vieles an Restaurierung ist seit 1945 ganz aus eigenen Mitteln geschaffen worden — unser Beitrag zur Kunst. „Stiftsherren" oder Mönche? Peter Gradauer wird im folgenden Artikel dieses Heftes sagen, was ein „Stift" ist. Er wird auch darauf hinweisen, daß es so etwas wie einen „Österreich-Orden" gibt, dem alle österreichischen Chorherren, Prämonstratenser, Zister zienser und Benediktiner, so verschieden sie sein mögen, „angehören". Seit Joseph II. und früher schon. Ja in den An fängen bereits seit Albrecht II. (V.) Trotz aller Differenzie rungen, trotz verschiedener Ordensregeln und Ordensbräuche, trotz notwendiger jetziger Besinnung auf das Eigentliche jedes Ordens und juridischer Zugehörigkeit zu ihm. Mag auch der heute verpönte Ausdruck „Stiftsherren" nicht mehr zutreffen — ein Stück Wirklichkeit bezeichnet er auch heute noch. Gleiche „Sprache", gleiches Land, einst gleiche Herrschaft, gleiche Aufgaben (Schule und Pfarreien), gleiche \, V; Profeß: Verpflichtung in rechtlich-urkundlicher Form („Vollziehungsstrich") Kultur, zum Teil auch gleiche Tradition, gleiche Schicksale, gleiche Lebensbedingungen und ähnliche Wirtschaftsquellen haben u. a. etwas geprägt, was in der Welt wohl einzig dasteht, ein zum Teil irrationales Phänomen, fern aller Uni formierungstendenzen. (Böse Zungen könnten sagen: Den österreichischen Individualisten gerade angemessen.) Wo gibt es andererseits (außer in der Schweiz) solche Chor herren wie in Osterreich? Wo solche Zisterzienser, deren Klöster zu den ältesten ununterbrochen bestehenden der Welt gehören und noch in St. Bernhards Zeit zurückreichen? Zweifellos sind auch die österreichischen Benediktiner ein eigener Typ. Aber müssen sie sich deshalb schämen? Obwohl vielleicht die Liturgie nicht so feierlich gehalten wird. Ob gleich Schule und Seelsorgsarbeit manche monastische Bräuche zurücktreten lassen. Obwohl alles nicht so am Schnür chen läuft und vielleicht mönchische Strenge durch öster reichische Milde, die nicht unbedingt Schlamperei sein muß, gedämpft wird. Ist das nicht ebenso menschlich, wahr, frei von falschen Übertreibungen und monastischen Repristinierungen, nüchtern, wirklich und vielleicht anziehend? Das alles soll keine Apologie der Form des österreichischen Benediktinertums sein. Auch kein Grund zur Verdammung. Eher — ohne hier schon neue Wege aufzeigen zu können — Begriffsklärung aus der Wirklichkeit und Ansatzpunkt einer fruchtbaren Diskussion. Bei aller Freude, Benediktiner zu sein und allem Bemühen, es noch mehr zu werden, bekennen wir uns zur österreichi schen Tradition und zu unserer — in manchen Punkten gewiß verbesserungsfähigen und verbesserungsbedürftigen — Le-
liP'-v / j; #t!J ''■■■ 'i Bs*# PaEti Das gemeinsame Beten im Chor »C Schulschluß; Professorenmantel und — Zugeständnis an ein bürgerliches Zeitalter — Zylinder bensform. Wir nehmen aber z. B. auch unsere Arbeitsgebiete, unseren Verzicht auf geliebte Studien, ja selbst auf notwen dige Stille und Betrachtung als ein Kreuz an und tragen es. Gelübde Wir verpflichten uns, nach vierjähriger Probe, in feierlichen Gelübden, sogar in sehr rechtlich-urkundlicher Form auf Lebenszeit dem Kloster. Der Inhalt der Gelübde ist das Ver sprechen, sich zu bemühen, den drei „Evangelischen Räten" nachzuleben. Aber wir geloben nicht „Armut" und „Keusch heit", sondern in Worten etwas anderes: Stabilitas, Conversio morum, Oboedientia. Der Benediktinermönch verpflichtet sich — wie die Ange hörigen aller anderen alten Orden — in der Stabilitas loci nicht einem Orden, sondern einer Klosterfamilie. Nicht toten Mauern, sondern einer lebendigen Gemeinschaft, an deren Spitze der Abt (Abbas = Vater) steht. Es gibt keinen Bene diktiner an sich, sondern nur einen von Kremsmünster, Lam bach usw. Diese Familienzugehörigkeit ist geradezu wesent lich für uns. Wir können normalerweise auch nur innerhalb unseres klösterlichen Arbeitsgebietes „versetzt" werden. Ohne Zweifel hat die Stabilitas loci Nachteile: Die schwieri gere Regenerationsmöglichkeit des einzelnen Klosters, die ge ringere Beweglichkeit im Sinne eines manchmal notwendi gen, zentral geleiteten Einsatzes für die Gesamtkirche und die wirtschaftliche Gefährdung. Aber sie hat doch ebenso Vorteile. Auch heute, und gerade heute, da wir uns von einer zu weit getriebenen Zentralisation eher abwenden. Die Zugehörigkeit zu einer klösterlichen Familie gibt Halt und in gewissem Sinne menschliche Nähe und Wärme in einer noch überschaubaren und spürbaren Gemeinschaft; ein star kes Heimat- und Hausbewußtsein, das nicht den Mauern, sondern den Menschen darin gilt. Nie haben wir das viel leicht stärker empfunden als im zweiten Weltkrieg, da wir als Soldaten in alle Winde verstreut gewesen sind. Als Gan zes: Verbundenheit mit Grund und Boden, Wirken als Zelle in der Kirche und von der Zelle aus, Tradition und Feier der Liturgie. Das sind nicht Schlagworte, sondern Wirklich keiten. Den „Landsturm" hat das Heer der Ecclesia militans et peregrinans auch heute noch nötig. Und vor allem: Das System hat sich bewährt. Es muß vielleicht neu durchdacht werden, aber es schließt organische Aktionen im Sinne der Gesamtkirche nicht aus. Unser zweites Gelübde ist die Conversio morum. Wörtlich: Bekehrung der Sitten. Oder Conversatio morum: Ein stän diges Bemühen, an sich selber zu arbeiten. Selbsterziehung in der Lebensform des klösterlichen Lebens, die eine zeit gemäße und zeitbedingte Armut, den Verzicht auf die Ehe und die Bejahung enthaltsamen Lebens als Opfer einschließt. Das dritte Gelübde, das des Gehorsams, gilt der Regel des hl. Benedikt, dem Abte und den Aufgaben der Gemeinschaft. Werdegang Alle — seien das nun Studenten von Kremsmünster oder anderswo her, junge Leute, die schon als Arbeiter, Ange stellte oder Jungbauern berufstätig sind —, haben die Mög-
lichkeit, unser Kloster durch einen Einkehrtag, durch die Mit feier der Kartage oder durch Kontakt mit einem unserer Mitbrüder kennenzulernen, wenn sie den Antrieb spüren, sich für Gott und die Menschen in unserem Arbeitsgebiet einzusetzen. Dauert die Neigung zur Mitarbeit an, so wird ihre Eignung sechs Monate hindurch als Kandidat und an schließend ein Jahr lang als Novize geprüft. Wird die Nei gung bei dieser Prüfung zur ständigen Bereitschaft, so kommt er zum Entschluß, sich durch Gelübde zu binden. Das ge schieht vorerst für drei Jahre. Während dieser Zeit erfolgt die theologische Ausbildung oder eine andere fachliche Weiter bildung. Endgültig verpflichtet man sich dem Kloster durch die feierlichen Gelübde. Die zum Priestertum Berufenen emp fangen dann die Weihen, während sich die anderen Mönche in einem ihrer Fachbildung entsprechenden Wirkungskreis entfalten können,ohne Priester zu werden. An der Spitze der Klosterfamilie steht der Abt. Er prägt und führt die Gemeinschaft. Im Alltag. Letzte Entscheidungen fällt er. Etwas von der „patria potestas" der alten Römer ist noch in ihm. Trotz aller Demokratie, die wir schon immer hatten. Auch heute noch, da vieles von der alten Prälaten herrlichkeit geschwunden ist und vom Abt selbst bewußt zurückgestellt wird. Auch heute noch, obwohl es für einen Abt jetzt schwerer ist zu regieren, „der Eigenart vieler zu dienen", die gute Tradition mit dem guten Neuen zu ver binden. Schließlich ist er nicht nur der fierr und Vater, son dern auch der Seelsorger seiner Mönche. Eigentlich ist das Kloster noch immer eine geistliche Monar chie. Von den Mönchen gewählt, leitet der Abt als Gottes Stellvertreter die Mönchsgemeinde und den ganzen Kloster bereich. Er erhält eine eigene Weihe, die zwar kein Sakra ment ist wie die Bischofsweihe, aber ihn doch aus der Schar der Mönche heraushebt. Das Kloster Kremsmünster hat im Laufe seiner Geschichte zum Teil bedeutende Äbte gehabt. Jetzt steht dem Stift ein Prälat vor, der mit der Weisheit seiner 90 Lebensjahre, der Erfahrung einer 35jährigen Regierung, der Zähigkeit seines Durchhaltens die Güte und die natürliche Würde in großer Frömmigkeit und Demut verkörpert. Schwere Jahre liegen hinter ihm: Weltwirtschaftskrise, Systemwechsel in Öster reich, Vernichtung des Stiftsgymnasiums, schließlich 1941 Auf hebung des Klosters selbst und Vertreibung der Mönche. Dann 1945 Wiederkehr unter dem Jubel von Tausenden und Aufbau. Hat Ignatius Schachermair auch 1964 die fak tische Leitung seines Klosters niedergelegt, so ist er doch durch sein Dasein allein Segen für sein Kloster, das ihm mit Vertrauen, Ehrfurcht und Liebe sein Beten und Opfern dankt. Wie eh und je mit bewundernswerter Zurückhaltung lebt er seinen Wahlspruch: In omnibus Caritas (In allem die Liebe). Ihm zur Seite, wie ein Sohn dem alten Vater, die ganze Verantwortung seit drei Jahren tragend, mit schier uner schöpflicher Arbeitskraft und noch jugendlichem Elan die Probleme seines Wirkungskreises angehend und meisternd, steht Abt-Koadjutor DDr. Albert Bruckmayr. Schon vieles hat er in diesen drei Jahren geschaffen; viel hat er noch vor. Wir wünschen nur, daß auch seine Gesundheit dieses Tempo auf die Dauer aushalten möge. Sein Wahlspruch ist wirklich auch sein (und unser) Anliegen: Christus hodie (Christus heute). Zusammenfassung Wenn es nicht schon aus dem Vorhergehenden erhellt, muß wenigstens jetzt klarwerden, daß wir weder eine Fremden verkehrsattraktion sein wollen noch uns als Museumswächter, Wirtschaftsleute oder auch als „berufsmäßige Beter" ver stehen. Alle diese Tätigkeiten sind notwendig, zum Teil auch sehr nützlich. Unser Selbstverständnis aber geht von anderen Gegebenheiten aus. Wir sind Ordensleute und nennen uns Benediktiner, weil eine Grundlage unseres Lebens, unserer „Organisation" die Ordensregel des hl. Benedikt von Nursia (gest. 547) ist. Wir sind aber nicht nur von dieser Regel geprägt (sie ist eher eine ideelle als praktisch konkrete Grundlage), sondern ebenso stark von einer langen historischen Entwicklung und von den mannigfaltigen Aufgaben, die uns im Laufe der Zeit zugeteilt wurden oder die wir selber übernommen haben. Damit ist auch schon gegeben, daß wir nicht notwendig jedes unserer Arbeitsgebiete für immer behalten müssen oder daß wir nicht einmal auch andere dazunehmen könnten. Hier müssen wir für die Notwendigkeiten der Ortskirche und der Gesamtkirche immer offen bleiben. Für viele Menschen ist ein Kloster eine unverständliche, fast anachronistische Einrichtung, die beinahe noch mittelalterliche Geheimnisse birgt. Was besagt also ein Leben im Kloster? Darauf kann man zunächst die kurze Antwort geben: Das Leben in einer klöster lichen Gemeinschaft ist eine mögliche Weise, das Christen tum zu verwirklichen. Vorbild für eine solche Lebensform bleibt die Urgemeinde von Jerusalem, von der es in der Apostelgeschichte heißt: „Sie hielten fest an der Lehre der Apostel, an der Gemeinschaft, am Brotbrechen und am Ge bet ... Die Gläubigen hielten alle zusammen und hatten alles gemeinsam" (Apg. 2,24 f). Wir sind also eine Gemeinschaft von Männern, die aus religiösen Motiven zusammenleben, um Gott zu verherrlichen, indem wir für unsere Mitmenschen arbeiten; so möchten wir durch unsere Existenz Zeugnis für unseren Glauben ablegen. Es gibt hier nichts Geheimes, nichts Absonderliches, jeder Mann kann sich davon überzeugen, daß wir „hinter Klostermauern" ein recht normales — oft recht gewöhnliches — Leben führen, in dem die Arbeit oft das Gebet beinahe zu kurz kommen läßt. Im Glauben an Chri stus verzichten wir des Himmelreiches willen auf Ehe und Familie, unterwerfen uns freiwillig im Gehorsam unserem Abt und bemühen uns, ein einfaches Leben zu führen (der Ausdruck „Armut" könnte hier mißverstanden werden). Der Ton liegt also deutlich auf der Gemeinschaft: wir beten zu bestimmten Stunden im Kloster gemeinsam, feiern Euchari stie (wenigstens einige Male in der Woche) als Konzelebration, wir arbeiten auf vielen Gebieten als Gemeinschaft, wir essen an einem gemeinsamen Tisch und versuchen so dem Ideal der schon zitierten Apostelgeschichte nahezukommen: „Die Menge der Gläubigen war ein Herz und eine Seele" (ebd. 4,32). Eine Welt, die immer mehr Gemeinschaft wird, kann uns vielleicht auch wieder besser verstehen und vielleicht unseren Verzicht wieder besser diagnostizieren als Zeugnis für Chri stus. Wir freuen uns auch immer, wenn wir andere an unserer Gemeinschaft teilnehmen lassen können. Eine Möglichkeit dazu gaben schon zweimal die Kartage, an denen mehrere Männer unser klösterliches Leben mit uns teilten („Kloster auf Zeit"). Dieses unser Wesen, unser eigentliches Selbstverständnis vom Kloster, ist aber ständig von zwei Seiten Gefahren und Miß deutungen ausgesetzt: einmal dadurch, daß wir uns selber von unseren Idealen entfernen können; von diesem Stand punkt aus zählen wir zur „ecclesia Semper reformanda", das heißt, unsere Lebensart, die konkrete Form, wie wir unser Leben gestalten, bedarf einer dauernden Überprüfung nach der doppelten Richtung: entsprechen wir dem Evangelium und der Regel des hl. Benedikt und sind wir für die heuti gen Menschen glaubwürdig? Ein Kloster ist ein aus lebendigen Menschen bestehender Organismus, der in Bewegung ist. Unsere Lebensform ist
Abt Ignatius Schachermair und Abtkoadjutor Albert Bruckmayr gekennzeichnet durch gewisse Grenzpfähle (etwa die Ordens gelübde Gehorsam, Ehelosigkeit, Zugehörigkeit zu einem be stimmten Kloster), aber innerhalb dieser Grenzen gibt es Leben und Dynamik. Wir geben uns nicht mit dem zufrie den, was wir sind und wie wir sind, sondern wir möchten versuchen,im Hier und Heute den Menschen besser zu dienen und den heutigen Menschen Zeugnis geben; deshalb müssen wir auch bereit sein, uns zu ändern, wo es nottut, um uns der Vorstellungswelt der heutigen Zeit besser anzupassen. So sind wir also auf Grund unserer eigenen Schwäche ver schiedenen Gefahren ausgesetzt. Doch auch von einer ande ren Seite kann unser Selbstverständnis falsch gesehen wer den. Ein Kloster, das nämlich nicht unbedeutenden Grund besitz hat, kann deshalb nur zu leicht müßverstanden wer den. Ist unsere Arbeit wirklich so selbstlos? Von diesem Standpunkt aus gesehen ist all unser Besitz, unsere Kunst schätze, unser Haus vielmehr eine große Belastung. Und doch wird jeder einsehen, daß wir bei unseren Aufgaben auch eine gewisse wirtschaftliche Basis brauchen (was natür lich nicht heißt, daß sie immer so sein müßte, wie sie gerade jetzt ist). Wir möchten aber doch recht klar herausstellen, daß unsere Existenz in keiner Weise von unserem Besitz — weder vom Wald noch vom Haus — abhängt (die NS-Zeit bewies, daß die Besitzlosigkeit — also die wahre Armut — die Gemeinschaft in keiner Weise sprengte). Im Gegenteil — wir wissen, daß unser Zeugnis, das wir geben möchten, viel deutlicher wäre, könnten wir auf den Ballast unseres Besitzes verzichten. Ohne auf Einzelfälle einzugehen, glauben wir aber, daß es heute in unseren Verhältnissen nicht möglich und realistisch wäre, auf den Besitz zu ver zichten. Freilich bleiben wir uns dabei bewußt, daß gerade dieser unsere klösterliche Existenz vor der Welt Mißdeutun gen aussetzt. So hängt eben auch unsere Zukunft nicht von der wirtschaft lichen Entwicklung ab (auch der Kirchenstaat wurde ent eignet und das Ansehen des Papsttums ist dadurch erst gestiegen), sondern davon, ob wir es vermögen, in unserer besonderen Lebensform den Menschen von heute anzuspre chen. Ohne einem (im übrigen ungerechtfertigten) Triumpha lismus huldigen zu wollen, glauben wir, daß unser Kloster leben grundsätzlich die Chance hat, auch in einer sich neu entwickelnden Welt und in einer sich neu verstehenden Kirche zu überleben — solange wir die Kraft haben, der Welt ein Ideal vorzuleben. Wir können anziehend werden für Touristen, weil die Gegend schön ist, die Stiftsweine gut, die Kunstschätze kostbar sind, die Aussicht auf der Sternwarte lohnend ist, das Gymnasium als bekannt angesehen wird — wir werden (und das ist für uns das Entscheidende) anziehend sein für die heutigen Men schen, wenn wir ihnen das Bewußtsein geben können, daß bei uns sich das realisiert, was Christus verheißen hat: „Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind (d. h. nicht nur im Gebet), da bin ich mitten unter ihnen." Wir möchten durch unsere Gemeinschaft und unser gemeinsames Leben Christus in der heutigen Welt sichtbar werden lassen. Peter Gradauer Die Stifte Oberösterreichs kirchenrechtlich und kirchengeschichtlich gesehen. Die im Scherz oder mit leicht verächtlichem Nebenton vor gebrachte Behauptung oder Redewendung, Österreich sei ein Klösterreich, entbehrte bis ins 18. Jahrhundert durchaus nicht der Berechtigung, sei es für das große Reich der Habsburger im allgemeinen, sei es für das Erzherzogtum Österreich ob und unter der Enns im besonderen. Dies wird anschaulich beleuchtet durch die Tatsache, daß allein dem „josephinischen Klostersturm" ab 1782 im ganzen Reich an die 700, in den deutschsprachigen Gebieten 413 Klöster zum öpfer fielen. Aus den Klöstern ragten und ragen die sogenannten Stifte hervor. Diese müssen heute als österreichische Besonderheit angesehen und bezeichnet werden. Früher war dies durchaus nicht der Fall, da gab es Stifte im ganzen Bereich der katholi schen Kirche. Heute bestehen außerhalb Österreich nur noch einige Häuser in der Schweiz, in den anderen Ländern sind sie untergegangen oder haben ihre innere Gestalt stark ver ändert. Nur in Österreich also haben sie sich mit ungebroche nem Lebensgeist auch durch verschiedene stürm- und drang volle Perioden, wie die Hussiten- und Bauernkriege, die Zeit des Josephinismus und der NS-Ära, erhalten und ihre ur sprüngliche Verfassung und Lebensweise durch die Jahrhun derte bewahrt, wobei freilich die Stürme und Verfolgungen ihre öpfer forderten und die Reihen lichteten. So hatte das heutige Niederösterreich mit Wien im 18. Jahrhundert vor der josephinischen Klosteraufhebung 22 Stifte oder Nieder-
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