Oberösterreich, 17. Jahrgang, Heft 1/2, 1967

*■4 ^ Ennskraftwerk Garsten in Bau, Gesamtansicht (Bauzustand März 1967) Die Kraftwerke Garsten und Weyer — zwei weitere Staustufen der Ennskraftwerke AG Vor etwa eineinhalb Jahren zeigte ein Ereignis sehr anschaulich die überragende Bedeutung der Stromversorgung in unserer modernen und hochentwickeiten Ziviiisation: Der Netzzusammen bruch in einem großen Teil Nordamerikas am 9. November 1965, von dem etwa dreißig Miiiionen Menschen betroffen waren. Wäh rend ein Versagen der Stromversorgung in früheren Jahrzehnten kaum allgemeine Beachtung fand, verursacht es heute ein Chaos, dos sich bei einem länger dauernden Stromousfaii fast zu einer Katastrophe ausweiten kann. Dies sollte man sich vor Augen halten, wenn über den Ausbau der Elektrizitätsversorgung Öster reichs und im besonderen der Wasserkräfte diskutiert wird. Dem Naturschutz wird in Osterreich erfreulicherweise viel Bedeutung beigemessen, und er hat bei Wosserrechtsverhondiungen — welche jedem Kraftwerksbau vorausgehen — neben zahlreichen anderen Steilen und Behörden ein gewichtiges Wort mitzureden. Derzeit ist das Ennskraftwerk Garsten, die achte Staustufe der Ennskraftwerke AG, in Bau. Es nutzt die noch unverdaute Fiießstrecke der Enns knapp oberhalb der Stadt Steyr über eine Fall höhe von fast 15 m. Die gesamte Anlage wird in einer einzigen Baugrube im Trockenen errichtet, da dos Kraftwerk an der Durchstichsteiie der großen Ennsfiußschiinge gegenüber dem Markt Garsten entsteht. Erst noch Fertigstellung fließt die aufgestaute Enns über den Durchstich, und der Fiußlouf verkürzt sich um 800 m. Eine Straßenbrücke über dos Kraftwerk stellt eine neue Verbin dung von der Eisenbundesstraße am rechten Ennsufer zur iinksufrig gelegenen Marktgemeinde Garsten her und kann somit den Verkehr südlich der Stadt Steyr entlasten und flüssiger gestalten. Mit seinen beiden Maschinensätzen besitzt Garsten ein Jahres arbeitsvermögen von 149 Miiiionen Kilowattstunden (diese Strom menge entspricht etwa dem Verbrauch des Bundeslandes Burgeniond im Jahre 1963) und wird Ende dieses Jahres die Strom erzeugung aufnehmen. Der Betrieb dieses Kraftwerkes wird vaiioutomotisch und ferngesteuert durchgeführt; die erzeugte Energie wird Je zur Hälfte an die Verbundgeseiischoft und die Oberöster reichischen Kraftwerke AG (OKA) abgegeben. Wie bei den früheren Kraftwerksbauten der Ennskraftwerke AG, konnten auch hier die Bau-, Maschinen- und Montageaufträge fast zur Gänze an inländische Unternehmen vergeben werden. Mit den Vorarbeiten für den Bau des Kraftwerkes Weyer, der neunten Staustufe der Ennskraftwerke AG, wurde im Herbst des Vorjahres begonnen. Hier wird mit einer Fallhöhe von über 16 m die Fiießstrecke der Enns zwischen der Stouwurzei des bestehen den Kraftwerkes Großraming und dem flußaufwärts projektierten Werk Schönau energiewirtschaftiich genutzt. Nach den Studien mehrerer Varianten werden hier ein Wehrkraftwerk und ein Ausieitungskraftwerk gebaut. Ein 500 m langer Triebwasserstoiien verbindet den Stausee beim Wehrkraftwerk mit der Bahnstrom maschine im Ausieitungskraftwerk; während der Bauarbeiten wird dieser Stollen auch als Zubringerstraße für den Bausteiienverkehr dienen. Der in einem Wehrpfeiier untergebrachte Maschinensatz des Wehrkraftwerkes wird Drehstrom für die öffentliche Versorgung liefern, der Maschinensatz des Ausieitungskraftwerkes wird Ein phasenstrom für den Zugförderungsbetrieb der Osterreichischen Bundesbahnen erzeugen. Bei dieser Kraftanlage wurden die Eiektrifizierungspiäne der Osterreichischen Bundesbahnen weitgehend berücksichtigt, welche die Umstellung der Strecke St. Valentin — Kieinreifiing auf elektrischen Betrieb in den Jahren bis 1969 vor sehen. im Herbst 1969 seil der Betriebsbeginn der Kraftstufe Weyer sein. Darnach folgt dos Kraftwerk Schönau als zehnte und oberste Stau stufe der Ennskraftwerke AG nahe der oberösterreichisch-steiermärkischen Landesgrenze. Die Enns wird dann in einer geschiassenen Kraftwerkskette von Hieflau bis zu ihrer Mündung in die Donau mit insgesamt 14 Laufkraftwerken endgültig ausgebaut sein. Unter Berücksichtigung des Schweiibetriebes beträgt das Wasserpotentiai in diesem energiewirtschaftiich nutzbaren Teil rund 2,3 Milliar den Kilowattstunden pro Jahr. Etwa 1,8 Milliarden kWh sind be reits ausgebaut; davon entfallen ca. 1,3 Milliarden kWh derzeit auf die Staustufen der Ennskraftwerke AG und der Rest auf die Kraftwerke der steirischen Landesgeseilschaft. Gemeinsam mit der Oberösterreichischen Kraftwerke AG (OKA) plant die Ennskraftwerke AG bei Mölln ein Pumpspeicherwerk mit hoher Leistung und großem Arbeitsvermögen. Während die Schweiz mehr als 75 Prozent ihrer verfügbaren Wasserkräfte ausgebaut hat, sind diese in Osterreich — wo Wasserkraft immer noch die billigste Rohenergie für die Eiektrizitätserzeugung ist — erst zu 35 Prozent ausgenützt. Der österrei chische Strombedarf steigt jährlich um rund 7 Prozent, wobei ein Absinken dieser Zuwachsrate in den nächsten Jahren wohl kaum zu erwarten ist; während beispielsweise der Pro-Kopf-Verbrauch in Schweden und den USA bei 6000 Kilowattstunden pro Jahr liegt, in Norwegen sogar bei 12.000, beträgt dieser Wert für Osterreich nur rund 2600 Kilowattstunden pro Jahr. Diese Zahlen bringen deutlich zum Ausdruck, weiche gewaltigen Aufgaben der öster reichischen Eiektrizitätswirtschaft noch bevorstehen. Sicherlich wird in Zukunft auch die Atomkraft in Osterreich eine Rolle spielen; sie wird ober aus verschiedenen Gründen die Wasserkraft nicht ersetzen, sondern nur ergänzen können. Dies be deutet, daß der Bau von Wasserkraftwerken weiter fortgesetzt werden soll. Daher kommt dem weiteren Ausbau der Enns durch die Ennskraftwerke AG sowohl durch die stetige Zunahme des österreichischen Stromverbrauches als auch durch die äußerst gün stige Lage der Kraftwerkskette an der Enns zu den Industrie- und Verbrauchszentren Mitteiösterreichs eine große energiewirtschoftiiche Bedeutung zu.

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