Oberösterreich, 17. Jahrgang, Heft 1/2, 1967

Hans S i e g 1 Höhlen in Oberösterreich Es soll hier nicht eine streng wissenschaftliche Abhandlung vorgelegt werden; diese müßte im Rahmen des Fachorganes des Verbandes österreichischer Höhlenforscher „Die Höhle" erscheinen und aus berufenerer Feder stammen. Hier sollen einige grundsätzliche Gedanken ausgesprochen werden; somit wäre auch klargestellt, daß dieser Aufsatz auf Vollständig keit keinen Anspruch erhebt. Wie oft mir bereits die Frage, was wir Höhlenforscher in der Tiefe der Berge suchen, gestellt worden ist, vermag ich beim besten Willen nicht zu sagen; denn immer, wenn ruchbar wird, daß ich mich mit Höhlen und deren Erforschung beschäftige, wird sie laut. Die Antwort würde ein Buch füllen. Ich werde versuchen, es kurz zu sagen: Wir erleben, erfahren und erforschen! Wir sind Diener der Wissenschaft, und in unserem Kreis sind Experten und Laien in irgendeiner Form gleichberechtigt. Als junger Mittelschüler (ich hatte einen großartigen Geolo gen und Mineralogen als Lehrer) besuchte ich die DachsteinRieseneishöhle. Die Gruppe führte damals der jetzige Be triebsleiter Roman Pilz. Ich war sehr begeistert und es zog mich immer wieder dort hinauf; doch blieb diese Sehnsucht lange unerfüllt. Erst nach dem Ende des Krieges — im Laza rett in Obertraun — traf ich „meinen Höhlenführer" wieder. Da wurde der Schritt vom Höhlenbesucher zum Höhlen interessenten vollzogen — und schließlich der weitere zum Höhlenforscher getan. Auf diesem Weg — angeregt durch meinen Freund — legte ich die Höhlenführerprüfung ab und fand zum Landesverein für Höhlenkunde in Oberösterreich. Im Winterheft (10. Jahrgang 1961, Heft 3/4) dieser Zeit schrift hatte ich Gelegenheit, einen Aufsatz über Höhlen forschung zu schreiben. Darin waren auch einige Ratschläge enthalten, unter anderen folgende: Höhlen sollen nur unter sachkundiger Führung betreten und befahren werden! Sach kundig ist einer, der mit der Materie vertraut ist. Diese Materie ist im Falle von Höhlen recht weitläufig. Das Mini mum wäre die Beherrschung der alpinistischen Techniken in Fels und Eis und die Vertrautheit mit dem Material, das der Alpinist braucht — und dazu der Umgang mit Strickleitern, Sicherungsmaterial und Karbidlampe (der sichersten und ver läßlichsten Beleuchtung für den Höhlenforscher). Höhlenfor schung — das bedeutet auch Zusammenarbeit. Ein einzelner wäre verloren. Der Alleingang in die Höhle ist ein Spiel mit dem Leben, denn wie die Besteigung eines Berges, so birgt auch die Befahrung einer Höhle viele Gefahren. REISEANDENKEN SCHACHSPIELE 4020 Linz, Hauptplatz 22 Tel. 51 488 und 25 2814 Betrieb: Melicharstraße 4a Glos - und Porzel lanmalerei Glas- und Porze 1 1 anfotogra f i e Goldrömer, geschliffen, mit Musik In Oberösterreich waren bis zum Jänner 1966 insgesamt 866 Höhlen bekannt: In der Flyschzone und dem Alpenvor land zwischen Traun und Enns 5 in den Mühlviertler Bergen 2 in den Steyrtaler Voralpen 17 in den Windischgarstener und Reichraminger Alpen 34 in den westlichen Trauntaler Voralpen 102 in den östlichen Trauntaler Voralpen 121 im Dachsteinstock 232 in der Flyschzone und dem Vorland zwischen Salzach und Traun 2 im Warscheneckgebiet 75 und im Toten Gebirge 276 Von diesem bekannten Bestand sind 277 noch unerforscht, 180 flüchtig und 110 zum Großteil erforscht, 299 fertig ver messen. Mit Sicherheit steht fest, daß es darüber hinaus noch eine Vielzahl von unbekannten Höhlen gibt. Der Landes verein für Höhlenkunde in Oberösterreich ist — zusammen mit den Landesvereinen der anderen Bundesländer, die im Verband österreichischer Höhlenforscher in Wien zusammen gefaßt sind —, eifrig bemüht, einen Höhlenkataster für Ober österreich als Beitrag zum gesamtösterreichischen Höhlenver zeichnis zu erarbeiten. An einem derartigen Werk sind ver schiedene Gruppen, wie Landwirtschaft, Bundesheer und nicht zuletzt der Fremdenverkehr in wesentlicher Weise interessiert. Über die Schauhöhlen Oberösterreichs ist bereits viel geschrie ben worden; es sind insgesamt vier: die Dachstein-Riesen eishöhle, die Dachstein-Mammuthöhle, die Koppenbrüllerhöhle (nächst Obertraun am Fuße des Koppens) und die lei der seit mehreren Jahren nicht mehr geführte Gassl-Tropfsteinhöhle. Erforschungsgeschichte und Raumbeschreibung die ser Objekte sind längst bekanntgemacht. In diesem Aufsatz soll mehr von den „wilden" Höhlen die Rede sein. Die meisten von ihnen werden immer dem Höhlen forscher vorbehalten bleiben, denn Zugang und Befahrung sind dem Besucherpublikum nicht zumutbar. Nicht immer ist es etwa die Gefährlichkeit, die abhält, viel öfter schrecken die Anstrengungen und die Ausdauer ab, die gefordert wer den. Es ist nicht jedermanns Sache, in Dunkelheit, Nässe und feuchtem Lehm zu operieren oder sich bäuchlings durch Eng stellen und Schlüfe zu bewegen. Aus der Fülle einige Bei spiele ! Da ist die Hirlatzhöhle bei Hallstatt, deren Gesamtausdehnung etliche Kilometer ausmacht. In jahrelanger mühevoller Arbeit wurde sie durchforscht und aufgenommen; viele Mitarbeiter haben dazu beigetragen. Der Eingang liegt in der Hirlatzwand. Um die Höhle betreten zu können, muß man durch einen engen Spalt kriechen. In der Eingangshalle zieht man sich um, versorgt sich mit einem Kriechanzug, der auch was serdicht sein soll, und Steigeisen für den Wendelgang (einen schneckenförmig aufsteigenden Gang). Die Befahrung dauert viele Stunden, meist blieben wir bei unseren bisherigen For schungsfahrten drei Tage mit zwei Biwaks im Inneren des Berges. Es würde einen nicht unansehnlichen Band füllen, wollte man eine detaillierte Beschreibung dieser Höhle geben und etwa ihre Besonderheiten in geologischer und morpholo gischer Hinsicht anführen. Wesentlich leichter ist es etwa, die Lettenmayr-Höhle bei, Kremsmünster zu begehen. Sie steht unter Natur-Denkmal schutz, was bedeutet, daß sie nur mit einer Sondergenehmi-

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