Oberösterreich, 17. Jahrgang, Heft 1/2, 1967

• aiaä _ t|| 1*!^ MiMLWi! Y jf". T Bad Hall wo schon Grillparzer zur Jodkur weilte In der Kurdirektion jenes reizvollen Bade ortes, der sich rund 35 Kilometer südlich von Linz, auf einem Höhenrücken weithin sichtbar, ausdehnt, gibt es ein goldenes Gästebuch. Es entstand nicht erst unter dem Nachahmungszwang der letzten 3ahre, sondern wurde 1855 angelegt, als das erste zentrale Badehaus dieses Heilbades in Betrieb ging, in ihm spiegein sich 112 Jahre Bädergeschichte, gleichzeitig aber auch 112 Jahre österreichische und euro päische Geschichte wider. Dos Buch weckt Erinnerungen an Namen, die heute fast vergessen sind, seinerzeit aber die Schlag zeilen der Weitpresse beherrschten. Die Mitglieder des Habsburgischen Erzhauses, des hohen Adels und der hohen Geistlich keit der Donaumonarchie waren durch viele Jahrzehnte in diesem Bade Stamm gäste, nachdem ihm Kaiser Franz Josef durch seinen Besuch im Jahre 1884 Hof fähigkeit verliehen hatte. Auch die Namen Grillparzer, Stifter, Anzengruber, Kainz, Makart, Mahler und Angeli sind mit Bad Hall eng verbunden. Sie kamen als Kur gäste, um Heilung von ihren Leiden zu suchen, oder als Besucher des freundlichen Badeortes, als Bewunderer der hier ver anstalteten Feste, oder als Anfänger auf der Stufenleiter zum Ruhm, wie etwa Kainz und wie Mahler, der am alten Haller Sommertheater seine Laufbahn als Kapell meister begann. Zwei Weltkriege konnten die Entwicklung des Bodes wohl bremsen, doch fehlt keiner der Präsidentennamen der Ersten und Zweiten Republik im goldenen Buch dieses Bades, das wie wenige andere nicht nur in seinen Archiven, sondern auch in seinen Bauten reiche Tradition bewahrte. In der Form und in den Grundlagen der Kurbehandlung allerdings hat dieses Bad den traditionellen Rahmen längst ge sprengt. Wohl war es immer ein Heilbad in des Wortes bester Bedeutung gewesen. Seine Kuren hatten erstaunlich gute Er folge gezeigt, und vielleicht gerade deshalb galt es hier, die altübernommene Empirie der Heilbehandlung durch wissenschaftlich fundierte Kurformen abzulösen. Die neuen Erkenntnisse der Chemie, Pharmakologie und Medizin machten es notwendig, dem Heilschatz des oberösterreichischen Lan desbades ein angemessenes Aufgaben gebiet in Form einer ganzheitsgerichteten Kombinationstherapie zu schaffen. Die Vorarbeiten hiefür gehen auf das Jahr 1948 zurück. Damals wurde unter Verwirk lichung eines großzügigen Bohrprogrommes die für den großen Gästezuzug allzu schmal gewordene Heilwassergrundlage des Bades verbreitert. Man traf dabei Wässer an, welche die bisher genutzten Quellen an Wert und Wirkung wesentlich übertrafen. Die damit gebotenen Chancen mußten ausgenützt werden. Schrittweise wurden die Therapieanlagen, die Gäste unterkünfte, die Einrichtungen des gesam ten Kurortes ausgebaut. Neue Behand lungsabteilungen entstanden, zusätzliche Therapieformen wurden entwickelt. All dies genügte noch nicht. Dos Land Oberösterreich setzte bedeutende Budget mittel ein, um ein Forschungsinstitut auf zubauen und zu erhallen, das allein den Erkenntnissen von den Heilwässern Bad Halls gewidmet war. In nunmehr siebzehn jähriger Arbeit gingen mehr als 150 Ori ginalveröffentlichungen dieses ParacelsusInstitutes ins wissenschaftliche Schrifttum ein. Die erzielten Ergebnisse ließen die wissenschaftliche Welt aufhorchen und die Jodsole Bad Halls, dieses komplexe Pharmakon, und die darauf aufbauenden Hell verfahren als wesentlichere Helfer Im Kampf gegen chronische Alters- und Auf brauchserkrankungen erkennen, als man je geahnt hatte. Heute bilden die Kreislaufschäden im wei testen Sinne das Hauptaufgabengebiet Bad Halls. Es sind dies insbesondere der hohe Blutdruck, die Arteriosklerose, periphere Durchblutungsstörungen, Folgen von Venen entzündungen und Krampfadern. Das zweite große Aufgabengebiet liegt auf dem Sektor der chronischen Augenleiden. Bei Gefäßerkrankungen im Augenhintergrund, bei chronischen Entzündungen Im vorderen und hinteren Augenabschnitt, bei Folgen extremer Kurzsichtigkeit ebenso wie bei Zuständen nach Verletzungen des Auges werden erstaunliche Erfolge erzielt. Weitere wesentliche Aufgaben erhielt das Ba bei Behandlung von chronischen Erkrankun gen der Luftwege und von Schaden des Bewegungsapparates, Insbesondere von degenerativen Gelenkserkrankungen. Ein derart großes Aufgabengebiet kann nur dadurch bewältigt werden, daß für jede der erwähnten Erkrankungsgruppen spezielle Behandlungsanlagen und Be handlungsarten vorhanden sind. Als Er gebnis vorbildlicher Zusammenarbeit des Kurbetriebes mit klinisch-experimenteller Forschung besitzt das Bad besondere Einrichtungen zur Augenbespruhung, zu Augenbädern mit iontophoretischer Ein bringung der Wirkstoffe in das Auge, besondere Überwärmungsabteilungen und spezielle Anlagen für Elektro-AerosolBehandlung von Erkrankung der tieferen Ist es da nicht verwunderlich, daß Bad Hall trotz alldem nichts von seiner liebens würdigen Behaglichkeit verloren hat. Bad Hall meldet gutes Fremdenverkehrs ergebnis 1966. Mit Befriedigung nahm die Kurkommission in ihrer letzten Sitzung zur Kenntnis, daß Bad Hall im Jahre 1966 — Auswels des Meldeamtes — von 16.922 Gästen be sucht wurde. Es wurden 336.225 Ubernach tungen gezählt. Der echte Heilbad-Charakter des Jodsolebades wird vor allem dadurch betont, daß die durchschnittliche Aufent haltsdauer eines Gastes in Bad Hall 19,9 Tage betrug. Während in Oberösterreich im abgelaufe nen Fremdenverkehrsjahr vielfach ein leichter Rückgang der Ubernachtungszahlen zu verzeichnen war, kann Bad Hall eine Steigerung melden. Es erhöhten sich die Ubernachtungszahlen der Inlandsgäste Bad Halls um ca. 1 Prozent auf 301.302, die der Gäste aus dem Auslande um rund 4 Prozent auf 34.923.

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