Oberösterreich, 17. Jahrgang, Heft 1/2, 1967

Hans Hufnagl Aus dem Walde des Mühlviertels totos; M.Eiersebner Das Mühlviertel ist nicht nur ein geographischer Begriff. Als solcher ist es der Landesteil von Oberösterreich nördlich der Donau mit einer Fläche von 308.000 ha. Darüber hinaus bildet es aber trotz erheblicher Verschiedenheiten in den einzelnen Gebieten eine landschaftliche Einheit, die unter der Bezeichnung „Mühlviertel" eine gewisse, ganz bestimmte Vorstellung auslöst. In dieser Schau gesehen, greift allerdings das Mühlviertel im westlichen Teil über die Donau nach Süden und schließt den Sauwald in sich ein. Diese Einheit in verschiedenem wird vor allem durch das Grundgestein bewirkt. Das Mühlviertel gehört fast zur Gänze dem böhmischen Massiv an, welches aus Gesteinen silika tischer Art (Urgestein) aufgebaut ist. Gneis und Granit sind die Bausteine des Mühlviertels. Sie ergeben als Verwitterungs produkt lehmige Sand- bis sandige Lehmböden. So einheitlich das Grundgestein auch ist, so ergeben sich auch hier Varianten, die im Landschaftsbild ihren Ausdruck finden. Was für das Grundgestein gilt, ist auch für das Klima anzuführen. Es hat zum Unterschied vom übrigen Ober österreich, das ozeanisches Großklima aufweist, eine kontinen tale Tönung, im Osten mehr als im Westen. Durch kalte Nordwinde, dem sogenannten „Böhmischen Wind", wird eine Klimadepression bewirkt, die gegenüber gleichen Seehöhen in den Alpen 0,5 bis 1 Grad Celsius beträgt. Der ungleichen Höhenlage gemäß, die sich von 217 m beim Austritt der Donau auf 1378 m Seehöhe am Plöckenstein erstreckt, ergeben sich Höhenstufen verschiedener klimatischer Prägung. Man unterscheidet diesbezüglich die untere, die mittlere und die obere Buchenstufe sowie die untere Nadelwaldstufe. Die Niederschläge sind mäßig. Sie bewegen sich im Jahresmittel von 736 mm (Neumarkt bei Freistadt, 629 m Seehöhe) bis 1121 mm (Kollerschlag, 725 m Seehöhe). Sie nehmen von Osten nach Westen zu. Erhebliche Unterschiede weist auch die Geländegestaltung auf. Den größten Raum nimmt das Hügelland mit oft steil ein geschnittenen Tälern ein. Im Norden reicht von Westen her der Böhmerwald in das Mühlviertel und bildet mit seinen östlichen Ausläufern, in denen der Sternstein (1125 m See höhe) und der Viehberg (1111 m Seehöhe) markante Erschei nungen sind, ein Mittelgebirge. Einzelne Teile sind eben oder fast eben, im Norden als Hochebenen, an der Donau als Tiefebenen, so im Machland, ausgebildet. Die Tiefebenen nehmen die Auwälder der Donau in sich auf und zeigen nicht mehr den typischen Landschaftscharakter des Mühlviertels. Klima, Untergrund, Boden und Geländegestaltung bestimmen den Pflanzenbewuchs. Von Natur aus bildete der Wald in klimabedingter Zusammensetzung das Pflanzenkleid. Das Mühlviertel war eine Waldlandschaft. Seit der Besiedelung durch den Menschen wurde das Vegetationsbild zur heutigen Form umgestaltet. Dieser Umgestaltung verdankt das Mühl viertel seine Lieblichkeit. Der Wald, der mit 99.300 ha immer hin noch ein Drittel der Fläche umfaßt, sorgt für die ernste und besinnliche Note. Im Zusammenwirken von Nährstoff haushalt, Wasserhaushalt und Lufthaushalt vom Boden her und vom Wärmehaushalt vom Klima her wird der Wald vom wirtschaftenden Menschen aufgebaut. Urwälder gibt es schon lange keine mehr. Der Böhmerwald und das übrige Mittelgebirge Das Mittelgebirge umfaßt je einen Streifen im Nordosten, den Sternwald im mittleren Norden und den Böhmerwald im Nordwesten. Hier herrscht fast geschlossenes Waldland. Menschliche Siedlungen sind selten. Anspruchsvollere Land wirtschaft ist aus klimatischen Gründen nicht möglich. Die höchsten Erhebungen des Böhmerwaldes, der Plöckenstein und der Hochfichtelberg (1337 m Seehöhe), gehören, soweit ihre Lagen die Seehöhe von 1250 m überschreiten, der Nadel waldstufe an und sind mit Fichte bewachsen. Die Fläche dieser Stufe beträgt bloß 150 ha und ist damit bedeutungslos. Ansonsten herrscht in diesem Teil des Mühlviertels die obere Buchenstufe (kühle Waldstufe). In dieser war einstmals der Fichten-, Tannen-, Buchenmischwald daheim. Heute handelt es sich zu erheblichem Anteil um reine Fichtenbestände nebst Mischwaldresten. Jedoch auch reine Buchenbestände gibt es. Beides ist allein auf menschlichen Einfluß zurückzuführen. Die Fichte ist hier die lebenskräftigste Holzart. Sie ist gleich zeitig wirtschaftlich am wertvollsten. Da dieses Gebiet fast ausschließlich vom Großwaldbesitz eingenommen wird und dieser von jeher für den Markt produziert, war es nahe liegend, die Fichte zu begünstigen. Die Buche ist in dieser Region die lebensschwächste Baumart. Ihr Holz war in der bis vor kurzem sehr schlechten Bringungslage überhaupt nicht abzusetzen. Man ging daher in den entlegensten Wald beständen dazu über, das Nadelholz Fichte und Tanne heraus zuplentern und die Buche als unverwertbar stehenzulassen. So sind in einer Lage, die der Buche vorwiegend nur mehr eine dienende Rolle zuweist, da und dort reine oder fast reine Buchenbestände entstanden. Das Ziel der modernen Forst wirtschaft ist, zur Erhaltung der Bodenkraft und zur größeren Sicherheit der Bestände gegen alle Gefahren, die dem Walde drohen, wieder Mischbestände aufzubauen, in denen dem Nadelholz, insbesondere der Fichte, der überwiegend größte Anteil gesichert ist. Es sind diesbezüglich schon sehr schöne Erfolge zu verzeichnen. Überblickt man jedoch den Standort für den Wald vom Grundgestein und vom Boden her, so ergibt sich, daß das so einheitlich scheinende Silikatgestein keineswegs uniforme Verhältnisse für den Wald schafft. Der Plöckenstein-Granit (= Eisgarner Granit), wie er seinen Namensträger und den Hochfichtelberg sowie deren Höhen rücken aufbaut, bewirkt nährstoffarme, kalte, zur starken Versauerung und zur Podsolierung neigende Böden. Günstig für den Lufthaushalt des Bodens ist die grobsandige Ver witterung des Grundgesteins. Die dadurch bewirkte größere Wasserdurchlässigkeit führt hier in der Regel nicht zur Trockenheit, weil die höheren Niederschläge und die reich liche Nebelbildung den Ausgleich herbeiführen. Es ist also vor allem der Nährstoffhaushalt des Bodens, der zu begünsti gen ist. Dies geschieht auf natürlichem Wege durch Aufrecht erhalten eines regen Basenumlaufes, das heißt, es sollen die Nährsalze aus dem Boden, die von den Bäumen zur Bildung der Assimilationsorgane aufgenommen werden und die in organischer Form durch den Blatt- und Nadelabfall wieder zum Boden gelangen, möglichst rasch neuerlich mineralisiert und damit dem Nährstoffkreislauf zugeführt werden. Dazu ist ein ausreichendes Bodenleben notwendig, denn die Lebe wesen im Boden sind maßgebend bei der Umwandlung organischer Substanz in anorganische Stoffe beteiligt. Dieses Bodenleben aber gedeiht besonders bei Mischkost, also im gut bewirtschafteten Mischwald. An der Bodenvegetation erkennt man das Erreichen günstigster Wuchsbedingungen, wenn sich der Sauerklee-Schattenblümchentyp einstellt. Waldlandschaft des Mühlviertels. — Übernächste Seite; Motiv vom Bärenstein (1076 m)bei Aigen im Mühlkreis.

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