tung des vorwiegenden Holzblockbaues, während wir östlich wohl auch primäre Lehm- und Steinbauten annehmen müssen. Hier, wieder im Osten, ist auch das Strohdach zu Hause, das sich westlich der erwähnten Linie gelegentlich nur auf Sta deln und Hütten, nicht jedoch auf dem Wohnhaus befand, das mit Legschindeln gedeckt war. Eine Entwicklungsgeschichte und Typologie des bäuerlichen Gehöftes in Oberösterreich ist gewiß noch lange keine Volks kunde. Wie dieser und jener Hof im Bewußtsein des Volkes steht, was das innere Wesen des Hofes in seinen Bezie hungen zum Bauernleben ausmacht, wie sich der Vierkanthofmaier und der Einödbauer im Einhausraum des Mondsee landes selbst verstehen und was sie gegenseitig voneinander halten, sagt m. E. zweifellos immer noch viel mehr über Haus und Hof aus, als das Wissen über ihr konstruktives Gefüge, wenngleich dies von den Positivsten aller Richtungen auf das heftigste bestritten werden dürfte. Zunächst muß da aber wohl auch noch auf den landwirt schaftlichen Gegensatz zwischen vorwiegenden Viehhaltern und Getreidebauern hingewiesen werden. Die ,,Hörndlhauern" und „Körndlhauern" hat man zuerst in Oberösterreich unter diesen Bezeichnungen unterschieden. Nicht weniger groß ist der Lfnterschied zwischen den Waldbauern und denen aus dem flachen und offenen Land, zwischen den „Wallnern" und denen vom „Gäu", wie ihn der unvergeßliche Eduard Kriechbaum so treffend herausgearbeitet hat. Die Gebirgsbauern blicken etwas überheblich auf die „Zusserer" oder „Oahimmler" des flachen Landes hinab bzw. hinaus, während sie von diesen überhaupt gar nicht für voll genommen werden. Der Unterschied zwischen den Gebirgs bauern der Einhäuser, Paarhöfe und Haufenhöfe ist natur gemäß geringer als insgesamt der zwischen den Bauern außerhalb der Berge und dem flachen Land. Wie groß aber diese Verschiedenheiten auch sein mochten — die Mitvergangenheit bezieht sich vor allem auf die nivellie renden Veränderungen der Landwirtschaft innerhalb der letz ten 20 Jahre —: es gibt auch sehr viele gemeinsame Züge. So gleicht sich das Innere des Hauses, besonders die Wohn stube — bei aller Verschiedenheit, die eher dem Fachmann als dem schlichten Besucher auffällt — mehr, als man wohl annehmen durfte. Die Unterschiede beziehen sich eher auf das soziale Niveau als auf die Struktur der Stube als solche. Dieses soziale Niveau ist in Oberösterreich freilich sehr ver schieden, vergleicht man etwa das hochgelegene Mühlviertel mit den Kornböden von Eferding, Wels und St. Florian. Es gab jedoch verhältnismäßig wohlhabende, wald-, vieh- und gesindereiche Bauern auch im Gebirge, deren Lebensstil sich von seinen bequemer lebenden Vettern um Wels und Gries kirchen nicht allzu sehr unterschied. Daneben gibt es nicht nur den erwähnten sozialen Unterschied in der bäuerlichen Wohnkultur, sondern auch den ästhetisch-hygienischen. Es läßt sich nicht leugnen, daß der Grad der Reinlichkeit und Sauberkeit in Oberösterreich in den einzelnen Landesvierteln recht verschieden ist. Die Mühlviertier könnten da vom Salzkammergut, aber auch vom Innviertel wohl noch einiges lernen. Gewiß ist auch manches zur Begründung solcher Un terschiede zu sagen — mehr allerdings darüber, was die Salzkammergutler zur größeren Sauberkeit erzog: die Saline, die Fremden, abgesehen von ihrem lebenszugewandten Naturell, als worin die Mühlviertier von Haus aus benachteiligt sind. Es gab in Oberösterreich ein Sauberkeitsgefälle von West nach Ost und von Süd nach Nord — Aufklärung und Bildungsar beit haben hier in den letzten Jahren erfreulicherweise schon sehr erfolgreich gewirkt. Gemeinsam ist den oberösterreichischen Bauernhäusern — oder fast allen — ein Gerät und meist auch ein Raum, manchmal sogar ein Haus: die Mostpresse und das Preßhaus bzw. die „Preßlabn" und der Mostkeller, „Tannabamzäpfn und Bülibambirn" gibt es — nach einem Vierzeiler von Franz Stelzhamer — eben im ganzen Landl. Was die „Bülibambirn", jene beliebteste Mostobstsorte anlangt, so gibt es dafür auch wieder besonders bevorzugte Gegenden wie das Kremstal, das Steyrtal, das gesamte nördliche Hausruckviertel, das Machland und die nach Süden blickenden Hänge des unteren Mühlviertels. Hier gab und gibt es noch zum Teil die ge waltigen, großen bemalten und geschnitzten Zwangs- oder Spindelpressen, gibt es die riesigen Mostfässer und das viel fältige Mostgebinde, Sechter, Zuber, Schaffein, Eimer und Trichter, auch diese aus Holz und „gebunden", wie das übrige Mostgerät. Die Erzeugung des Mostes eint und vereinigt die so ver schiedenartigen Hofbauern des Landes ob der Enns. Alle sind eben „Mostschädel". Selbst in das ursprünglich nur bier brauende und biertrinkende Innviertel war nach 1816 der Most mit so manchen anderen Erzeugnissen Altoberösterreichs erfolgreich vorgedrungen. Wenn aber die Frage noch einmal beantwortet werden soll, wo das eigentümlichste Oberösterreich zu suchen sei, muß bei aller bereits stattgefundenen Angleichung und Verschmel zung der angeführten Bauernhof-Kulturlandschaften immer noch und immer wieder der Vierkanthoflandschaft im unteren Traunviertel der Vorzug eingeräumt werden. Vielleicht sieht der Fremde die Dinge schärfer als der hier Geborene und Lebende. Ein Mann aus dem Schwarzwald, der Schriftsteller Heinrich Hansjakob, hat um 1900 mehrere Höfe, darunter auch den Kremszellhof am linken Ufer der Krems besucht und ist aus dem Staunen nicht herausgekommen: „Dieses Bau erngut ist schon mehr ein Rittergut, sein riesiges Gebäude quadrat mit Ziegeln gedeckt und der von ihm gebildete Hof raum von entsprechenden Dimensionen ... Der KremszellhofMaier ist nicht daheim, wohl aber die Maierin, eine einfache Frau, die wir mitten in der Arbeit des Brotbackens treffen. Sie zeigt uns zunächst ihre Wohnung, die besser möbliert ist als die des Aumaier, aber ohne jeden Luxus. Im zweiten Stockwerk findet sich eine Reihe von Gastzimmern, in denen man eine halbe Gemeinde unterbringen könnte. Überfluß an Bettwerk und Bettzeug bildet ihren Schmuck und verrät die echte, bäuerliche Wohlhabenheit." (Es handelt sich da um die bereits angeführten „hohen" oder „gfeiraten Stuben", die in jedem größeren Vierkanthof vorhanden sind. Anm. d. Verf.) „Selbst die Hauskapelle fehlt nicht; offenbar ein Erbstück aus der Zeit, da der Hof noch dem Stift Kremsmünster gehörte." (Auch derlei Hauskapellen finden sich nicht selten im oberen Stockwerk der Vierkanthöfe des Traunviertels. D. Verf.) „Dann geleitet uns die Maierin über die Böden, wo das Ge treide aufgespeichert ist und zuletzt in die Ställe, in denen ganze Regimenter von Ochsen, Kühen und Schweinen ste hen und liegen. Überall Wohlstand und Reichtum. Luxus sah ich nur in der Wagenremise des Bauern. Da standen edle Ka rossen, die jedem Landedelmann genügen würden. Wenn ich die Wahl hätte, ob ich Bauer und Eigentümer auf dem Kremszellhof sein wollte oder Kaiser von Österreich — ich würde mich keine Minute besinnen und diesen Hof all den Dornenkronen vorziehen, die den Kaiser von Österreich schmücken." Fürwahr ein stolzes Wort über einen Bauern und ein Gehöft des Landes ob der Enns. Wenn der Kärntner die von Arbeit und Mühe geprägten Keuschen seiner Gebirgs- und Talbau ern, der Steirer die Einschichthöfe seiner Waldbauern mit dem Licht seiner Heimatliebe verklärt und in ihnen das jeweils Typische seines Landes zu erblicken vermag, so erlaubt eine glücklichere Natur dem Oberösterreicher, seine Vierkanthöfe als echte Verwirklichungen seiner Art und seines Bauern tums hinzustellen. Inneres eines Innviertier Vierseithofes mit Hofbrunnen, Stail und Stadei. Kronschiag bei Engeihartszell, nach einer Feder zeichnung von Erwin Pendl,1930.
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