Oberösterreich, 16. Jahrgang, Heft 3/4, 1966

M ^■fm Franz Lipp Bauernburgen Von Haus und Hof oberösterreichischer Bauern Die hier abgedruckten Klischees von Skizzen bäuerlicher Hausformen stellte freundiicher\A/eise die Verlagsanstalt Wimmer aus ihrem Verlagswerk: Franz Lipp, Oberösterrei chische Stuben, Linz 1966, zur Verfügung. Die Skizzen stam men von Reinprecht Schober. . .. „Inmitten der Felder steh' ich allein — eine Bauernburg aus dem trotzigen Stein, den der Ahn aus den Furchen gelesen . . , so sah die Innviertlerin Erna Blaas den Stolz der oberösterreichischen Gehöfte, den Vierkant, aus dem Boden steigen, „Wucht als sein Stil, Abwehr sein Wesen" . . . Und in der Tat, wer an Oberösterreich denkt, sei es aus der Sicht Wiens oder von Graz oder Salzburg her, das typisch Oberösterreichische ist für die Anrainer wie für die Gäste der zugleich behäbige und stets irgendwie noble, der in sich ruhende und ehrlich erworbene Wohlhabenheit wie Sicherheit gleichermaßen ausstrahlende Vierkanthof. Von dem bekannten Landschaftsgärtner und Kulturtechniker Alwin Seifert wurde vor wenigen Jahrzehnten der Begriff „Baugesicht" geprägt und in die Literatur eingeführt. Dieses „Baugesicht" ist die Gestaltwerdung eines bestimmen „Bau gedankens" oder einer „Bauidee". Die geschilderte „Wucht", die Behäbigkeit, die Geborgenheit und Sicherheit, kurzum der ganze Stil eines Vierkanthofes beruht darauf, daß die vier Funktionsbereiche einer Landwirtschaft: Wohnung der bäuer lichen Großfamilie und des Gesindes (= „Haus"), Stall, Bergeraum für Getreide und Futter (= „Stadel") und Berge raum für Geräte und Fahrzeuge (= „Schupfen"), die sonst getrennt als einzelne Gebäude errichtet sind, um einen Hof eng und womöglich firstgleich zusammengeschlossen werden. Der Volksmund nennt diesen Vorgang „einen Hof einfangen". Dieses „Einfangen" eines Hofes geschieht in Oberösterreich am folgerichtigsten im Winkel zwischen Donau und Enns, innerhalb jenes bekannten Städtevierecks Linz—Enns—Steyr— Wels, in der bäuerlichen Umgebung der darin oder nur wenig außerhalb gelegenen Stifte Wilhering, St. Florian, Baum gartenberg, Gleink, Kremsmünster, Schlierbach und Lambach. Dabei ist das Verbreitungsgebiet des oberösterreichischen Vierkanthofes eher noch größer, und zwar nach allen Himmels richtungen hin. Es gibt den Vierkanthof weit über Eferding, Grieskirchen und Lambach hinaus im Westen, über Gmunden, Micheldorf und Ternberg hinaus im Süden, über die Enns zwischen Steyr und Mauthausen hinaus im Osten und bis auf die Höhe von Freistadt im Norden des Kerngebietes. Die Vierkanthöfe an der Peripherie des gewaltigen Aus dehnungsgebietes mögen sich äußerlich fast aufs Haar glei chen — in der Innengliederung werden sie dennoch stark voneinander abweichen. Man spricht daher von einem Vier kanthof des „Florianer", des Grieskirchner, des Gallneukirchner und des Gmundner Typs. Wie unterscheiden sich diese Spielarten voneinander? Um dies verstehen zu können, ist es notwendig, die Gliederung eines „Normalgehöftes" kennenzulernen. Hier könnte allerdings der Zweifler mit der Behauptung ein setzen, daß es „den" Typus schlechthin nicht gibt und jeder Hof individuelle Verschiedenartigkeiten aufweist. Das stimmt. Ein Zug ist jedoch den vergleichsweise ähnlich „großen", d. h. mit gleich viel Joch Grund und Stück Vieh ausgestatteten Bauern des unteren Traunviertels gemeinsam: der Zug zur möglichst weitgehenden „Spezialisierung" und Trennung der Funktionsbereiche des Kochens (Küche), Heizens (Stube) und Backens (Schwarze Kuchel), des Arbeitens (Wirtschaftsräume) und Schlafens (Kammern). Das Vorhaus trennt im Traunviertel in der Regel den „Speichertrakt", d. h. die Aufbewahrungsräume oder „Kasten" vom Wohntrakt, der das Feuerstättenzentrum enthält. In großen Höfen, wie dem Bachmaiergut in Samesleiten, Gemeinde St. Florian, wird die „Spezialisierung" am weite sten getrieben. Der gewaltige Backofen mit der angebauten „Futterküche" ist in die Nähe des „Preßhauses" gerückt, das weiter im Süden, um Windischgarsten, bereits „Preßlabn" = Preßlaube heißen wird. Auf der anderen Seite des Vorhauses befinden sich Küche und Stube. Der Stubenkachelofen ist jedoch mit dem Herd nicht mehr verbunden. Jeder Raum Oben: Vierkanthof des Mühlviertels im Bezirk Perg. Links: Grundriß eines Traunviertler Vierkanthofes, der die „Großform" dieses Hoftyps demonstriert.

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