Oberösterreich, 16. Jahrgang, Heft 1/2, 1966

Es trifft wohl gar nicht so selten zu, daß eine Landschaft volkskundlich zunächst von einem Außenseiter entdeckt wer den muß, ehe die „introspektive Methode" einsetzkenann; ja, daß es nicht einmal unbedingt ein Bauernstämmling sein muß, der hier die Bahn bricht. — Stelzhamer, der seine Lands leute gewiß genau kannte, wäre nicht imstande gewesen, sich über das Innviertier Volkstum theoretisch zu äußern. Dazu saß er zu tief in ihm drinnen. Lr ist sogar an dem Versuch einer lexikalischen Erfassung seiner Mundart rasch gescheitert. Der Pionier der Innviertler Volkskunde ist vielmehr wirklich ein Außenseiter, ist Hugo von Preen, dessen Name schon keineswegs nach einem eingeborenen Innviertler klingt. Sein Geschlecht war mecklenburgischer Herkunft, allerdings be reits mit vielen süddeutschen, mütterlicherseits auch öster reichischen Beimischungen. Lr selbst wurde am 25. Mai 1854 im Innviertel geboren, auf dem Sitz Osternberg bei Braunau, der seinem Vater gehörte. Dieser, Friedrich Otto von Preen, hatte zuerst in badischen, dann in österreichischen Offiziers diensten gestanden, bevor er von seinem Schwiegervater, dem Obersten von Seidl, das Gut Osternberg übernahm und als Hauptmann den Dienst quittierte. Auch mit dem Sohne war es auf eine „junkerliche" Erziehung abgesehen. Lr wurde nach einer auf Osternberg verlebten Kindheit in eine adelige Privatschule, die Bandersche Anstalt in Weinheim (Baden), geschickt, die damals internationalen Ruf hatte. Hier erhielt er im Unterricht und auf vielen Ausflügen ins badische Land die ersten heimatkundlichen Anregungen, aber auch sein künstlerisches Talent blieb nicht unentdeckt, so daß sein Zeichenlehrer dem Vater riet, ihn Künstler werden zu lassen. Der Vater bestand jedoch auf der militärischen Laufbahn, für die allerdings erst eine staatliche Matura notwendig war, die er 1872 in Karlsruhe ablegen sollte. Daß er sie nicht bestand, wurde zunächst als eine Familienkatastrophe emp funden, bedeutete aber letzterdings für Preen eine glückliche Lebenswendung. Nachdem auch andere Persönlichkeiten die künstlerische Laufbahn angeraten hatten, gab der Vater end lich nach, und Hugo ging nach München, zuerst ans Poly technikum, dann an die Akademie, an der er zehn Jahre ver blieb. Seine Lehrer waren Ludwig von Loefftz, Alexander Strähuber und vor allem Wilhelm Lindenschmidt. Sein Haupt gebiet war die Landschaftsmalerei. Lr kam in München be reits auch mit Museums- und Galerie-Direktoren in Ver bindung. Türfüllung 1632, gemalt In Rot-Schwarz In der Art der Re naissance-Einlegearbeiten. Motiv aus Schwand, Bez. Braunau am Inn. Max Bouböck Hugo von Preen und die Anfänge der Innviertler Heimatbewegung Sämtliche Aufnahmen von Max Eiersebner noch Originalen aus der Sammlung „Alte Bciuernhousverzlerungen" von Hugo V. Preen im Heimathaus Braunau am Inn, die in dankens werter Weise für diesen Aufsatz zur Verfügung gesteilt wurden. Als der Vater 1881 starb, hatte es der Sohn noch immer nicht auf eine Seßhaftigkeit in Osternberg abgesehen, sondern verpachtete die Gutswirtschaft und pendelte nach wie vor mit den Jahreszeiten zwischen Osternberg und München hin und her. Aus den sommerlichen Besuchen seiner Münchner Künstlerfreunde, von denen nachher Ludwig Herterich, Karl Becker-Gundahl, Theodor Schmidt u. a. zu Bedeutung ge langten, entstand das fröhliche, aber auch künstlerisch frucht bare Treiben der sogenannten ,,Osternberger Künstlerkolonie , die in der Entwicklung der Münchner Kunst eine gewisse Rolle spielte. Becker-Gundahl schuf hier, angeregt von der bäuerlichen Umgebung, sein Bild „Der Austräglerin Ende , das sofort von Defregger angekauft wurde und später Richard Billinger zu seinem Gedicht „Tod der Auszüglerin" das Motiv abgab. Fast sämtliche Landschaften des Sezessionisten Franz Stuck, dem dort erst „der Knopf für die Landschaft auf gegangen war", sind hier entstanden, unter anderem auch der berühmte „Forellenweiher" nach dem Motiv der Osternberger Teiche. Auch Franz von Defregger und Toni Stadler, Leo Samberger und Karl Stockmann kamen wiederholt nach Osternberg. Preens schriftlich niedergelegte Erinnerungen an diese Zeit sind noch ungedruckt. Daraus nur ein Absatz: „Linen Sommer ohne Waldfest gab es bei uns nicht. Einmal, als fröhlicher Abschluß, ging es ins Braunauer Theater. Unsere Gesellschaft war etwas durchs Waldfest in Stimmung ge bracht und beteiligte sich zur Freude der Zuschauer lebhaft an der Aufführung. Den Schluß des Theaters bildeten lebende Bilder, darunter „Odysseus belauscht die Nymphen im Bade" und der Tod irgendeines antiken Helden. Da konnte sich Stuck nicht mehr halten und setzte dem bengalisch beleuch teten Helden seinen steifen schwarzen Hut auf. Der Direktor war wütend, die Zuschauer das Gegenteil. Um den Direktor zu besänftigen, spendierte ihm Stuck, nobel wie er immer war, einige Maß Bier und etliche von den langen Sargnägeln, Virginier genannt." Der künstlerische Sturm und Drang Preens ging zu Ende, als er 1887 in Graz die Tochter des Komponisten Heinrich Esser heiratete, die hochverständige Frau Sophia, die ihn dann wirklich in Osternberg seßhaft machte und bis zu ihrem Tode, 1930, der Mittelpunkt eines gepflegten Kreises von. künstlerischen und wissenschaftlichen Gästen blieb. Schon von Anfang der achtziger Jahre datieren seine ersten Bemühungen um die Erfassung der Innviertler Volkskunde.

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