Oberösterreich, 16. Jahrgang, Heft 1/2, 1966

wandte sich an die „Cisönanischen Landsleute", ganz beson ders aber an die „Angränzer des Innstromes", sie suchte die Notwendigkeit und die Naturgegebenheit der Zugehörigkeit dieser Gebiete zum Königreich Bayern zu erweisen und meinte „die beyden Ufer des Inn müssen baierisch seyn". Aber die Geschicke der Länder und der Menschen werden nicht vom Willen der Bevölkerung bestimmt. Bayern, welches sich im Vertrag von Ried im Jahre 1813 an die Seite Napoleons gestellt hatte, zögerte nach dem endgültigen Zu sammenbruch der napoleonischen Herrschaft lange, das Inn viertel und den Hausruckanteil an Österreich zurückzugeben. Erst unter dem Druck der Mächte und beeindruckt von einer militärischen Demonstration Österreichs, welches 30.000 Mann in Oberösterreich aufmarschieren ließ, war es bereit, den Vertrag von München vom 14. April 1816 abzuschließen. Das Innviertel mit den seinerzeit abgetretenen Teilen des alten Hausruck-Kreises und ein Teil des alten Erzstiftes Salzburg — das heutige Land Salzburg — kam damals zu Österreich. 37 Jahre nach der Braunauer Huldigung von 1779 konnte am 1. Mai 1816 der Regierungspräsident von Ober österreich, Baron Hingenau, in Salzburg als ÜbernahmeKommissär auch das Innviertel nunmehr wieder in öster reichischen Besitz als Teil des Landes Oberösterreich über nehmen. Der Münchner Vertrag von 1816, derim histori schen Bewußtsein der Österreicher eine bescheidene Rolle spielt, bedeutete immerhin einen großen Wendepunkt, weil er endgültig den Jahrhunderte hindurch dauernden Zwist zwischen Österreich und Bayern endgültig aus der Welt schaffte. Nun war nicht mehr viel zu hören von den bayrischen Sehn süchten im Innkreis, nur wirklich „einzelne, welche in Rückerinnerungen schwelgen" — so berichtete der Landes-Chef Oberösterreichs, Graf Ugarte, nach Wien — verbreiteten im Jahre 1833 Gerüchte über eine Rückkehr des Innkreises zu Bayern, welche sich offenbar an ein Treffen des Königs von Bayern mit dem Kaiser von Österreich in Linz anlehnten. Aber der jahrhundertealte Gegensatz, die bayrisch-österreichi sche Rivalität, schien einer neuen Freundschaft der beiden Nachbarstaaten gewichen zu sein, und Familienbande der beiden Dynastien bestärkten den Geist der Versöhnung. Als im Jahre 1848 der oberösterreichische Landtag den Ent wurf einer Landesverfassung für Oberösterreich schuf, da stellte er an die Spitze den Satz „Oberösterreich ist ein einzi ges, unteilbares Erzherzogtum". Die junge oberösterreichische Volksvertretung wollte damit Bestrebungen entgegentreten, welche sich im sogenannten Kremsier Verfassungsentwurf manifestierten, welche das Innviertel an das neu entstehende Land Salzburg angliedern wollten. Es ist vielleicht von einem gewissen Interesse, daß noch einmal, und zwar nach dem Krieg von 1866, als Österreichs deutsche Stellung sich wesent lich verändert hatte, das Problem Innviertel — Bayern auf tauchte. Aber vielleicht lagen damals auftretenden Gerüchten mehr Befürchtungen österreichischerseits zugrunde als Tat sachen. Die Berichte der lokalen Behörden zeigen, daß es sich keineswegs beiprobayrischen Stimmungen im Innviertel um politische Dinge handelte, daß es nicht um die Sympathien oder Antipathien bezüglich der Landeshoheit ging, sondern vielmehr um materielle Dinge, wie die angeblich niedrigen Steuern in Bayern. Auch Sitten und Gebräuche im Innviertel waren weitgehend ähnlich dem Brauchtum jenseits des Inns, und bis zum Erscheinen des neuen österreichischen Münz gesetzes hatte das Innviertel z. B. immer noch die Münzen mit Bayern gemeinsam. Diese und andere gemeinsame Bande, welche aus der jahrhundertelangen Zugehörigkeit dieses Land striches am Inn zu Bayern sich ergeben hatten, waren auch nach einem Jahrhundert noch lebendig geblieben. Man hat diese alte Anhänglichkeit des konservativen Inn viertels an Bayern in späterer Zeit in Österreich nicht mehr mit Mißtrauen betrachtet, sondern stets richtig zu verstehen gewußt. Schon bei der Jahrhundertfeier im Jahre 1879 in Ried im Innkreis hat der damalige Landeshauptmann von Ober österreich, Dr. Moritz Eigner, darauf hingewiesen, wie schwer ehedem die Innviertier sich von Bayern trennten. Aber er meinte dazu: „Wer könnte diese Gefühle tadeln, die ja den edelsten Regungen menschlichen Fühlens, der Treue und Beständigkeit entspringen?" In diesem Jahre können wir die 150jährige ununterbrochene Zugehörigkeit des Innviertels zu Österreich feiern. Und heute ist dieses schöne Land an Inn und Salzach so sehr ein lebendiges Glied Oberösterreichs ge worden, daß wir Landschaft und Menschen, Geist und Schön heit des Innviertels wie selbstverständlich unser eigen nennen. Was ist bezeichnender für dieses Hineingewachsensein des Innviertels in das alte Land ob der Enns, als die Tatsache, daß der Schöpfer des „Hoamatland", der oberösterreichischen Landeshymne, welche Symbol der Einheit des Landes und Ausdruck der Liebe zur Heimat geworden ist, — daß Franz Stelzhamer aus dem Innviertel kam? Literatur: K. Meindl: Die Vereinigung des Innviertels mit Österreich infolge des Friedensschlusses zu Teschen am 13. Mai 1779 (1879). — Gedenkblatt an die am 12., 13. und 14. Mai 1879 in der Stadt Ried stattgehabte Säcularfeier der durch den Teschener Frieden arn 13. Mai 1779 erfolgten Vereinigung des Innviertels mit Öster reich (1879). — F. X. Pritz: Geschichte des Landes ob der Enns 2 (1847). —A. Unzer: Der Friede von Teschen (1903). — M. Doeberl: Entwicklungsgeschichte Bayerns, 2 (1928). — P. v. Mitrofanow: Josef II., 1 (1910). — P. V. Radics; Die Reisen Kaiser Josephs II. und die Volkswirtschaft in Österreich-Ungarn (1890). — J. Strnadt: Innviertel und Mondseeland (1912). — 1. Zihermayr: Noricum, Baiern und Österreich, 2. A. (1956). — Maria Theresia und Jo seph II. Ihre Korrespondenz etc., 3 (1868). — L. Bittner: Chrono logisches Verzeichnis der österreichischen Staatsverträge, 2 (1909). — R. Pleninger: Der Anfall des Innviertels an Österreich, Diss., Graz 1949. — F. Martin: Kaiser Joseph II auf dem Haunsberg, in; Mitt. d. Gesch. f. Salzburger Landeskunde 92 (1952). — H. Sturm herger: Das Innviertel und Bayern, in: Sonderbeilage der Neuen Warte am Inn, Nr.30 v. 1960.— Journal von der Reyse Anno 1779. Haus-, Hof- u. Staatsarchiv Wien (Familienarchiv). Topographie oder kurze Beschreibung .. . Wien. J. v. Kurzböck 1779. iAufh'iaLirmIjM"Ver/us acctctf^

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