Oberösterreich, 16. Jahrgang, Heft 1/2, 1966

Geschrei, jetzt nähert sich der Zug, die buchenen Scheitel trommeln auf alte Eimer und Gießkannen, auf verbeulte Häfen und Töpfe, die Mädchen in langen Großmutterkitteln und Kopftüchern, in löchrigen Hosen und Stalljankern, in Vogelscheuchenhüten, die ihnen über die Ohren fallen, die Buben, hinten nach die Kleinsten, Rotz an den Nasen, aber sie haben nicht Zeit, sich zu putzen, sie müssen schreien, was die Kehle hergibt und auf ihren Schnellsiedern trommeln, alle sind sie zum Schrecken verkleidet, Maschkerer sind sie heut', und noch schrecklicher auf den Leiterwagerln der Sonnwendhansl, die Sonnwendgretl, lebensgroß in Hose und Rock, Kittel und Bluse und Kopftuch, prall ausgestopft mit Stroh, drohend umtanzt und verhöhnt von dem johlenden Volk. Die Alten stehen vor den Häusern und schauen ihnen nach, auf dem Hügel türmt sich dürres Geäst und Reisig, das festere Holz oben drauf, immer noch lärmen die Maschkerer durchs Dorf, aber ehe es dunkel wird, zieh'n sie zum Hügel, es kom men die ersten Leute von den Höfen, Hansl und Gretl müssen hinauf auf den Stoß, es gibt kein Erbarmen, schon züngeln die Flammen unter ihnen, lecken genäschig, fressen sich schnell durchs Reisig, ein Feuerregen fällt vom Himmel, jetzt hat es den Hansl ergriffen, und jetzt die Gretl, der Tanz um das Feuer hat die Beine der Kinder ergriffen, sie toben und johlen, vertreiben die bösen Dämonen, aber das wissen sie nicht mehr, erst wenn Hansl und Gretl als Asche verwehen im Nachtwind, hat ihr Treiben ein Ende, die Burschen und Mädchen, paarweis und Hand in Hand, springen über das Feuer, einer fängt es den Kittel, aber das macht nichts, sie hat einen Burschen gefangen. Schneller geht das Jahr, wenn Sonnwend vorbei ist, der Holler ist lang verblüht, der See lockt zum Bad, hinterm Bienenhaus hockt der Schwachkopf, wenn man zum See will, muß man am Bienenhaus vorbei, dann springt der Idiot vor aus seinem Versteck, sein blauer Schurz leuchtet auf, sein Schopf ist eine rote Flamme, seine Seele bellt einem entgegen, Schaum steht auf seinem Mund, der Knecht kommt rasch herbei, seine Peitsche knallt durch die Mittagsstille, der Idiot flieht, sein Gebell erstirbt zu einem traurigen Lallen und ver stummt endlich ganz. Gewitter ziehen auf, schwere Sommer gewitter, ein Blitz hat den Birnbaum getroffen, nicht den hohen, mächtigen, nein, einen ganz jungen neben ihm, bis zum Boden hat er ihm die glatte Rinde vom Stamm gerissen, im Nachbardorf ist es nicht so billig hergegangen, dort hat er einen Bauernhof heimgesucht, ganz heimtückisch, niemand hat es gemerkt, viel später erst hat es sich gezeigt, aber dann war es schon zu spät, auch die Feuerwehr hat nichts mehr retten können, tagelang roch es nach verkohltem Holz und verbranntem Getier. Die Bauern schicken Roboter, sie fahren Bauholz und Ziegel, Sand und Schotter, bald wird der Hof wieder stehen. Es ist auch an der Zeit, daß er unter Dach kommt, die Zwetschken werden schon blau, der Baum vor unserem Haus trägt reich, wir haben ihn ganz für uns, die Frucht am Baum erstanden, manchmal schüttle ich ihn, dann fallen die ersten, großen Früchte ins Gras, plumps, plumps, das Fleisch ist tiefgelb und zuckersüß. Die Haselnüsse den Bach entlang sind gut geraten, man muß zugreifen, denn die Eichhörnchen sind eifrig unterwegs. Auch Eicheln und Buch eckern gibt es in Hülle und Fülle, ein Segen für die Keuschler, ganze Taschen voll schleppen ihre Kinder heim, das Schwein im Stall wird fett werden in diesem Jahr, für den Weihnachts braten ist also gesorgt. Noch ist es freilich nicht soweit, aber die Äpfel sind schon reif, sie häufen sich in den Körben, rot und gelb und grün, ich habe auf der Diele ein Gestell ge zimmert, Regale aus trockenen Brettern, darauf liegen die Äpfel in Reih und Glied und füllen das ganze Haus mit ihrem Duft. Die Schwalben mit ihren Jungen sind lange fort, viel leicht in Italien, oder weiter schon, die Tage sind ja auch nicht mehr allzu freundlich, nur die Astern und Dahlien in den Bauerngärten prangen noch, und dann eines Nachts gibt es Frost, die Stauden und Sträucher am Bach stehen kahl, das Laub der Buche rauscht jetzt unter den Füßen, die Meisen flitzen von Zweig zu Zweig, immer näher kommen sie, die Forellen wandern bachaufwärts zum Laichen, ich schaue ihnen zu, wie sie in die seichten Gerinne einziehen, voran das Weibchen, wie es im Sande wühlt, sie macht sich eine Laich grube, setzt die Eier ab, das Männchen sprengt seine Milch aus darüber und peitscht mit der Schwanzflosse den Sand dar auf, immer wieder treiben sie's so. Auch im Winter geht das Leben weiter. Und der Winter läßt nicht auf sich warten, jede Nacht friert es, Zeit also, Säge und Axt zu nehmen, in den Wald zu gehen und Holz zu fällen. Gleichmäßig muß man ziehen, wenn die Säge sich nicht verklemmen soll im Stamm. So, nicht mehr weiter, die Axt her und richtig die Kerbe ge schlagen, sonst fällt der Baum nicht, wie er soll, und das könnte unangenehm werden, nein, er neigt sich in die vor gesehene Richtung, mit Wucht stürzt der Riese, so geht der Vormittag hin, da einer, dort einer, zu Mittag schauen wir nach, was im Eßkorb ist, Speck und Brot, Schnaps auch, dafür hat der Bauer gesorgt, einen Schluck nur, versteht sich, damit man beim Rasten nicht frieren muß, der Nachmittag ist kurz, es dunkelt früh im Wald, wir haben genug gefällt für heute, jetzt entasten wir die Stämme, wenn die Zeit reicht, können wir auch mit dem Zersägen noch beginnen, aber morgen ist auch ein Tag. Auf dem Heimweg kann man Ausschau halten nach einem Größling, einer jungen Tanne, für den Weihnachtstisch, man merkt sich die Stelle, vielleicht findet man sie wieder, wenn es soweit ist. Eine Stunde haben wir zu gehen, die Nacht hat uns eingeholt, jetzt beginnt es zu schneien, ganz dicht, wenn wir aus dem Wald treten, ist die Straße ein heller Streifen, auf Hut und Rock wächst uns ein weißer Pelz, in den Häusern haben sie das Licht angedreht oder die Öllampe angezündet, im Stall brüllt das Vieh, erst das Futter in der Raufe läßt es verstummen, die Melkeimer scheppern, von den Dünger haufen dampft es warm auf, zuweilen schlägt ein Hund an. Jemand kommt des Weges, vom Dorf her kommt er, guten Abend wünsch ich, guten Abend auch, schon hat ihn die Nacht verschluckt. Morgen, wenn wir in den Wald gehen, ziehn wir den wollenen Spenser an und zu Mittag werden wir Feuer machen und uns das Essen wärmen. REISEANDENKEN Jftk.E. SCHACHSPIELE 4020 Linz, Hauptplatz 22 Tel. 51 4 88 ■ Tel. 25 2814 Betrieb: Melicharstraße 4a Glos- und Porzellanmalerei Glas- und P o r z e I I a n f o t o g r a f i e Goldrömer,geschliffen, mItMusik

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