Oberösterreich, 16. Jahrgang, Heft 1/2, 1966

Jubelnder Barock In der Stiftskirche Reichersberg war, wurde das Kloster Herr, und der tatkräftige jetzt resi dierende Prälat Odulf Dannecker läßt mit seinen Chorherren nichts unversucht, die 900jährige Kulturmission des Stiftes im Sinne der Regel des hl. Augustinus im Chorgebet, in der Seelsorge, in der Schule, in der sozialen Fürsorge und in der Kulturpflege in veränderter und unruhiger Zeit voll wirksam zu machen. Ranshofen Von den drei Innklöstern hat Ranshofen die bedeutsamste Vorgeschichte. Das hängt zusammen mit seiner günstigeren Verkehrslage. Wie Suben und Reichersberg, steht es macht voll auf einer Innterrasse, liegt aber gleichzeitig auch an einem uralten West-Ost-Weg, der einerseits von Augsburg—Mün chen (Oberföhring) herkommt, und andererseits von Lands hut, bei Ranshofen den Inn überquert und dann die Mattigtalfurche aufwärts nach Straßwalchen führt und dort auf die Straße Lorch—Wels—Salzburg stößt. Wie neue Funde immer wahrscheinlicher machen, nützten bereits die Römer diese Querverbindung. Wichtig wurde die Straße jedenfalls, seit sich das bayrische Herzogtum unter den Agilolfingern ausbildete und Herzog Odilo (Oatilo) 741 oder 748 das Kloster Mondsee gründete und der Weg über Irrsee dorthin verlängert wurde. Die Agilolfinger hatten im Mattigtal reichen Eigenbesitz, der sich nach der allgemeinen Anschauung aus ehemaligem römi schem Fiskalgut herleitete. Ranshofen begegnet uns zuerst in einer Passauer Urkunde vom 11. März 788, in der es sich um eine Schenkung an die Bischofskirche zu Passau handelt. Die Übergabe erfolgte „auf dem Hofe, der da genannt wird Rantesdorf (daraus Rans hofen) im 45. Jahre der Regierung des glorreichen Herzogs Tassilo". Nach der rechtlichen Gepflogenheit kann geschlos sen werden, daß Ranshofen damals Herzogshof gewesen war. Einige Monate nach dem Urkundendatum setzte Karl der Große Tassilo III. ab, und ganz Bayern ging in fränkische Verwaltung über. Aus dem Herzogshof wurde eine Königs pfalz, in der im Laufe des 9. Jahrhunderts fränkische Könige verschiedene, auch für die österreichische Geschichte sehr be deutsame Urkunden ausstellten. König Arnulf (877—899), ein Enkel König Ludwigs des Deutschen, richtete in Ranshofen zu Ehren des hl. Pankraz eine Pfalzkapelle ein, die er reich bestiftete, darunter auch mit Gütern in nächster Umgebung der Pfalz, im Weilhartund Höhnhartforst. Kaiser Heinrich III. (1039—1056) be urkundete am 9. Jänner 1040, daß er den ganzen Zehent des Königshofes (Ranshofen) St. Pankraz zu eigen gebe, damit der Gottesdienst, den die Kleriker dort ausübten, Tag für Tag gehalten werde. So entstand ein kleines Kanonikat, das als Vorstufe des späteren Klosters angesehen werden kann. Kurz darauf machte der Kaiser in einer zweiten Urkunde Ranshofen zum Sitz einer großen Landpfarre, als deren Pfarrer von nun ab einer der Kanoniker fungierte. Auch unter Kaiser Heinrich IV. kamen verschiedene Stiftungen an Rans hofen. Nach dem Investiturstreit wandelten Herzog Heinrich von Bayern und dessen Gattin Wulfhilde auf Bitten des Erzbischofs Konrad 1. von Salzburg 1125 das Kanonikat in ein Augustiner Chorherrenstift um. Es wurde als Doppelkloster für Männer — diese kamen aus dem Domstift Salzburg — und für Frauen eingerichtet und 1135 durch Bischof Reginbert von Passau, in Anwesenheit Herzog Heinrichs des Stolzen und zahlreicher Adeliger, eingeweiht. Seelsorglich umfaßte das Stift zum Großteil das Gebiet des Weilhart- und Lach forstes, anfangs zwar nur die Pfarren Ranshofen und Braun au, später aber auch Neukirchen an der Enknach, Handenberg und Geretsberg mit den Nebenkirchen Schwand, Gilgen berg und Hochburg. Neben der Seelsorge widmeten sich die Chorherren besonders dem Bücherschreiben, den Wissenschaften und der Schule. Gleich im ersten Jahrhundert nach der Stiftung blühte im Kloster die hohe Kunst der Buchmalerei, die in engem Zusammenhang mit der berühmten Malschule in Salzburg stand. Unter den rund 130 Handschriften, die nach der Auf hebung des Stiftes in die Bayrische Staatsbibliothek nach München kamen, stammen allein 40 noch aus dem 12. Jahr hundert. Am bekanntesten davon wurde in der Kunst geschichte eine zweibändige Bibel (Clm 23039 u. 12601) großen Formats und mit reichem Miniaturenschmuck. Als schönste Buchschöpfung Ranshofens dürfte aber wohl ein Brevier anzusprechen sein, das um 1170 für den Michelbeurener Abt Walter geschrieben wurde und in München liegt (Clm 8271 c) und ein Evangeliar, das 1178 für den Ranshofener Abt Alhart vollendet wurde und heute im Besitz der Bibliotheca Bodleiana (Ms. Canon. Bibl. 60) in Oxford ist. Beide sind ganz hervorragende Beispiele der mittel alterlichen Buchmalerei und Werke des Liutold, der um diese Zeit Priester und Schatzmeister in Ranshofen war. Von seiner Hand stammen auch einige prachtvolle Handschriften in der österreichischen Nationalbibliothek, die aus dem Kloster Mondsee kamen. Dort muß Liutold um die Mitte des 12. Jahr hunderts Haupt einer bedeutenden Schreib- und vielleicht auch Malschule gewesen sein. Ungeklärt ist noch, wie und wann Liutold nach Ranshofen kam. Deutlich künstlerische Bezüge zu Salzburg weisen auch die zwei Portallöwen auf.

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