Oberösterreich, 16. Jahrgang, Heft 1/2, 1966

Bildern hervor, von denen weitaus die meisten heute leider verschollen sind. Einige davon werden sich wohl noch, weit verstreut, in Privatbesitz befinden. Das Linzer Landesmuseum besitzt aus diesen Jahren neben einer Anzahl von Aquarellen und Zeichnungen zwei hervorragende Ölbilder, die im Ver gleich zu späteren Werken zeigen, daß die Zeit bis etwa 1855 die beste im Schaffen des Künstlers war. Ein verdienstvoller Freund des Malers, Herr Max Schlickinger, Lehrer in Mattighofen, hat in Wenglers alten Tagen dessen Lebensgeschichte und, soweit der Künstler sich noch daran erinnern konnte, seine Werke in der Reihenfolge ihrer Ent stehungszeit aufgeschrieben. Daraus ist zu ersehen, wie viele der Bilder Wenglers fehlen. Auch in Ausstellungsprotokollen dieser Zeit finden sich Hinweise auf die von Schlickinger ge nannten Bilder. Der Maler stellte in den vierziger Jahren mehrmals erfolgreich neben Waldmüller, Gauermann, Amerling. Alt,Ranftl, Spitzweg und anderen aus. Wenglers bäuerliche Herkunft bleibt in seinem Schaffen zeit seines Lebens ein bestimmender Faktor. Es läßt sich darüber hinaus auch sagen, daß seine Abstammung aus dem Inn viertel in seinen Bildern ihren Niederschlag fand. Den Innviertlern werden in Oberösterreich bis heute immer wieder bestimmte Eigenschaften nachgesagt. Zu diesen gehört gewiß eine Freude an der Kraftentfaltung, ein Sinn für das Ur sprüngliche, eine lebhafte Farbenfreude; auch eine gewisse Flartnäckigkeit und Unnachgiebigkeit und die bekannte Rauf lust zählen zu den Innviertier Eigenschaften sowie ein beharr liches Festhalten am Hergebrachten, ebenso die Freude am Spiel, an großen Festen und an geselligem Beisammensein. Hans von Hammerstein, in den zwanziger Jahren Bezirks hauptmann von Braunau, gab eine treffliche Kennzeichnung des Innviertels als „jenes eigenartige deutsch-österreichische Grenzland zwischen den uralten Bischofsstädten, dem wuchti gen Passau, dem melodischen Salzburg, jener für die großen Verkehrszüge abseitigen, stillen, baumkräftigen Landschaft, die der Kunst so wenig zugewendet und dennoch künstlerische Kräfte in besonderem Maße hervorzubringen, anzuziehen, anzuregen scheint", und „ein Land und Volk schließlich, das in Brauch und Sprache anderthalbtausendjähriges Gut leben dig erhalten hat". Wengler hing mit Liebe an seiner Heimat. Obwohl er die meiste Zeit in der Ferne lebte, kam er doch immer wieder einmal nach St. Radegund. In mehreren seiner Bilder kommt seine Heimatverbundenheit auch im Thema zum Ausdruck, indem er Szenen aus dem Leben der Innviertier Bauern malte, wie die Bilder „Der Landler", 1847, „Ein Bauernwindbeutel", 1848, „Die Kegelbahn", 1854, „Schnitter beim Mittagessen" 1872, Bauernbildnisse und andere. Neben der künstlerischen Bedeutung dieser Bilder sind sie auch von volkskundlichem Interesse, da sie zum Teil treffliche Schilderungen des Volks lebens der damaligen Zeit darstellen. In diesem Zusammenhang ist das Bild „Die Kegelbahn" bemerkenswert, das künstlerisch zwar von geringerer Bedeu tung ist, jedoch anschaulich zeigt, wie es bei einem Preiskegel scheiben zur Zeit Wenglers zuging. Vor dem Gasthaus links verläuft schräg über das Bild eine Kegelbahn, wie sie bis in unsere Zeit vor vielen Wirtshäusern, oft auch vor Bauern häusern zu finden waren. Am linken Bildrand, neben der Kellnerin mit den Bierkrügen, hält ein Mann schon den Ziegenbock bereit, den der Sieger des Preiskegelns bekommen soll. Unter dem Zuspruch eines Kameraden holt mit kräftiger Bewegung ein Kegler aus, auf dessen Schub der Kegelbub am Ende der Bahn schon wartet, um die Kegel wieder aufzusetzen. Darunter, allein am Tisch, sitzt der Schreiber, der im rot braunen Mantel und Helm wie uniformiert aussieht. Ent lang der Kegelbahn haben sich an den Tischen vor dem Wirtshaus Kegler Zuschauer und Gäste eingefunden und kommen von hinten noch aus dem Dorf herauf. Vom Balkon des Gasthauses entrollen zwei Mädchen die seidenen Fahnen für die Preiskegler, während dahinter ein Musikant, er trägt den gleichen Mantel wie der Schreiber, seine Baßgeige richtet, was auf den anschließenden Landler hindeutet. Das Bild ist in einem gelblich grüngrauen Gesamtton gehalten, aus dem die Lokalfarben der Figuren hervortreten. Diese sind noch von kräftig lebendiger Bewegung und lebhaftem Aus druck, doch überwiegt in diesem Bild die Erzählerfreude Wenglers beträchtlich die gestalterischen Momente. Die Fröh lichkeit und innviertlerische Ausgelassenheit eines solchen Preiskegelns kommt nicht, wie in jüngeren Jahren des Künst lers, in kraftvoll reicher Farbigkeit direkt und von innen zum Ausdruck, sondern lediglich durch die vielen bewegten Figuren. So hat das Bild einen stark beschreibenden Charakter. Ein eher stilles, nach innen gekehrtes Bild, wie es dem Thema auch zukommt, gibt Wengler in dem späten, 1872 entstande nen Werk „Schnitter beim Mittagessen". Die zusammen gerückte Gruppe der Schnitter vor der weiten Ebene der Kornfelder mit dem Blick in das Tal hat einen Zug von feierlicher Ruhe und Sammlung. Die dargestellten Personen halten die Augen gesenkt, nur der Blick der Mutter mit den zum Gebet gefalteten Händen geht in die Ferne und stellt so eine Beziehung zur Umwelt her. Durch einen der Figuren anordnung zugrunde liegenden Kreis wird dieser Ausdruck von ruhiger Geschlossenheit und Innigkeit erreicht. Auch die Offenheit der Gruppe nach vorne wird unten geschlossen durch den quer sitzenden jungen Mann und den Knaben mit dem Hut. Über die Köpfe von Mutter und Kind führt eine Bogenlinie über des Knaben Arm und Hände zum Strohhut, in den Beinen des quer am Boden sitzenden Mannes weiter über dessen Arm- und Schulterlinie, geht in den Oberarm des Mädchens über und von da in den Bogen der obersten Garbe, die in die Landschaft überleitet. Durch die über den Kreis hinausgehenden Figuren des Mädchens links und des knienden Buben rechts, wird die Gruppe in die Landschaft eingebunden, besonders in der markanten Linie, die von der Garbe am linken Bildrand über die Knie des Mädchens zur Schulterlinie und über Arm und Beine des am Boden Sitzen den zum Umriß des Strohhutes und über den Fuß des betenden Knaben zu den aufgehäuften Steinen im Vorder grund rechts führt. Ebenso führt eine Verbindungslinie zwi schen Landschaft und Figuren von der oben erwähnten Garbe über die Hände des Mädchens, den Kopf des am Boden Sitzenden zu den Ellenbeugen des Vaters in der Mitte, über die betenden Hände der Mutter und den Kopf des Buben zur schräg nach rechts abfallenden Schattenlinie in der Land schaft. So wird in diesem Bild ein wohlgelungener Einklang zwischen Menschen und Landschaft erreicht. Neben diesem späten Werk Wenglers befindet sich das um 25 Jahre früher entstandene Bild „Ein Bauernwindbeutel",welches ebenfalls eine Innviertier Szene zum Inhalt hat, im Besitz des oberösterreichischen Landesmuseums. Sogleich sind die Haupt figuren, der protzige junge Mann und die Kellnerin, an der Tracht und ihrer äußeren Erscheinung nach als Innviertier zu erkennen. Dieses Bild hat jedoch über solche Gesichts punkte hinaus beachtliche gestalterische Qualitäten. Es ist von reicher und starker Farbigkeit, fest komponiert und in allen Teilen gut durchgebildet. Gestaltung und Wirklichkeitserlebnis durchdringen einander in gelungener Weise. In der Farbe und im kraftvoll lebendigen Erfassen des Dar gestellten wird Wenglers Herkunft aus dem bäuerlichen Land strich zwischen Inn und Hausruck von innen her wirksam. Die Farbe in seinen besten Bildern ist erdhaft und etwas schwerblütig, nuancenreich und kräftig in der Modellierung. Die Figuren sind wie in packendem Zugriff gestaltet und oft von strotzender Lebendigkeit. In einem prachtvollen Bauern bildnis — des Künstlers Vater — von lebendigem Aus druck, entfaltet Wengler eine reiche Farbenskala von dunk-

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