Oberösterreich, 16. Jahrgang, Heft 1/2, 1966

Plötz zu verbuchen sind, Kräfte tätig waren, die außerhalb der Führung wirkten. Denn sicherlich hat Schlick gezögert und dadurch dem Kurfürsten die Initiative überlassen, aber die Gewässer des Innviertels stellten eben in keiner Epoche echte Hindernisse dar. Auch Plötz war zu sorglos, doch der Angriff der Bayern und die Flucht bis Peuerbach beweisen, daß das hügelige Gelände nicht als Schutz dienen konnte. So ist das Ergebnis nicht verwunderlich; es gibt keinen einzigen Fall in der Wehrgeschichte des Innvierteis, wo es dem Ver teidiger gelungen wäre, auf die Dauer dem Gegner die Stirn zu bieten. Der Bau von Festungen und die Anlage von Wällen schien deshalb stets als vordringlich. Leider hat sich nicht mehr viel davon erhalten, aber wer mit geschultem Blick durch die Innviertler Landschaft wandert, wird an etlichen Stellen — wie etwa im Raum um St. Willibald, um Riedau und vor allem im Grausgruberholz bei St. Marienkirchen am Hausruck — Schanzen und Gräben entdecken, mit denen man versucht hat, der aus dem Osten kommenden Gefahr zu begegnen. Verständlicherweise drängte sich auch dabei das bayerische Element in den Vordergrund: die in München gebrauchte Taktik, solche Verteidigungslinien in einem dreizackigen Rhythmus anzulegen und sie durch Laufgräben für Nach schub und Rückzug zu unterstützen, steht im scharfen Gegen satz zur österreichischen Fortifikationslehre, die lange Linien, aus denen Sappen feindwärts getrieben wurden, seit Prinz Eugen bevorzugte. Auch die Burgen des Innviertels — etwa fünfundzwanzig an der Zahl — vermochten nur in den seltensten Fällen ernsthaft Widerstand zu leisten. Selbst das wohlbewehrte Obernberg am Inn trotzte nur ein einziges Mal dem Angreifer, und hätte Herzog Otto von Bayern 1245 mit mehr Tatkraft den Sturm gewagt, so wäre wahrscheinlich den Schaunbergern, die Obernberg verteidigten, kein anderer Ausweg als Übergabe und Gefangenschaft geblieben. Es fehlte eben im Innviertel — sehr zum Unterschied von anderen Gegenden in Österreich, wie etwa an der Ostgrenze — eine organisch und taktisch ge gliederte Burglinie: man begnügte sich mit einzelnen, völlig auf sich allein gestellten Stützpunkten, die der Gegner ent weder umgehen oder mit geballter Kraft anrennen und über rumpeln konnte. Es scheint, als ob man sich ausschließlich auf die Festungen am und hinter dem Inn verlassen wollte. Das beste Beispiel dafür bietet die Stadt Braunau. Schon im Mittelalter stets im Brennpunkt aller kriegerischen Ausein andersetzungen gelegen, wurde Braunau im 16. Jahrhundert zu einem Stützpfeiler des Städtedreiecks Braunau Burg hausen—Neuötting. Kurfürst Ferdinand Maria militärisch begabt wie die meisten Wittelsbacher — wollte aber noch mehr: Er sah in dieser Siedlung am Inn die natürliche Sperre auf dem Weg zu seiner Hauptstadt, und so wurde das immer wehrhafte Braunau zu einer der stärksten bayerischen Festun gen ausgebaut. Die Meister, denen dieses Kunststück anvertraut wurde, waren nicht — wie man glauben sollte — Franzosen, sondern Italiener. Ohne Rücksicht auf die Bedürfnisse und Wünsche der Bevölkerung und finanziell reich dotiert, schufen sie ein Wehrsystem, dessen Anlage schon allein deshalb überrascht, weil es den Defensivgedanken glatt negierte. Wer in der Festung Braunau zwischen 1703 und 1809 Dienst tat, mußte unwillkürlich den Eindruck gewinnen, daß er sich nicht zu verteidigen, sondern für einen Angriff geschützt zu ver sammeln hatte. Im Gegensatz zu Schärding war damit ein psychologisches Moment ausgedrückt, das Braunau auch in moralischer Hinsicht bedeutsam machte. Dem entspricht ein Studium der Karten, Risse und Skizzen der Festung Braunau: diese weiten Bastionen und Aufmarschpläne entdeckt man zwar auch anderswo in Bayern — wie z. B. auf der Plassenburg nächst Kulmbach oder in Kronach —, aber im Falle von Braunau verwirklichten die Festungs ingenieure bereits den Gedanken von der „inneren Linie , der bis Königgrätz als Standardbegriff für jede Verteidigung galt. Die Soldaten erhielten so — gleichsam unbewußt - Prospect von der Action bey der Staat Braunau zwischen Chur-Bayerischen Truppen und König!. Ungarisch-Böheimischen Armee den 9ten May anno 1743. i.-4 ,

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