Oberösterreich, 15. Jahrgang, Heft 3/4, 1965

hat sich, wie der Leiter des genannten Institutes anläßlich eines in Krimml stattgefundenen „Ersten öster reichischen Naturschutztages" ausdrücklich festgestellt hat, nunmehr stark auf die Seite des Landschaftsschutzes und der Landschaftsgestaltung verlagert, wobei es nicht mehr so sehr die Aufgabe des Naturschutzes ist, einzelne Naturobjekte zu schützen, als vielmehr die Landschaft in ihrem gesamten Gefüge zu bewahren. Die Rechtsgrundlage für die Tätigkeit des Natur- (Land schafts-) Schutzes bilden bekanntlich sowohl für die genann ten freiwilligen Institutionen als auch für die Natur- (Land schafts-) Schutzbehörden die Naturschutzgesetze der Bundes länder, deren erste in der Mitte der zwanziger Jahre dieses Jahrhunderts entstanden sind. Sie werden gegenwärtig, inso weit dies nicht bereits in jüngster Zeit erfolgt ist, an Hand der seither gemachten Erfahrungen sowie unter Berücksich tigung der inzwischen geänderten Verhältnisse einer Neube arbeitung unterzogen, die auch auf den Landschaftsschutz mehr als bisher Bedacht nimmt. Bei der gleicherweise in ethische und materielle Lebensbereiche eingreifenden Wesensart des Landschaftsschutzes genügt die behördliche Handhabung der Naturschutzgesetze allein nicht, um ihr widmungsmäßiges Ziel in angemessener Zeit und in möglichst großem Ausmaße zu erreichen; sie bedürfen der verständnisvollen Mitarbeit und Unterstützung der Bevölke rung. Um diese zu erreichen, ist ein Aufklärungsfeldzug not wendig, der das Gedankengut des Natur- und Landschafts schutzes in breiteste Bevölkerungskreise trägt, bei ihnen hie für das noch vielfach fehlende Verständnis erweckt bezie hungsweise ein bereits vorhandenes Interesse bestärkt und sie im besonderen mit den neuzeitlichen Aufgaben des Land schaftsschutzes und seiner Rechtsgrundlagen vertraut macht. Hat einmal diese Aufklärungsarbeit Früchte getragen, dann wird auch die Handhabung der Naturschutzgesetze erfolg reich sein, aber auch in weniger Fällen notwendiger werden als heute; es wird dann auch der Raubbau an der Schönheit unserer Landschaft unter verständnisvoller Mitwirkung der Bevölkerung wirksamer und vor allem rechtzeitig bekämpft werden können. Die Aufklärung muß selbstverständlich bereits in den Schulen beginnen und muß überdies, wie bereits erwähnt, auch in die breite Öffentlichkeit mit Einschluß ihrer ländlichen Kreise getragen werden. Es wird sich hiebei die Abhaltung von Lichtbildervorträgen und die Vorführung von Schmalfilmen empfehlen, ein Vorgang, bei dem Niederösterreich in Vorbe reitung einer derartigen Propagande beispielgebend voran geht. Es wird sich ferner empfehlen, von Anbeginn an die Verwaltungsbehörden, die dem Landschaftsschutzgedanken mitunter noch recht fremd gegenüberstehen, ebenfalls in die Aktion einzubeziehen. Hiebei wäre der Aufklärung der Ge meinden in Ansehung des Umstandes besonderer Wert bei zulegen, daß ihnen, beziehungsweise ihren Bürgermeistern und deren Beauftragten, in der Regel die Handhabung der Bauordnung in erster Instanz obliegt. Der Beginn dieser Aufklärungsarbeit zählt denn auch meiner Überzeugung nach zu den dringendsten Aufgaben des Natur schutzbundes und seines Institutes für Naturschutz. Mit der Anregung zu ihrer Inangriffnahme sei die begreif licherweise nur in ganz grobem Umrisse gehaltene Beant wortung der aufgeworfenen Fragen abgeschlossen. Um seinen optimalen Wert zu erreichen und zu erhalten, be darf der Rohstoff „Schönheit der Landschaft" zum Unter schied von anderen materiellen Rohstoffen keiner Veredelung; er ist im Gegenteil gegen menschliche Eingriffe überaus emp findlich. Wenn auch der ursprüngliche Naturzustand der Landschaft bei uns in der Regel nur mehr in den Hochgebirgsregionen ziemlich ungestört erhalten geblieben ist, so hat sich in den übrigen Teilen des Landes unsere heutige Kulturland schaft in allmählich vor sich gegangener mehrtausendjähriger Entwicklung dennoch zu einer harmonischen Schönheit ge formt, die den Namen „Kultur"-Landschaft rechtfertigt und die den Grundstock jenes Kapitels bildet, das unser Rohstoff „Schönheit der Landschaft" verkörpert. Das technische Zeitalter, in dem wir leben, hat dieser Ent wicklung innerhalb einer verhältnismäßig sehr kurzen Zeit spanne einen sprunghaften Auftrieb verliehen. Denn die Technik hat die Landschaft im Verlaufe der letzten hundert Jahre mehr verändert als je zuvor; ein Vorgang, der — voraus sichtlich in noch verstärktem Ausmaße — auch weiterhin noch geraume Zeit andauern wird. Wir können und dürfen selbstverständlich diesen Gang der Dinge aus Gründen der Sicherung und Verbesserung unserer wirtschaftlichen Exi stenz nicht aufhalten — ein Standpunkt, den übrigens auch der Naturschutzbund als zeitgemäß vertritt^) —, wir müssen aber bestrebt sein, die wirtschaftlichen und technischen Er fordernisse mit den kulturellen des Landschaftsschutzes und der Landschaftspflege in Einklang zu bringen. Es sei in dieser Hinsicht an ein Wort des bekannten Professors Alwin Seifert (München) erinnert, das da lautet: „Das Ziel des Bauschaf fens in der Natur soll es sein, in richtiger Erkenntnis der Verantwortung vor Land und Landschaft dort, wo ein tech nisches Werk den Umbau einer Kulturlandschaft verlangt, eine neue, gebaute Einheit von Bauwerk und Landschaft entstehen zu lassen, die an dauernder Schönheit der unterge gangenen nicht nachsteht." Es ist erfreulich, feststellen zu können, daß sich in jüngerer Zeit prominente Techniker Auffassungen ähnlicher Art kei neswegs verschlossen haben, sondern daß sie aus eigenem die These vertreten, die moderne Ingenieurbau-Kwusf habe nicht nur die rein technischen, verstandesmäßigen Erfordernisse zu erfüllen, sondern auch den gefühlsmäßigen, ästhetischen — und mit ihnen auch den landschaftsästhetischen — Bedürfnis sen Rechnung zu tragen. Seinen sinnfälligen Ausdruck findet dies im sogenannten „Naturnahen Bauen", das allenthalben an Boden gewinnt. Technik und Landschaftsschutz können die Verwirklichung des gegenständlichen Gedankengutes al lerdings nur durch das beiderseitige aufrichtige Bestreben erreichen, das frühere kontaktlose Nebeneinander — oder gar das Gegeneinanderarbeiten — künftighin durch ein auf beiden Seiten aufrichtig gemeintes und wohlverstandenes Zusammen arbeiten zu ersetzen, wobei alles Trennende zurückzustellen und das Verbindende, Gemeinsame zu suchen wäre. Dies liegt, von einer höheren Plattform aus betrachtet, durchaus im Zuge jener Generallinie, deren Verfolgung von weitblikkenden Geistern unserer gärenden Zeit als unerläßlich gehal ten wird, soll unsere abendländische Kultur vor einem wei teren Niedergange bewahrt bleiben. Ihr vorerst vielleicht wichtigstes Betätigungsgebiet könnte die Zusammenarbeit zwischen Landschaftsschutz und Technik in der gemeinsamen Durchführung des früher bereits erwähnten Aufklärungsfeldzuges finden. Denn auch die Technik hat alle Ursache, das Verständnis für die Fragen der Bauästhetik und der richtigen Standortwahl für die Werke des Bauschaffens zu verallgemeinern, so daß gerade auf diesem Gebiete, das für die Gestaltung der von beiden Partnern ausgehenden Wechselwirkungen so entscheidend ist, bei einer sich gegen seitig ergänzenden Zielsetzung der gemeinsamen Aufklä rungsarbeit eine besondere Tragweite in Hinsicht auf die Bau- und Landschaftsgestaltung zuzuerkennen ist. Man darf hiebei nicht allein an einzelne einem rigorosen behördlichen Genehmigungsverfahren vorweg unterliegende Großbau werke, sondern man muß vielmehr an die vielen, sozusagen anonymen Kleinbauten denken, die, der öbsorge des Land schaftsschutzes meist entzogen, gewissermaßen unbemerkt entstehen und deren Mängel der einen oder anderen Art, die sie keineswegs selten aufweisen, kaum jemals wieder gutzu-

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2