Oberösterreich, 15. Jahrgang, Heft 3/4, 1965

Raum zum Einsatz gelangt. Die Aufgabe der Raumordnungs politik muß sich daher auf zwei Sektoren beziehen. Erstens ist Vorsorge für eine langfristige, möglichst optimale Boden nutzung zu treffen, und zwar hauptsächlich im Wege der Flächenwidmungspläne der Gemeinden, die auf die von der Landesplanung vertretenen überörtlichen Erfordernisse abge stimmt sein müssen. Zweitens sind in Gebieten mit sozialen, wirtschaftlichen oder anderen strukturellen Mängeln Maßnah men der regionalen Wirtschafts- und Sozialpolitik einzuleiten, damit diese Mängel schrittweise abgebaut werden können. Die regionale Entwicklungspolitik hilft also, die Ziele der Raumordnung zu verwirklichen^). Zur Erfüllung dieser Auf gabe ist eine wissenschaftliche Erkenntnis besonders wichtig, und zwar die Erkenntnis über die Standortbeeinflussungen, die durch die öffentlichen Investitionen im Sektor der sog. „Infrastruktur" ausgelöst werden. Durch gezielten Ausbau von Straßen und Güterwegen,von Energieleitungen, von Was serversorgungsanlagen, von Wohnungen, von Schulen und anderen öffentlichen Einrichtungen können nämlich die er forderlichen Standortvoraussetzungen für die Entwicklung von Land- und Forstwirtschaft, Industrie und Gewerbe oder des Fremdenverkehrs zumeist geschaffen oder verbessert werden. Es genügt also nicht, Raumordnungspolitik lediglich als eine Prohibitivmaßnahme aufzufassen, um unerwünschte Entwick lungen abzustoppen. Raumordnungspolitik ist auch regionale Entwicklungspolitik, in erster Linie durch den gezielten In frastrukturausbau, bei dem keine direkten Eingriffe in das Wirtschaftsgeschehen erforderlich sind. Die Landesplanung als Voraussetzung für die Raumordnungspolitik des Landes muß daher neben ihrer subsidiären Unterstützung der „örtlichen" Raumplanung außerdem den Einsatz der regionalen Wirt schafts- und Sozialpolitik (auf der Landesebene) vorberei ten helfen. Freilich ist dabei eine Abstimmung mit den entsprechenden Maßnahmen des Btmdes eine wichtige Be dingung, weshalb immer mehr die Notwendigkeit einer Mit wirkung des Bundes in der Raumordnungspolitik Österreichs erkannt wird. Im Rahmen der regionalen Wirtschafts- und Sozialpolitik fällt der Landesplanung das Ausarbeiten von regionalen Ent wicklungsprogrammen, von Entwicklungsprogrammen für ein zelne Wirtschaftszweige (wie z. B. Land- und Forstwirtschaft, Industrie und Fremdenverkehr) und von Entwicklungspro grammen für den Ausbau der Infrastruktur zu,soweit diese — ohne Eingriffe in die Unternehmerentscheidung vorzunehmen — von der öffentlichen Hand geleistet werden können. Der Vorteil eines solchen Vorgehens liegt auch in einer erhöhten Wirksamkeit des Einsatzes von öffentlichen Geldern,da dessen zweckmäßigste Rangordnung im Zuge der Planungen fest gestellt werden kann. Die moderne Landesplanung ist daher im Hinblick auf ihre Mittlerstellung zwischen örtlicher Raum planung und Bundesraumplanung genötigt, eine Synthese mit diesen zu finden und abzusichern. Sehr treffend kommt diese Aufgabe in der Definition des steiermärkischen Raum ordnungsgesetzes zum Ausdruck, und zwar; „Raumordnung im Sinne dieses Gesetzes ist die überörtliche, planmäßige imd vorausschauende Gesamtgestaltung des Landesgebietes oder einzelner Landesteile, soweit sie in den Wirkungsbereich des Landes fällt, in bezug auf die Gegebenheiten der Natur, die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Erfordernisse und die voraussichtlichen Entwicklungsmöglichkeiten')." Erfordernisse für eine leistungsfähige Landesplanimg Die vorhin aufgezeigten Faktoren über die Notwendigkeit der Landesplanung gehen von den räumlichen Entwicklungs vorgängen aus, betreffen die Erfordernisse einer nachhaltigen Raumbewirtschaftung und führen schließlich insgesamt zu gesellschaftspolitischen Aufgaben. Eine Landesplanung, die diesen Faktoren in gleicher Weise Rechnung tragen will, ist demnach in der Tat eine schwierige Verpflichtung. Sollen in Zukunft Wirtschaftswachstum und Ansteigen der sozialen Wohlfahrt im optimalen Maße erfolgen, ist eine aktive Lan desplanung unerläßlich. Dazu scheint es notwendig, für den erforderlichen Planungsprozeß alle voneinander abhängigen Glieder leistungsstark zu machen: die Gemeinden, denen häufig noch die Verwaltungskraft mangelt, um den Ver pflichtungen zur örtlichen Raumplanung in fachlich geeigneter Weise nachzukommen; die Landesverwaltung, die noch zu sätzlich zu den in viele Teilfachbereiche aufgegliederten Kom petenzen einer stärkeren Koordinierung der raumrelevanten Maßnahmen bedarf, und schließlich der Bund, der in seinem Wirkungsbereich die Erfordernisse der Raumordnung in Österreich noch stärker als bisher integral berücksichtigen müßte. Es ist hier nicht der Ort, die verschiedenen Erfor dernisse für eine leistungsstarke Landesplanung im einzelnen anzuführen. Es sei hier lediglich hingewiesen auf die Not wendigkeit einer fachlichen Leistungssteigerung der Landes planungsstellen durch entsprechende personelle Aufstockung, auf die vermehrte Förderung der Raumforschung, die ganz wesentlich zur objektiven Erfassung der anstehenden Raum ordnungsaufgaben beizutragen hat und auf das Vertraut machen der Mandatare und überhaupt der ganzen Öffent lichkeit mit den Aufgaben, Möglichkeiten und Grenzen der Raumplanung. Es geht darum, der Landesplanung jene Vor aussetzungen zu geben, damit sie ihren wichtigen Beitrag für das allgemeine Wohl und das Wohl der einzelnen und der kleinen Gruppen auf lange Sicht zu leisten imstande ist. ') Oberösterreich war nach 1945 das erste österreichische Bundes land, das eine Landesplanungsstelle einrichtete (Februar 1946!). -) Lücke, P.; Eigentum ist ein Garant der Freiheit. In: So planen und bauen. Berichtsheft 71, Deutscher Volksheimstättentag, 7/8, 1964, Seite 180. ') Drucksache IV/1492, Bad Godesberg (Postfach 821), 1963, vgl. auch: Dittrich, E.; Raumordnung und Leitbild. Wien 1962. Jürgensen, H.: Regionalpolitik im Ballungsraum. Wirtschafts dienst, 44. Jg., H. 8, S. 321—328, Hamburg 1964. ') Gesetz vom 27. Jänner 1965 über die Raumordnung im Lande Steiermark (Steiermärkisches Raumordnungsgesetz). In: Lan desgesetzblatt für das Land Steiermark, 1965 - Nr. 78.

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