Oberösterreich, 15. Jahrgang, Heft 3/4, 1965

Die Schilderung des Konzentrationsprozesses läßt sich noch auf verschiedene Sektoren ausdehnen, doch würde dies zu weit führen. Es sollte hier nur in groben Zügen dieser nicht nur in Oberösterreich, sondern in ganz Österreich, ja in der ganzen Welt feststellbare Trend skizziert werden. Natürlich gibt es auch Ausnahmen in dieser allgemeinen Entwicklung. Nicht selten wird dabei auf die vermeintlich gegenläufige Tendenz der Wochenendsiedlungen im Umkreis größerer Städte und in anderen landschaftlich bevorzugten Gebieten verwiesen. Aber diese „Wohlstands-Siedlungstätigkeit" ist keine gegenläufige Tendenz zur Konzentration, mögen sich auch manche Stadteremiten in entfernte Gehöfte tief im hintersten Mühlviertel flüchten und daiiüt in Einzel fällen den Verfall eines entsiedelten ehemaligen landwirt schaftlichen Objektes verhindern. Aber — das ist das Ent scheidende — sie tun es ja nur zeitweise und die hunderte von Wochenendhäusern in den Gemeinden Kirchschlag, Hellmonsödt, Lichtenberg, um nur eirüge zu nennen, die zahlen mäßig bereits den Bestand der ständig bewohnten Häuser übertreffen, ändern nichts an der Konzentration. Denn ihre Besitzer wohnen, arbeiten, kaufen und leben in den Kon zentrationszentren. Die Siedlungstätigkeit in irgendwelchen kleinen Gemeinden und die so lautstark propagierten Betriebsgründungen in bisher vorwiegend ländlichen Gebieten sind demgegenüber zwar eine echte gegenläufige Entwicklung, die jedoch — nicht vom Einzelfall aus, sondern generell betrachtet — viel zu gering ist, um die allgemeine Tendenz der Konzentra tion auch nur zu verlangsamen. Bleibt zum Schluß die Frage offen: Wenn die Entwicklung tatsächlich so ist und in der geschilderten Richtung weiter verläuft, zu welcher Bevölkerungs-, Siedlungs- und Wirt schaftsstruktur wird dies früher oder später führen? Und geradezu zwangsläufig drängt sich hier die Schlußfolgerung auf: Kann man in diesen Entwicklungsprozeß eingreifen, soll man eingreifen, in welcher Form soll man eingreifen — fördern oder verhindern? Damit wird jedoch bereits der Problemkreis der Raumordnung angeschnitten, der im Rah men dieses Heftes von berufener Seite beleuchtet wird. Gustav Walter Baumgartner Wirtschaftspolitik in regionaler Sicht Es ist ein verdienstvolles Beginnen der für die Zeitschrift „Oberösterreich" verantwortlichen Redaktion, ein Heft fast zur Gänze dem hochaktuellen Themenkreis der Raumordnung und Raumplanung zu widmen. Gerne bin ich daher der Ein ladung gefolgt, bei diesem Anlaß auch einiges über die Erfordernisse und Ziele der regionalen Wirtschaftspolitik dar zulegen. Wirtschaftspolitik und Raumordnung stehen zuein ander in vielfältigen Wechselbeziehungen, ja, es wird zu prü fen sein, ob und inwieweit die Raumordnung etwa auch als eine Komponente der Wirtschaftspolitik anzusprechen ist. Jedenfalls können die Aufgaben beider Aktionsbereiche nur im Zusammenhang mit der bestehenden Raum- sowie Wirt schaftsstruktur eines Gebietes und den sich hieraus ergeben den Folgerungen umrissen und beurteilt werden. Zunächst erscheint jedoch eine Abklärung der Begriffe zweck mäßig. So seien unter Wirtschaftspolitik alle gestaltenden Maßnahmen verstanden, die der Staat oder von ihm abgelei tete bzw. andere kompetente öffentliche Einrichtungen (z. B. Kammern) im Hinblick auf den Wirtschaftsprozeß, die Wirt schaftsstruktur und die Wirtschaftsordnung treffen bzw. ver treten. Es würde zu weit führen, wollte man im Rahmen die ser Betrachtung das so überreiche und differenzierte Instru mentarium der Wirtschaftspolitik aufgliedern und erläutern. Der Bogen reicht hier von der unmittelbaren Marktbeeinflus sung und den Maßnahmen der Wettbewerbspolitik (Kartell recht, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb usw.) über die Unternehmensordnung (Gewerberecht, Gesellschaftsrecht etc.) bis zur Eigentumsordnung und Eigentumspolitik (Steuer gesetzgebung, Sparförderung, Investitionspolitik, Verstaatli chung, Genossenschaftsrecht u. a. m.). Aber auch viele sozial politische Maßnahmen verfolgen wenigstens zum Teil aus gesprochen wirtschaftspolitische Aspekte. Eine zielführende Wirtschaftspolitik hat zur Voraussetzung, daß gewisse ordnungspolitische Grundsätze damit verbunden sind. Die Mehrheit der Österreicher und die gewerbliche Wirt schaft bekennt sich in diesem Zusammenhang zu den die Freiheit des einzelnen und den Schutz vor Willkür gewähr leistenden Prinzipien der „Sozialen Marktwirtschaft". Eine inkonsequente Wirtschaftspolitik hat, wie wir auch in Öster reich schon des öfteren erfahren mußten, zumeist nachteilige, problematische Wirkungen zur Folge. Der Wirtschaftspolitik soll daher ein Konzept zugrunde liegen. Bei der Raumordnung ist dies anders. Sie ist bereits an sich eine Konzeption, die Zusammenfassung der künftigen räumlichen Ordnung in einem Staate. Die damit verbundene raumordnende Tätigkeit ist die Raumordnungspolitik, das Konzept hierfür die Raum planung. Es liegt auf der Hand, daß gerade für ein föderatives Staats wesen, wie es Österreich mit seinen historisch gewachsenen Bundesländern ist, das Schwergewicht der Raumordnung und Raumordnungspolitik bei der Landesplanung liegt. Deren Aufgabe ist es, die Raumgestaltung in einer Weise zu be einflussen, die unerwünschte Entwicklungen verhindert und wünschenswerte nach Möglichkeit fördert. Die Landesplanung trägt femer dafür Sorge, daß die einzelnen Ortsplanungen zu einem harmonischen Ganzen koordiniert werden. Sicherlich kann trotz der starken örtlichen und regionalen Bezogenheit die Landesplanung — übrigens nicht einmal die Raumplanung für das gesamte Staatsgebiet — nicht isoliert vor genommen werden, sondern sind die großräumigen Gegeben heiten, die geographischen Lageverhältnisse, die Bedingungen in den Nachbarländem usw. von maßgeblicher Bedeutung. Noch stärker ausgeprägt sind diese Wechselwirkungen mit der Gesamtentwicklung in der wirtschaftspolitischen Sphäre. Ja, angesichts des Umstandes, daß in Österreich die ent scheidenden Bereiche der Wirtschaftsgesetzgebung und auch der hierauf basierenden Verwaltung in die Kompetenz des

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