Oberösterreich, 15. Jahrgang, Heft 1/2, 1965

Kopf eines Bärtigen, 1511, Herzog-Anion-Ulrich-Museum Braun schweig, von F. Winzinger jüngst Georg Lemherger zugeschrieben (F. Winzinger: Unbekannte Zeichnungen Georg Lembergers, in: Zeitschr. des Deutschen Vereins f. Kunstwissenschaft, Bd. XVlll, H. 3l4, Berlin 1964) Eine Hauptgruppe dieser Baudenkmäler gehört zu jenen Bauten, die nach den Forschungen von Götz Fehr von nieder bayerischen Entwicklungen ausgingen und in Wien und in Böhmen zu großer Blüte gelangten. Bauten in Prag und in Kuttenberg, in unserer nächsten Nähe in Freistadt, in Königs wiesen und Weistrach können hier genannt werden. Eine andere Gruppe scheint von Steyr aus geschaffen worden zu sein. Ihre Bauten in St. Valentin und Krennstetten, in Thalheim bei Wels und andern ländlichen Orten verraten neue Prinzipien, die in ihrer Struktur dem nahestehen, was man in anderer Weise auf den Tafelbildern dieses Stiles fest stellen kann. Die Parallelen mögen zum Teil in struktureller Verwandtschaft mehr als in äußeren Formen beruhen. Die äußeren Formen hinwiederum finden sich in Gewölbefigurationen in Ingolstadt oder in Bauformen in Regensburg usw., so daß sich auch hier, gegensätzlich in vielen Details wie bei der Malerei, der Einblick in eine interessante Phase der „Endgotik" ergibt, die man berechtigterweise der Donau schule zurechnen kann. Ebenso neu und von grundsätzlicher Bedeutung ist die Ein reihung bestimmter Gruppen plastischer Kunstwerke aus unserem Raum in den Begriff der Donauschule. Ein Versuch dazu wird auf Grund umfassender Forschungen von Anton Legner, Frankfurt a. M., im Rahmen dieser Ausstellung, jedoch wegen der Vielzahl der auszustellenden Objekte räum lich getrennt, und zwar im Westtrakt des neuen Linzer Schloßmuseums, unternommen. Dieser Teil der Ausstellung verspricht nicht nur eine geschlossene künstlerische Schau, sondern auch bedeutsame wissenschaftliche Ergebnisse. Wie bei der Architektur scheint auch hier manches der Grund elemente des Donaustiles, die Farbe, die Landschaft, als ge meinsames Glied zu fehlen. Nun war aber die Plastik jener Zeit grundsätzlich auch farbig, und die Landschaft werden wir in den Reliefs der Flügelaltäre in überraschender Weise ebenso in die Plastik, in die Holzschneidekunst übernommen finden. Für die Linie haben wir schon vorne auf die Faltenlinearität als Gegenstück aufmerksam gemacht. Die Plastik der Donauschule kreist um zwei Zentren hoher künstlerischer Potenz, sie ist daneben freilich in unzähligen Händen und vielen Werkstätten, oft in unmittelbarer Zusam menarbeit mit der Malerei, zur Tatsache geworden. Der Landshuter Meister Hans Leinherger hat 1932,in einer großen Ausstellung und einem daraus erwachsenen Buch von Georg Lill (1942) eine erste Würdigung erfahren. Die Einbindung in die Donauschule und die dazu notwendige wissenschaftliche Begründung soll nunmehr erfolgen. Viel weniger bekannt ist hingegen der Salzburger Bildschnitzer 1. F., von dem wir nur das Monogramm kennen, während wir über seinen Namen vorläufig noch Vermutungen anstellen müssen. In der Welt der Kenner ist er freilich schon seit langer Zeit ein Begriff. Sein Werk, unter dem sich zahlreiche Kabinettstücke befinden, ist demgemäß über ganz Europa, von Rom bis nach Leningrad, verstreut. Ein weiterer Salzburger ist Andreas Lackner, da gegen bleiben die Namen in Oberösterreich anonym, die Wiener Entwicklung wird an einigen der Hauptbeispiele dar gestellt. Ein Überblick über die Ausstellung „Die Kunst der Donau schule" wäre unseres Erachtens unvollständig, wenn man nicht wenigstens mit einem kurzen Seitenblick die soziologische Komponente streifen würde. Wir haben schon vorne auf die Zeitparallelität des Ausbruchs der Reformation hingewiesen. Wir möchten aber auch an die Bauernkriege erinnern. Aus SB« anderen Gebieten, z. B. aus Würzburg, wissen wir, daß dort bedeutende Meister diesem Ausbruch ihren Beistand geliehen haben. Für die österreichischen Länder fehlen noch entsprechende Unterlagen, vielleicht nicht zuletzt deshalb, weil die meisten der beteiligten Künstler anonym, als Persönlich keiten im Dunkel bleiben. Vielleicht haben wir manche von ihnen im Stande der Gesellen, in der Schicht der unbehausten Maler zu suchen, die uns aus allen Quellen entgegentritt. Eine unmittelbare Parallele zu dem ungemein fluktuierenden niederen Klerus scheint sich hier zu ergeben, welcher bekanntermaßen die Ideen der Reformation so rasch aufgegrif fen hat. Auch hier liegt viel Neuland für die Forschung vor uns. Aber auch dieser Aspekt erweist, daß die Kunst der Donauschule eine Kunst des Überganges ist, durchtränkt vom Mittelalter und erstrahlend im Licht einer neuen Entwicklung. Intuitiv mag man hier Parallelen zur heutigen Zeit erkennen. Vielleicht ist dies mit ein Grund dafür, daß man heute diese Kunst als so aktuell empfindet.

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