oder gar Augustinus Olomucensis (1467 bis 1513) vergessen, der in Wirklichkeit Augustin Käsebrot hieß und mit seinem „Dialogus in defensionem poetices" (erschienen zu Venedig 1493) zum Vorbild für viele wurde. Aber was Schneevogel so sehr auszeichnet, ist seine Gabe, kommendes Geschehen zu ahnen, er wußte — vielleicht als einziger Literat seiner Zeit —,daß der Humanismus zwar seinen Siegeszug angetreten habe, aber daß in seinem Gefolge bereits jene die Schwerter zückten, die in Reformation und Gegenreformation Europa in ein Blutmeer tauchen sollten. Schon der Titel von Schneevogels 1495 veröffentlichter Novelle „Judicium Jovis in valle amenitatis habitum" — „Der Mensch ist als Schänder alles Natür lichen von der Erde anzuklagen" — verrät die Angst des Dich ters für die Generationen nach ihm, und Schneevogel, der um 1515 in Bautzen starb, spürte diese Angst beklemmender und aktueller als seine Kollegen am Hofe des tatenfrohen und — sind wir doch ehrlich — eitlen Maximilian, dem die Chroniken Hermann Tellners und Jakob Unrests (gest. um 1500) viel besser in seine Politik paßten als die Schüsse vor dem Bug aus dem fernen, provinziellen Bautzen. Aber Eitelkeit hin und Politik her: ohne Maximilian wäre die Literatur der Donauschulzeit tatsächlich Provinzliteratur ge blieben. Denn nur er konnte die Saat, die Enea Silvio Piccolomini als Humanist, Dichter und Lehrer ausgestreut hatte, pfleglich betreuen, und es spricht für Maximilian, daß er sich dieser Aufgabe — trotz aller Bedrohungen und per sönlicher Leidenschaften — nie entzog. Zunächst ging es ihm freilich in erster Linie um die „Historia Austriaca", für die er etliche Bearbeiter — darunter den Oberösterreicher Johannes Stöberer (alias Johannes Stabius) — an seinen Hof berief. In vielen Gesprächen und dadurch, daß der Kaiser diese Männer in seiner unmittelbaren Nähe duldete, versuchte er ihnen ihre Aufgabe klarzumachen — um schließlich zu erkennen, daß keiner von ihnen über literarische Qualität genug verfügte, um Endgültiges fest halten zu können. Aber völlig ergebnislos waren diese Bemühungen dennoch nicht. Im Gegenteil: 1497 entstand in Wien die „Gelehrte Donaugesellschaft" — eine Vereinigung von Humanisten mit Konrad Celtis an der Spitze —, und im Herbst 1501 gründete Maximilian das „Collegium poetarum et mathematicorum", das sich der Wiener Universität anschloß. Damit waren echte und wertvolle Stützpunkte des Humanismus geschaffen wor den, aus denen sich das literarische Werk dieser Epoche entwickeln konnte. Die Grundlage dazu — übrigens auch zur „Sodalitas Danubiana" — bildete zweifellos der Franke Konrad Celtis (1459 bis 1508). Sicherlich war er ein Erfolgstyp, ein Ehrgeizling, und als er 1487 zu Nürnberg von Kaiser Friedrich III. zum Dichter gekrönt wurde, gab es etliche Stimmen, die diese Auszeichnung kritisierten. Aber schon sein Plan, eine „Ger mania illustrata" herauszugeben, beweist seinen Fleiß und sein überragendes Talent, und die dramatische Allegorie „Ludus Dianae" — 1502 vor Maximilian im Linzer Schloß uraufgeführt — zeigt ihn als Dichter von hohem Format. Dazu kommt sein Wirken als Lehrer und als Philosoph, am vor züglichsten ausgedrückt durch seine „Quatuor libri amorum", durch das „Weltgesetz der Zahl", wie Nadler diese „Vier Bücher Liebesgedichte" nennt, und schließlich schicksalhaft ergänzt durch die Tatsache, daß sich mit dem Tode Celtis' auch die Donaugesellschaft und das poetische Collegium auf lösten. Trotzdem war nichts verloren. Als Nachfolger Konrad Celtis' an der Wiener Universität rückte Johannes Spießheimer (1473 bis 1529) auf, den viele nur unter dem Namen Cuspinian kennen — gleichermaßen hervorragend als Diplomat wie als Geschichtsschreiber und als Herausgeber klassischer und mittelalterlicher Dichtungen. Mit und neben ihm lernte und lehrte der Schweizer Joachim von Watt (1484 bis 1551), in Linz im Jahre 1565 Nachzeichnung des Freskos in Florenz Wie man auch die Entwicklung der oö. Landeshauptstadt betrachtet, sie ergibt immer dasselbe Bild: Handwerker, Händ ler, brave Bürger und fleißige Arbeiter bilden die Bevölkerung. Aber kein Kunstmäzen legte Bildersammlungen an oder ließ Plätze und Gärten mit Monumenten schmücken. In Linz fehlen großzügige Prunkbauten, wie sie bei anderen Städten so bewundert werden. Dagegen blieb in Linz viel Ursprüng liches erhalten. Städtebaulich ist Linz daher hochinteressant: Die Stadt zeigt auch deutlich, wie sie sich zunächst dem Strom entlang entwickelte. Deutlich unterscheidet sich der historische Stadtkern vom barocken Linz, das halbkreisförmig die Stadt umsäumt. Wie in Jahresringen säuberlich voneinander unter scheidbar schließen sich daran das Linz der Gründerzeit und im Süden das Linz unserer Tage mit Hochhäusern und Industrieanlagen. Alle diese Epochen sind durch kulturgeschichtlich wertvollste Objekte belegt. An erster Stelle ist wohl die Martinskirche zu nennen: in einmaliger Weise ist an ihr die Baustilent wicklung von der Karolingischen Zeit bis zur Hochgotik zu studieren. Das ausgehende Mittelalter dokumentiert sich in der Westbefestigung des Schlosses und in der Altstadt. Die Renaissance ist durch Schloß und Landhauspalais vertreten. Aus der Barockzeit stammen die weithin sichtbare Dreifaltig keitssäule des Hauptplatzes — das historische Wahrzeichen von Linz — und eine Reihe prächtiger Kirchen, Adels- und Bürgerhäuser. Heute sind es die modernen Bauten der Hochhäuser, Kirchen, Schulen, die zu künstlerischem Schaffen anregen. Hier kann sich die zeitgenössische Kunst bewähren. Wer alle diese Sehenswürdigkeiten unter sachkundiger Anleitung kennen lernen will, wendet sich wohl am besten an das Fremden verkehrsamt, Hauptplatz 8, Tel. 24 2 52. Urfahr im Jahre 1514 Nach einer Bleistiftzeichnung von Wolf Huber 27
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2