Oberösterreich, 15. Jahrgang, Heft 1/2, 1965

nerinnenkloster Gnadenthal in Ingolstadt''"' — gewiß das beglüd<endste Werk der Ausstellung im Linzer Schloß - wohlbekannt. Der Eferdinger Cräflich-Schaumbergische Bild hauer Sebastian Reinthaler kopiert auf seinem eigenen Grab stein in der Eferdinger Pfarrkirche die Gnadenthaler Arma Selbdritt bis in alle Einzelheiten'". Nun war in Obernberg am Inn, in dessen Pfarrkirche sich eine Replik der Neuöttinger Hl. Sippe befindet"- — die Neuöttinger ist wiederum eine Kopie der Gnadenthaler Anna Selbdritt — ein Bürger namens Wolfgang Reinthaler ansässig. Man könnte versucht sein, verwandtschaftliche Beziehungen und damit als Vorbild für Reinthalers Grabsteinrelief die Obernberger Hl. Sippe anzunehmen. Aber das Motiv des gewrungenen Tuchs um den Hals der Mutter Anna, das im Werkkreis des Meisters der Altöttinger Türen (zu dem die Hl. Sippen in Obernberg am Inn und Neuötting gehören) nicht, wohl aber von Leinberger angewandt wird, beweist, daß Reinthaler nicht die Obernberger, sondern die Gnadenthaler Anna-SelbdrittGruppe kopierte"". Das Eferdinger Anna-Selbdritt-Relief ist nicht das einzige Beispiel einer Leinberger-Replik in Oberösterreich. Am meisten überrascht die Tatsache, daß Jörg Randecker, Maurermeister in St. Florian-"'", auf dem Grabstein, den Propst Peter Maurer im Jahre 1522 seinen Eltern und Geschwistern errichten ließ, ein Werk Leinbergers kopiert. Der Grabstein, ursprünglich im Kreuzgang, dann auf dem Friedhof, heute in der Gruft des Stiftes St. Florian"'^, zeigt im großen Mittelfeld Leinbergers Buchsbaumtäfelchen des Kalvarienbergs von 1516"", freilich steinmetzhaft und derb, doch bis in die letzte Einzelheit ins Große übertragen. Vielleicht liegt in dieser großdimensionalen Kopie eines kleinplastischen Reliefs doch ein Hinweis für die Verbindung Leinbergers mit dem Stift St. Florian, vielleicht darf auch die Möglichkeit nicht ausgeschlossen werden, Propst Peter wäre selbst der glückliche Besitzer dieses Kalvarienbergtäfelchens (und der zugehörigen Reliefs in Berlin) ge wesen. Denn aufhorchen läßt immerhin: Die Replik eines Leinberger-Werkes findet sich auf dem Grabstein des Auftrag gebers vom St. Florianer Altar. Wir wissen, daß dieser Altar auch Schnitzwerk trug, worauf erhaltene Spuren auf den Rückseiten der Altdorfertafeln hinweisen. Die Kongruenz von Stil und Stilentwicklung der beiden bedeutendsten Vertreter der Donauschule in Malerei und Plastik (wobei das gebende Verhältnis des Malers in der Donaukunst stets ein Spezifikum ist) könnte leicht dazu verführen, Leinberger als den Bild schnitzer der plastischen Teile des Florianer Altars zu ver muten. Freilich würde dies Hypothese bleiben und gewiß ist mit einer größeren Verbreitung dieses Kreuzigungsbildes von Hans Leinberger zu rechnen, als daß allein das Münchner Exemplar dem Maurermeister von St. Florian bekannt gewe sen sein müßte. Aber: Durch die Existenz einer zweiten Leinberger-Replik hierzulande bestärkt, wird man fragen, inwieweit bestimmte Prägungen in Oberösterreich aus der Resonanz auf Leinber gers Stilschöpfung resultieren. Als Beispiel einer solchen Situation könnte die hl. Maria Magdalena des 1517 datierten Hochaltars von Waldburg bei Freistadt gelten"L Die Schrein figuren differieren untereinander, obschon sie augenscheinlich die gleiche Meisterhand schnitzte. (Sie stehen im Brennpunkt jener Fragen um die Nachfolgeschaft des Kefermarkter Altars und des schwäbischen Einflusses im Donautal.) Eine typisch spätgotische Gewandfigur wie die hl. Katharina findet sich im gleichen Schrein vereint mit einem Gewandkörper im Sinne der Renaissance. Das aufgetragene Faltensystem der hl. Magdalena hat eine andere Funktion als das durchfurchte Gewand der Katharina. Ein neues körperliches Volumen eignet dieser dritten Schreinstatue, Leinbergers Formgestaltung artvervv'andt. Die sich hieraus ergebenden Folgerungen sind für die Geschichte des neuen Stils in Oberösterreich von großer Bedeutung. t I ' *if !-■< Prag, Närodni-Calerie, Heiliger Bischof aus einer Prager Privat sammlung 19

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