Oberösterreich, 15. Jahrgang, Heft 1/2, 1965

dabei nicht so wichtig wie die tiefere Einfühlung in die spezi fische Eigenart des Malers. Daß also die ffötzdorfer Magdalena „ohne Zweifel aus der Werkstätte eines Meisters in Enns" käme,läßt sich weder von der kunstgeographischen noch stilgeschichtlichen Situation her bekräftigen. Das Verhältnis kann nur umgekehrt liegen: Die Hötzdorfer Magdalena als eine Schöpfung der Passauer Kunst, ein plastisches Analogon zu gemalten Figuren Wolf Hubers und ohne dessen Inspiration gar nicht denkbar — die Lorcher Figuren als eigenständige oberösterreichische Werke, deren Bildschnitzer vom plastischen Schaffen in der Art der Hötz dorfer Magdalena aus der künstlerischen Metropole des Lan des nachhaltig beeinflußt waren. In der Lorcher Friedhofs kirche steht der Grabstein des Passauer Hofkapellans und Kanonikus Thomas Krieger, gest. 1520'-. Passau war das kirchliche Rückgrat dieser Landschaft, in der Altdorfer und Huber sich aufhielten und mit ihnen sicher auch die mit arbeitenden Bildschnitzer, wie ja die Länder ob und unter der Enns kirchenpolitisch zu Passau gehörten'". Aber innerhalb ihrer Umgebung sind die Lorcher Bildwerke bei aller Eigentümlichkeit keine Fremdkörper. Beziehungen zum reizvollen Katharinenaltärchen des Oö. Landesmuseums'" verklammern sie mit den Erzeugnissen der lokalen Werkstätten des Landes. Für den Stil des Schnitzers dieses Katharinenaltärchens sind die Flügelreliefs mit dem hl. Georg und Christophorus ebenso kennzeichnend wie die bildmäßig konzipierte Szenerie der Mitteltafel. Das Geschehen spielt in einer Landschaft, über der die seltsam dargestellte Himmels erscheinung wuchert. Sie blendet und schreckt die Schergen, deren Lagen und Stellungen wie einem Musterbuch von Donaustil-Schultypen entnommen scheinen. Von ursprüng licher Vitalität der Henker mit seinem riesenhaften Schwert! Volkstümlicher Legendenton — für dieses Gebiet so besonders typisch, wie viele Reliefs zeigen'" — klingt hier im selben Sinne an wie auch in den Altarreliefs aus Pulgarn'". Der gemalte Landschaftshintergrund bezieht das plastisch Herausgestellte in das Gemälde mit ein, das Geschnitzte vereint sich mit dem Gemalten. Nicht die Reliefdetails sind das besonders Inter essante, vielmehr das Bildmäßige des Ganzen und die roman tische Auffassung oder der kühne Schwung des aufgeblähten Segels um die mächtige Säule des Mastes, fesselnd ist eben der Donaustil selbst, der den Altarflügeln sein spezifisches Gepräge gibt. Stilverwandt sind hauptsächlich zwei Reliefs einer Verkündigung'", die ihrerseits einer im weiten Umkreis von Passau und Salzburg sehr zahlreichen Relieffigurengruppe eingeordnet werden können, deren Charakteristika am besten das vielleicht schönste Werk dieser Denkmälerschicht veran schaulicht. Es handelt sich um eine Maria mit Kind, von zwei kleinen, das Gewand haltenden Engeln flankiert'®. Wo immer man sich um die Erkenntnis der Ansätze ober österreichischer Werkstätten in „Donaustilart" bemüht, stets ergeben sich Passauer Bezüge. Das Pfingstrelief des Pulgarner Altärchens zeigt nur allzu deutlich seine Verwandtschaft mit einer Darstellung des gleichen Themas im Oberhausmuseum Passau an'". Das ist hauptsächlich deswegen von Belang, weil für diese offenbar aus der Passauer Gegend stammende Pfingstdarstellung die Herkunft aus der spätgotischen Passauer Überlieferung stilkritisch belegbar ist; denn die Maria des Pfingstreliefs im Oberhausmuseum ist ganz dem Typus der passauischen Maria aus Aicha vorm Wald"" verbunden, die in Passau eine ebenso große Nachfolge wie Tradition hat. Kontinuierliches Wachstum aus spätgotischer Überlieferung läßt auch ein anderes Beispiel erkennen, und nichts ist für unsere Aufgabe gewichtiger als das allmähliche Aufdecken der formalen Quellen; wird doch allein die Gesamtheit der Be obachtungen erst die Frage nach den Ursprüngen dieser kom plexen Donaukunst beantworten können. Das instruktive Beispiel ist die sitzende Maria mit dem Kinde aus der Gegend Linke Seite: Linz, Schloßmuseum, Bethlehemitischer Kindermord Oben: Ebendort, Heiliger Rochus Fotos: Eiersebner von Wels im Bayerischen Nationalmuseum"', die als besonders charakteristisches Dokument oberösterreichischer Plastik in der Ausstellung zu sehen ist"". Sie sitzt schräg nach vorn zum Kinde geneigt. Beiderseits ladet das Gewand so weit aus, daß der Umriß eines gleichseitigen Dreiecks entsteht. Das höchst lebendige, aber trotz Mariens schrägem Sitz in die Fläche gebundene Faltensystem wird nochmals gesteigert durch das über den Figurenumriß ausgreifende Tuch, das zur anderen Seite — dekorativ den Kopf des Kindes rahmend — im leichten 17

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2