Oberösterreich, 15. Jahrgang, Heft 1/2, 1965

Farbgebung des Mittelalters vermochte, weil sie der Repräsen tation diente. Diese Überlegung konnte vom Autor schon früher am Altar Albrecht Altdorfers in St. Florian gemacht werden, der in den gleichen Jahren wie Waldburg vollendet wurde. Hier ist der Abstand Christi zu seinen Häschern und Richtern noch viel offenbarer. Die Ohnmacht und Ergeben heit des Menschensohnes ruft auf zum Mitleid, die Andacht vor diesen Bildern zum inneren Mitleiden. Als Kontrast auch dazu wurde der Christus der Dornenkrönung weiß gekleidet inmitten der bunten Schar der Henker. Der feierliche Augen blick der Königskrönung dessen, der von sich sagte, er sei ein König, wird auch farblich untermalt. Noch ein schlagender Beweis, daß in der Donaumalerei die Farbgebung von tieferer Bedeutung war, wurde an Tafeln sichtbar, die unlängst ins OÖ. Landesmuseum kamen. Sie stammen vom Meister des Christophorus mit dem Teufel und sind 1507 datiert. Er hat wahrscheinlich in Wels gearbeitet. Vor der Restaurierung trug Christus auf den Tafeln des ölbergs und der Kreuztragung ein leuchtend rotes Kleid. Es zeigte sich aber, daß diese Farbe erst später aufgetragen wurde, als man die Religiosität der Donauschulzeit nicht mehr verstand. Unter dem Rot fand sich nämlich die ursprüngliche, blaßblau bis violette Originalgewandung. Überdies hatte man, um das leuchtende Rot der Übermalung noch stärker zur Geltung bringen zu können, die grellen Gewänder der Knechte in gebrochenen Tönen übermalt und gedämpft. Damit wurde das gerade Gegenteil dessen erreicht, was der Donaumaler an gestrebt hatte. Die eigentlich nie aufgeworfene Frage nach den geistig religiösen Grundlagen der Donaukunst wurde dank der Forschungen Alfred Stanges eindeutig beantwortet: Die neue Kunst im Donauland gründet auf der Devotio moderna. Sie entspringt der mittelalterlichen Mystik, die hauptsächlich im 14. Jahrhundert von den Bettelorden getragen wurde. Aber auch das Volk wollte an der Heiligung teilhaben, jedoch an einer Heiligung ohne Weltflucht im tätigen Leben. Diese Laienfrömmigkeit propagierten die Augustiner-Chorherren. Alfred Stanges wichtige Erkenntnis soll weitergeführt werden, indem die Bedeutung Oberösterreichs dabei hervorgehoben wird. Das Land hatte in der Person des Chorherrn Konrad von Waldhausen besonderen Anteil an der Ausformung der Devotio moderna, wie jüngst Alfred Zerlik gezeigt hatte. Konrad wurde von Karl IV. zum Beichtvater erwählt und wirkte in Prag. Im böhmischen Raum entfaltete sich das junge Reis der Mystik sehr rasch, Rauditz an der Elbe wurde das Zentrum der Bewegung. Gleichzeitig fand die Laienfrömmig keit auch ihren Niederschlag in der Kunst. Der Meister von Wittingau bediente sich zu Ende des 14. Jahrhunderts gleicher Tendenzen wie sie hundert Jahre später die Donaukunst be stimmen: Verhäßlichung zugunsten des Ausdrucks, Hell dunkel-Malerei und weitgehende Verwendung der Landschaft. Soweit erforscht ist, strömte die neue Bewegung nach Öster reich zurück, wo die Augustiner-Chorherren-Stifte in Dürnstein und St. Dorothea in Wien ihre Propagatoren wurden. Die Devotio moderna befruchtete von hier aus in der Mitte des 15. Jahrhunderts auch den Benediktinerorden, der in der Melker Reform diesen Idealen zum Durchbruch verhalf. Mit diesen Überlegungen sollen zwei bisher offene Fragen ver suchsweise beantwortet werden. Die Klöster und Stifte des Donauraumes hatten die zugewanderten Künstler, Cranach, Breu und Frueauf zuerst, beauftragt, im neuen Geist zu schaffen. Damit löst sich auch das Rätsel, wieso gerade in den Stiften der Augustiner und Benediktiner die überwiegende Fülle aller Werke geschaffen und bis auf den heutigen Tag aufbewahrt wurde. Es ist nun nicht mehr haltbar, was der Verfasser auch vortrug, daß die Donaukunst im Mühlviertel sich kaum realisiert hätte: Nicht allein in der formalen Ausbildung, sondern ebenso im geistigen Gehalt der Werke beruht die Donaukunst. Deshalb dürfen auch die Schreinfiguren des Hochaltares und die Reliefs, Tafelbilder und Helldunkel-Malereien mit diesem Prädikat bedacht werden. Im abschließenden Maßwerkschleier des Schreines treten Ele mente auf, die in der Architektur „gekappte Rippen" genannt werden, üm 1508 verwenden die Gewölbe der Wenzelskirche in Wartberg ob der Aist dieses Motiv besonders reichlich. Schon vorher trat es in den Schlingrippengewölben des Frei städter Chores auf. Es ist aber der Forschung bisher ent gangen, daß sich dessen Herkunft aus der Holzbaukunst ab leiten läßt; auch hier vermittelt der Kefermarkter Altar das Motiv. Auf dem Relief der Verkündigung erscheinen die Bogenläufe des Gewölbes im Wohngemach mit derart sich überschneidenden und abgekappten Bogenrippen. Linzer Schutzengel Apotheke 12

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